Ausgabe 25 6/2003

FolkWorld CD-BesprechungenDog

Oblomow "Sporen"
Label: Wild Boar/Alea; WBM 21031; Belgien; 2002; Spielzeit: 61.10 min
Unter dem Alea-Label erscheinen CD’s ,die bereits zu hören sind, bevor sie die Hülle verlassen. Grund dafür ist ein kleiner klappernder Würfel, gefangen im Rand der Hülle. Ob die Firma Wildboarmusic, die das Label vertreibt hofft, damit das Glück auf ihre Seite zu ziehen oder ob sie nur die Käufer zum Spielen animieren will, weiß ich nicht. Aber die Idee ist einmalig genug, um aufzufallen. Auf Alea erschienene Bands fällt das Auffallen schwerer. Die müssen sich richtig anstrengen. Außer mit der ersten CD der Gruppe Lais, hat das Label bisher keine Sechs gewürfelt. "Sporen" von der Gruppe Oblomow ist so ein Versuch mit einer nicht unbedingt einmaligen, aber auch nicht überstrapazierten Idee aufzufallen. Die Idee ist, möglichst viele Kulturen in einem Kulturcocktail zu vermengen. Zutaten wie Fado, die Musik der sephardischen Juden, türkische und arabo-andalusische Klänge, sowie Anleihen aus Folkrock und Latinmusic mischen sie dabei munter zusammen. "Habanera of the more common modes" beispielsweise klingt ein bisschen danach, als hätte der Buena Vista Social Club eine Außenstelle in Jerusalem eröffnet. Der Fado-inspirierte Song "Later" kratzt. Vielleicht stört es mich, weil er nicht in der warmen Sprache der Portugiesen gesungen wird. Letztlich muss ich bemängeln, dass Oblomow dem großen Anspruch, Musik zu machen "... zwischen Tom Waits, sephardischen Klängen aus dem 13. Jahrhundert und der Musik des Wizard of Oz..." wie sie selbst angeben, nicht gerecht wird. Im Kulturcocktail überwiegt das orientalische Gewürz, während von allen anderen versprochenen Richtungen nur minimale Geschmacksknospen erkennbar sind. Schöner Ansatz, insgesamt jedoch etwas ermüdend.
Band/Musiker-Homepage: www.oblomow.com, Kontakt zum Label: erwin.libbrecht@skynet.be
Karsten Rube


Faltriqueira
Label: Resistencia; RESCD140; Galicien 2002; Spielzeit: 49:40 min
Faltriqueira nennt sich eine Gruppe von fünf jungen Frauen aus Galizien, die sich intensiv mit der Tradition der Pandereiteiras auseinandergesetzt haben. Der ausschließlich von Frauen praktizierte einstimmige Wechselgesang wird vom rhythmischen Schlag der Pandereita, dem galizischen Tambourin begleitet und ist in dieser Form ausschließlich im Norden Spaniens zu finden. Statt sich aber mit den vorgegebenen Klangmustern zufriedenzugeben, haben die jungen Frauen den festgetretenen Boden der starren rhythmischen Konstruktion aufgelockert und etwas Luft ans alte Wurzelwerk der Traditionen gelassen. Das beginnt damit, dass sie dem eigentlich einstimmigen Gesang bei einigen Liedern eine zweite oder sogar dritte Stimme hinzufügen, was Vergleiche mit den großen bulgarischen und russischen Frauenchören nahelegt. Zudem werden virtuose Arrangements deutlich. Das Spiel zwischen Oboe und Cello z.B. oder der exzellente Beitrag des Kontrabassisten Julio Andrade sind dabei zu nennen.. Als weitere Musiker sind die Basken Otoxa und Junkera an Txalaparta und Trikitixa zu nennen ohne deren Gastauftritte bei neueren galizischen Produktionen derzeit kaum etwas geht. Der Wechsel zwischen getragenen Balladen, schmuckloser Panderada bis zur von der Gaita angetriebenen Muñeira lässt einen schwer in einer Stimmung verharren. Besonders beeindruckt hat mich das Lied “As sete mulheres do minho”. Der Portugiese José Afonso hat es aus einer traditionellen Melodie herausgeschält. Faltriqueira's Interpretation kommt der hervorragenden Version der galizischen Gruppe Chouteira nahe und übertrifft die der von mir hochgeschätzten portugiesischen Sängerin Dulçe Pontes. Faltriqueira ist eine weitere Perle aus der nicht versiegenden Schatzkiste galizischer Musik.
Kontakt zum Label: resistencia@edires.com
Karsten Rube


