FolkWorld Live Review 12/2001 von Karsten Rube:

June Tabor

Live im Quasimodo im November 2001

Die Liebe, die Rosen, das Herz, der Tod. Die zentralen Themen in June Tabors Liedern variieren höchstens in ihrer Reihenfolge. Auf ihrem neuesten Album sind es die Rosen, die sie in den Mittelpunkt stellt. "Rosa Mundi" heißt es und kommt gewohnt sanft und leicht verschlafen daher. Mit der für June Tabor üblichen Schwermut erleidet sie ihre Lieder auch live im Herbst 2001 auf der Bühne des Quasimodo in Berlin.

June Tabor; from www.topicrecords.co.ukIrgendwie geht es ihr an diesem Abend nicht gut. Die Fähigkeit mit dem ersten gesungenen Ton eine Gänsehaut zu erzeugen, gelingt nicht. Unspektakulär in ihrer Präsentation, etwas linkisch, leicht gequält wirkt sie, wenn sie versucht zu einer Andeutung eines Tanzes anzusetzen. Sparsam wird sie begleitet von Klavier und Violine.

Wenn June Tabor auftritt, so bestimmt sie den Ablauf des Abends. Zumindest an diesem Abend. Wünsche aus dem Publikum ignoriert sie. Als jemand "Rumours of war" verlangt, winkt sie ab. "Nicht in diesen Zeiten" sagt sie. Wie auf der CD, so singt sie auch live einen Song in Deutsch. Es ist zwar nicht das klassische "Es ist ein Ros' entsprungen" wie auf der "Rosa Mundi" , aber das ist beinahe schon nebensächlich. Wann immer sie in der Lage ist hervorragend zu singen und zu interpretieren, Deutsch sollte sie nicht singen. Das macht sie auch durch ihre Entschuldigung nicht besser, dass sie besser Jiddisch als Deutsch singe. Wenn man ihr zugesteht, als Sängerin richtig gut zu sein, so ist sie im Singen deutscher Lieder richtig schlecht.

Zugaben gibt sie zwei, wie geplant, keine weitere. Am Ende wiederholt sie, was sie bereits während des Konzertes kundtat: Es ist ihr Konzert und sie bestimmt, was sie singt und wie lange. Punkt. Danke, dass ihr gekommen seid. Auch wenn man ihr ansieht, dass sie sich an diesem Abend gesundheitlich nicht eben auf dem Höhepunkt befindet, so ist dies nicht gerade der beste Umgang mit einem kleinen Publikum, das ganz genau weiß, warum es an diesem Abend ins Quasimodo gekommen ist.

Zwei Stunden mit Pause, mehr hätte es nicht sein dürfen, denn die wunderbare Stimme und die ergreifenden Lieder June Tabors sind schön, aber nicht abwechslungsreich. Am Ende wurde es schwer, wach zu bleiben. "June Tabor ist die beste Sängerin der Welt", werden die Kolumnisten nicht müde zu betonen und man wagt es nicht, dem zu widersprechen. Schließlich haben sie recht. Nur sehen muss man sie dazu nicht.


Photo: June Tabor, from www.topicrecords.co.uk


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 12/2001

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