Rodrigo Romani "Albeida"
Label: BOA Music - Collección Do Fol; 10002023; Galicien 2000; Spielzeit: 60.27 min
Es erregte merkliches Aufsehen, als Rodrigo Romani vor knapp zwei Jahren sein Ausscheiden aus der namhaften galizischen Folkformation Milladoro bekannt gab. Milladoro galt über Jahre als der erfolgreichste musikalische Exportartikel Galiziens, bis schließlich Carlos Nuñez diesen Platz einnahm. Nun beschreitet Rodrigo Romani mit seiner CD “Albeida” Solopfade. Solopfade, die durch seine Jahre bei Milladoro geprägt sind und sich doch davon unterscheiden. “Albeida” wirkt nach den wunderbaren, aber auf die Dauer abwechslungsarmen CDs im Gruppenverband, frischer, enthusiastischer. Sein Harfenspiel, symbolisiert wie kein anderes Instrument die sanften Sehnsüchte, den seewärts gerichteten Blick in ein mystisches Land. Zu diesem Sehnsuchts-Bild hat die keltische Sagenwelt einiges beigetragen. “Albeida” lässt dieses Bild nicht unbedient. Allerdings spannt Romani den Bogen weiter. So befindet sich neben traditionellem galizischen Liedgut, auch ein Song aus Kuba auf der CD - nein, keine alte Männermusik aus dem berühmten Altersheim, sondern ein Lied, das den Tod der Poetin Rosalia de Castro besingt. Castro war die erste Poetin, die ihre Gedichte in galizischer Sprache verfasste. Galizisch begann erst seit ihrem Wirken die Köpfe der Einwohner Galiziens zurück zu erobern. Ausgerechnet dieses Lied wurde in der ursprünglichen spanischen Fassung eingespielt, während alle anderen gesungenen Lieder auf Galego erklingen. Wie immer, wenn ein galizischer Künstler eine CD einspielt, erscheinen unter den Namen der begleitenden Musiker die üblichen Verdächtigen. Susana Seivane, die Gaitavirtuosin, die sich schon länger der Pflege und Aufzucht Romanis erfreut, Anxo Pintos, Kopf der Gruppe Berrogüetto, Kim Garcia am Kontrabass und Laura Quintillán, die bereits bei zahlreichen Aufnahmen von Milladoro die Violine strich. Der ausgezeichnete Klangkörper des Prager Philharmonieorchesters unterstützt Rodrigo Romani ebenso wie das Orchester Camerata Viguesa. Ein angenehme Cd, die sich nicht beim ersten Hören erschließt, aber nach mehrmaligen Hören lange nachwirkt.
Kontakt zum Label: vigo@boa-music.com
Karsten Rube


Karen Matheson "Time to fall"
Label: Verticalrecords; VRTCD002; Schottland 2002; Spielzeit: 48:52 min
Vorab: die CD hat den Charme einer langersehnten innigen Umarmung. Genauso aufregend und mit der Hoffnung gefüllt, dass sie nie enden möge. Leider endet sie bereits nach 12 Tracks und ich finde mich in der Gegenwart wieder. Gottseidank gibt es die Wiederholungstaste. Die Capercailliefrontfrau Karen Matheson verehre ich seit ca. zwölf Jahren. Damals stieg ich gerade in die Weltmusik ein. Der Sender Radio Brandenburg betrieb mit seinem Weltmusikmagazin “Al Globe” hervorragend Hörerziehung. Einen Sender von dieser Qualität vermisse ich bis heute schmerzlich. Capercaillie erwiesen sich für mich als eine Art Initialzündung für die Weltmusik. Die cremig weiche Stimme zog mich damals in den selben Bann, wie die Schlange Kaa den kleinen Mogli im Dschungelbuch. Ich ließ mich gern hypnotisieren und verspüre bis heute kein Interesse daran geweckt zu werden. Bekäme ich heute die Möglichkeit mit Frau Matheson zu sprechen, klänge es sicher etwa ähnlich, wie das legendäre Interview, das Torsten Bednarz während einer Al Globe-Sendung mit Mary Black führte. Ich hatte damals den Eindruck, er läge die ganze Zeit über vor ihr auf dem Boden und schaue verliebt zu ihr auf. Ein wunderbares Interview übrigens, das ich bis heute nachempfinden kann.
Aber eigentlich wollte ich über die CD "Time to fall" schreiben. Das Booklet zieren ein paar appetitliche Fotos von Frau Matherson. Sie hält sich dabei in einem kleinen Zimmer auf, in dem außer einem Blumentopf und einem Bett nichts weiter vorhanden ist. Auf einem Foto steht sie, auf einem anderen sitzt sie und auf dem nächsten liegt sie auf dem Bett und guckt sinnlich in die Kamera ... Ach. Ach so! Die Musik. Karen Matheson hat sich für das Album den erfolgreichen Songwriter James Grant geangelt und mit ihm ein paar wirklich bemerkenswerte Lieder eingespielt. Leicht abseits der Celtic-Folk-Stilistik ihrer Stammband schippert sie Solo in etwas seichterem Fahrwasser. Das Album beinhaltet gefühlvolle Balladen, eindringliche Liebeslieder, aber auch jazzbetontes, wie "Moonchild", ein Lied das mit seinen gedämpften Bläsereinsätzen und der schneidenden Gitarre gut in einen verrauchten Kellerclub passt. Elektronische Experimente und Spielereien bilden kleine spitze Kontraste zur sauberen Stimme von Karen Matheson und fast in jedem Lied spielen die begleitenden Musiker - mal leiser mal deutlicher - mit groovigen Rhythmen herum. Erstaunlich, wie harmonisch sich alles verbindet. "Time to fall" ist eine eigenwillige CD, die vielleicht nicht so viele Liebhaber finden wird, wie sie verdient. Doch diejenigen, die sich bezaubern lassen, werden ihr auch verfallen.
Band/Musiker-Homepage: www.karenmatheson.com
Karsten Rube


“Neun Welten” Mitschnitt eines Kellerbandkonzertes
An experimentierfreudigen Musikern, die sich an mythischen Gedankenspielen orientieren, ist wahrlich kein Mangel in der Szene. Mittelalterkapellen, German- Celtics und Nordlandcombos, alle verstehen sich als naturverbundene Hüter verschütteter Traditionen und Wächter der Geister vergessener Ahnen. Im Zuge immer wieder in Mode kommender Glorifizierung arischer Reinhaltungstriebe, die sich gern der nordischen Mythologie bedient, passiert es einigen unbedarften Traditionswächtern schnell, sich in einer Ecke wiederzufinden, von der sie sich zügig distanzieren müssen. Rechtes Gedankengut vereinnahmt Naivität ohne Nachfrage. Es muss ein großes Maß an Naivität vorhanden sein, sich einerseits von rechtem Gedankengut zu distanzieren und hinzuzufügen, dass man sich unpolitisch verstanden wissen will. Wie unpolitisch ist man denn mit einer solchen Distanzierung? Mir liegt ein Live-Mitschnitt einer Kapelle vor, die sich genau mit solchen Distanzierungsunfug vorstellt. Sie nennt sich "Neun Welten" und thematisiert die nordische Mythologie. Der Versuch der Kapelle dabei so etwas wie eine Atmosphäre von mystifizierter Natur- und Ahnenverbundenheit zu beschwören, ist zumindest während dieses Mitschnittes ordentlich in die Hose gegangen. Leider konnte ich nicht mehr heraushören, als die schräge Probenatmospähre einer Kellerband mit deutlichem Übungsdefizit. Die vielseitige Melodik, von der die Band spricht und behauptet, sie würde den Gesang überflüssig machen, beschränkt sich auf kurzatmiges Flötenspiel, unsauberes Geigenkratzen und abwechslungsarmes Gitarrenspiel. Vielleicht ist der fehlende Gesang auch ein Segen. Mein Tipp: Üben! Wer trotzdem mehr von der Band wissen möchte: Kontakt über Marten Winter; neunwelten@web.de
Karsten Rube


Helmut Eisel und Band "Hot Klezmer Clarinet"
Label: Westpark music; 87093; 2003; Spielzeit: 60.46 min
Sie wollen mal wieder Freunde einladen, wissen aber nicht wozu? Helmut Eisel liefert die Lösung: ein Abend mit Klezmermusik und passendem Essen. Das Booklet seines neuen Albums, das sich um den Gansterkönig Ottokar dreht, der eben solches liebt, enthält Rezepte für ein solches Essen, das 4-Gänge-Menü "Bullets over Broadway" - Ottokars Lieblingsmenü, aufgestellt von Thomas Reinhardt. Da gibt es dann "Chopped Chicken Liver" (gehackte Hühnerleber), "Warme gefilte Fisch" (Fischbällchen jüdischer Art in Weißweinsauce), "Sicilian Meat Balls" (Fleischbällchen sizilianischer Art mit Spaghetti) und Nudelpudding. Teilweise nicht koscher, aber koscherer Varianten der Rezepte sind möglich. Und Musik gibt's natürlich auch: 14 Stücke von Eisel geschrieben bzw. arrangiert in bester Klezmer-Tradition, mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt, wie man es von Klezmer Musik kennt. Dabei erweisen sich die Musiker - insbesondere Helmut Eisel auf der Klarinette - einmal mehr als Meister auf ihren Instrumenten, alle Stücke sind perfekt eingespielt, so daß es eine wahre Freude ist, dieser CD zu lauschen - auch, wenn man kein 4-Gänge-Menü dabei verzehrt.
Westpark music, www.westparkmusic.com, P.O. Box 260 227, 50515 Köln, Germany, Tel. +49 221 24 76 44 Fax. +49 221 23 18 19
www.helmut-eisel.de
Tom Kamphans


Windstill "Hamburg!"
Label: tem Records; tem A 194; 2002; Spielzeit: 45.30 min
Hamburg und windstill - klingt zunächst ein bisschen widersprüchlich. Hier geht es um das Projekt der Gruppe Windstill um Christian Geissendörfer, Gedichte des aus Hamburg stammenden Wolfgang Borchert zu vertonen. Dabei entstand eine CD mit 16 Stücken, die vom Stil her überwiegend an die 'grossen' deutschen Folkbands der 70er Jahre erinnern, nur bei dem ersten Stück und meiner Meinung nach interessantesten Stück der Platte sind leichte Jazzeinfüsse hörbar. Musikalisch ist die CD ansonsten ganz nett, durchaus hörbar, aber nichts wirklich neues - vielleicht ein wenig zu windstill.
tem Records, www.temrecords.de, Tonstudio Meinlschmidt, Langer Weg 12, 95691 Hohenberg a.d. Eger, Tel. 09233/1557
www.christian-geissendoerfer.de
Tom Kamphans


Kimmo Pohjonen "Kalmuk"
Label: Westpark music; 87092; 2002; Spielzeit: 42.13 min
Kimmo Pohjonens Musik ist nicht einfach zu beschreiben. Es ist jedenfalls keine einfache Musik, keine, die im Hintergrund vor sich hinplätschern kann während man mit anderen Dingen beschäftigt ist. Vielmehr muss man sich auf die Musik konzentrieren und sich darauf einlassen. Das wird dann belohnt mit einem wirklich nicht alltäglichen Klangerlebnis. Die Kompositionen auf Kalmuk sind überwiegend von klassischer Musik beeinflußt, in die sich immer wieder Folkelemente mischen. Mal ruhig, mal spannungsgeladen, mal klassisch, mal avantgardistisch, immer abwechselungsreich, nie langweilig - ganz so, wie man es mittlerweile von Kimmo Pohjonen gewohnt ist. Ungewohnt dagegen ist die Instrumentierung: auf Kalmuk wird Kimmo von dem Orchester "Tapiola Sinfonietta" - mehrere Streicher und Bläser - sowie von den Perkussionisten Abdissa Assefa und Samuli Kosminen begleitet, wodurch sich der Sound auf dieser Platte von den Vorgängern unterscheidet und Kimmo seinen Hörern wieder einmal viel Neues bietet.
Westpark music, www.westparkmusic.com, P.O. Box 260 227, 50515 Köln, Germany, Tel. +49 221 24 76 44 Fax. +49 221 23 18 19
www.kimmopohjonen.com
Tom Kamphans


Reinhard Mey, Hannes Wader, Konstantin Wecker "Das Konzert"
Label: Pläne; 88888; 2003; Spielzeit: 59.34/63.07 min
Anläßlich seines 60. Geburtstages im letzten Jahr lud Hannes Wader zwei seiner Weggefährten zu einem gemeinsamen Konzert in seiner Heimatstadt Bielefeld ein: Konstantin Wecker, mit dem er vor drei Jahren einige Konzerte gegeben und eine Platte herausgebracht hat, und Reinhard Mey, mit dem er lange bevor beide 'bekannt' geworden sind auf Tournee war und der z.B. Gastmusiker auf "Liebe Schnaps und Tod" war. Unterstützt wurden die drei von Jo Barnikel am Keyboard. Dieses Konzert wurde - natürlich - mitgeschnitten und ist jetzt auf einer Doppel-CD erschienen. Die 28 Lieder der CD stammen zu etwa gleichen Teilen aus den Federn von Mey, Wecker oder Wader und geben einen interessanten Querschnitt durch die Repertoires der drei Liedermacher. Auch beim Singen sind die drei etwa gleichberechtigt, mal singt einer der drei ein Stück und wird von den anderen begleitet, mal wechseln sie sich in einem Stück ab, mal singen sie im Chor, was Hannes Wader im Booklet treffend mit "Eine Stimme singt vor, dann alle im Chor" beschreibt. Das gelingt den drei Meistern der Liedermacherszene vortrefflich - meistens jedenfalls, doch einige verpasste Einsätze, "Wir setzen da wieder ein, wo Konstantin pfeift", "Hannes, das war doch so..." sind zum Glück nicht herausgeschnitten und tragen sehr zur Charme und zur Liveatmosphäre der Platte bei.
Pläne, http://www.plaene-records.de, Postfach 104151, 44041 Dortmund, info@plaene-records.de
www.reinhard-mey.de
www.hanneswader.de
www.wecker.de
Tom Kamphans


Mariza "Fado curvo"
Label: Worldconnection; WC 43041; Portugal 2003; Spielzeit: 42:07 min
Wie ein Model aus dem Rokoko lässt sich die Portugiesin moçambiquanischer Herkunft auf dem Plattencover ihrer zweiten CD "Fado curvo" inszenieren. Sie mutet schon etwas seltsam an, in ihrem weiten Glockenrock und dem Fischgrätenmieder, aus dem sie wie eine Blume aus einer Vase hervorschaut. Etwas mehr als ein Jahr ist es her, seit sie mit "Fado em mim" ein vielbeachtetes Debütalbum auf den Markt brachte.
Fado, der manchmal etwas von seiner Traurigkeit verliert, Saudade zum Mitschunkeln? Geht das? Und wenn ja, geht das gut? Im Gegensatz zur portugiesischen Unsitte an Feiertagen Amalia Rodriguez' Lieder mit Synthesizern und Elektrobeats auf Disco zu mutieren, verbiegt sich Mariza nicht, wenn sie versucht, die Kunst der Melancholie ohne in Tränen auszubrechen, zu feiern. Ihre Shows sind eigenwillig und unterhaltsam zugleich. Man konnte von "Fado em mim" nicht genug bekommen und verpasste ihr prompt diverse Preise.
Das Konzept stimmte und so legt Mariza mit "Fado curvo" zwölf Lieder als Nachschlag vom selben Format auf. Die CD unterscheidet sich nur unwesentlich von der ersten. Sie ist hervorragend, wunderbar gesungen und für Freude des Fado ein gelungener Nachfolger ihres Debüts. Nur sind beide CD's ohne weiteres austauschbar. Wer nur irgendeine CD der Sängerin möchte, für den ist es egal, welche der beiden er wählt. Das allerdings bleibt die einzige Eintäuschung.
Kontakt: platina@netcabo.pt
Karsten Rube


Karan Casey "Distant shore"
Label: Shanachie; No.78053; Irland 2003; Spielzeit: 40:52 min
"Distant shore" heißt das dritte Album der irischen Traumzauberstimme Karan Casey. So heißt auch das erste Lied auf der CD, eine Komposition von Billy Bragg. Doch die prolohafte Rotzigkeit des britischen Klassenkämpfers benötigt das Lied nicht. Die mädchenhafte Stimme der jungen Irin genügt völlig um das Lied aufwühlend in des Hörers Ohr und Herz zu singen. Ungefährlich ist es nicht, ihren Liedern zu lauschen, denn dieser Stimme kann man sich schlecht entziehen. Sanft und friedlich mag sie klingen, doch wenn sie "Go down, you murderer" singt, kribbelt es in den Kniekehlen und am Hals, dort wo der Galgenstrick scheuert. Bereits auf dem Vorgängeralbum "The wind beginns to sing" bewies sie, dass sie Mörderballaden genauso souverän zu interpretieren weiß, wie sehnsuchtsvolle Liebeslieder. Auf "Distant shore" unterstreicht sie dieses Talent ein weiteres Mal.
Begleitet wird sie unter anderem von der Sängerin Karen Matheson, bekannt als die Stimme der schottischen Band Capercaillie. Doch das ist nicht der einzige Knoten der Karan Casey mit den Schotten verbindet. Vier der Musiker Capercaillies zeichnen für die musikalische Begleitung verantwortlich, allen voran Donald Shaw. Diese Zusammenarbeit und Karan Caseys Vorliebe für den Einsatz des Banjos gehen auf eine gemeinsame Session zurück, die im August 2001 auf dem Tonder-Folkfest stattfand, welche selbst das relativ schwer zu begeisternde dänische Publikum von den Sitzen riss. Nun ist "Distant shore" alles andere als fetzig. Die CD macht melancholisch, wie ihre beidenVorgängeralben auch. Sie sind damit bestens geeignet eine lange graue Herbst- und Winterperiode zu versüßen, aber auch alle schmuddlige Tage in jeder beliebigen Jahreszeit. Kurz, ein wunderbares Album.
Band/Musiker-Homepage: www.karancasey.com
Karsten Rube


John Tams "Home"
Label: Topic Records; TSCD533; England 2002; Spielzeit: 50:05 min
Unbekannt ist er nicht, der John Tams. Zumindest in der englischen Musikszene kennt man seinen Namen. Er agierte bei der Albion Band, darüber hinaus arbeitete als Schauspieler bei Film und Theater und brachte vor einigen Jahren mit "Unity" ein vielbeachtetes Album heraus.
Seine zweite CD erschien 2002 unter dem Titel "Home". Es wurde ein geradliniges Album mit einfachen Liedern aus der Gedankenwelt des John Tams. Dafür muss man schon etwas Geduld aufbringen und sich in die stellenweise recht poetischen Texte des Albums hineinhören. Den weniger geduldigen Zuhörer jedoch dürfte das Album kaum von den Stühlen reißen. Schnell wurde ihm das Prädikat "sehr persönliches Album" verliehen, was immer wie der peinliche Wurf eines Rettungsankers wirkt, wenn ein Album weniger Anklang findet, als man erwartet hatte. "Home" ist ein kleines, ehrliches Album voller gradliniger Songs, geschrieben für einen kleinen elitären Kreis von Zuhörern.
Band/Musiker-Homepage: www.johntams.info
Karsten Rube


Mehr deutsche CD-Rezensionen: Seite 1 - Seite 2
Mehr englische CD-Rezensionen: Seite 1 - Seite 2 - Seite 3 - Seite 4 - Seite 5
Übersicht: Inhalt der CD-Rezensionen

Zum Inhalt der FolkWorld Nr. 25

© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 6/2003

All material published in FolkWorld is © The Author via FolkWorld. Storage for private use is allowed and welcome. Reviews and extracts of up to 200 words may be freely quoted and reproduced, if source and author are acknowledged. For any other reproduction please ask the Editors for permission. Although any external links from FolkWorld are chosen with greatest care, FolkWorld and its editors do not take any responsibility for the content of the linked external websites.


FolkWorld - Home of European Music
FolkWorld Home
Layout & Idea of FolkWorld © The Mollis - Editors of FolkWorld