FolkWorld Ausgabe 39 07/2009; Kolumne von Walkin' T:-)M


Austro-Folk: Volksmusik rockt, A Decade of Folk, Was Öst'reich is', All That Strauss

Aniada a Noar, Aufstrich, Ballycotton, Broadlahn, Carinthian Folk Project, Dobrek Bistro, Faschings Kuchlradio, Fresch, Hubert von Goisern, Hotel Palindrone, Kollegium Kalksburg, Landor, Hannes Löschel, Molden, Martin Moro, Netnakisum, Nifty's, Nim Sofyan, Novi Sad, Plöckinger, Oliver Podesser, Die Resonanz Stanonczi, Rhiannon, Die Strottern, Tini Trampler, Wûtas, Die Zuagroastn

Austro-Folk 2.1
Wien
Aibrean, Molden, Nifty's, Netnakisum, ...

Musikwunder Wien! Ein bekanntes Klischee, aber stimmt es auch jenseits von Schubert, Strauss und Schönberg? Die längere Anwesenheit des FolkWorld-Korrespondenten in der Donaumetropole soll zum Anlass genommen werden, einen erneuten Blick auf Rootsmusik in, aus und über Österreich zu werfen.

Es gibt wohl kaum einen besseren Ort, um in die Folkszene Wiens einzutauchen, als das Café Concerto im 16. Bezirk (Ottakring), das diesen März das siebenjährige Bestehen feiert. Einfach aus der U-Bahn-Station Josefstädter Str. heraustreten, den Gürtel überqueren und dort liegen auf zwei Etagen mehrere Räumlichkeiten (Wintergarten, Felsenkeller, 3rd Floor). Man kann ganz einfach nur in gemütlicher Atmosphäre ein gepflegtes Bier trinken. Das Café ist aber auch die Heimat für regelmäßige Livemusik und Sessions, und regelmäßig heisst, eigentlich geht jeden Abend etwas ab - irisch, alpin, oder vielleicht auch mal Jazz.

Presseschau

Tini Trampler

Die unteren Zehntausend

In der Oper flanieren die Reichen, beim Augustinball spielen Bands wie Tini Trampler und die dreckige Combo [FW#38] auf. "Wir finden es gut, was die Veranstalter hier aufgezogen haben, gerade jetzt, in der Krise, einen Kontrapunkt zu setzen", sagt Tini Trampler Das trifft auch auf die Combo selbst zu. Mit einem ganz eigenen Sound einen Kontrapunkt zu setzen. Chanson, auf eine Art. Popchanson. Jazzig. Swingig. Alternativ. Wiener Walzer Swing-Fetischisten oder doch Wiener Swing mit internationalem Walzer. Auf alle Fälle schön, erdig, kraftvoll und mit viel Emotion. [Kurier, 20.02.2009]

Sperrstund’ schwänzen und zuwesingen

Als der Ernstl [Molden] [FW#38] den Willi [Resetarits] mit der Gitarre besuchte und ihm die Lieder vorsang, da habe er ein bisschen weinen müssen, erinnert sich der Willi. Zwölf einfache, klare und dadurch sehr wahre Folksongs mit Wienerischen Texten. Die Musik ist so reduziert, dass sie ganz sie selbst sein kann. Molden: "Die Lieder sind wie die Kapitel eines Romans. Zusammen ergeben sie keine logische Handlung, aber sie ergeben eine Erzählung, eine Stimmung." Und diese Erzählung hätte nach der Stimme von Willi Resetarits verlangt. "Er hat die Rock-'n'-Roll-Stimme in Österreich. Weil er keinen Ami und keinen Engländer nachahmt, sondern Rock 'n' Roll als Mischung aus Sound und Haltung definiert. Wenn man das kann, dann kann man jede Stimme für Rock'n' Roll verwenden, auch seine, die so seltsam nach einer anderen Welt klingt. Der Willi beherrscht sein Instrument virtuos. Und das verbunden mit dem urkroatischen Vermögen des Harmoniegesangs. Er kann ,Zuwesingen' wie kein Zweiter, bis hin zur ,Mariazeller Terz', wie er's nennt, die er nur selten einsetzt, damit's nicht kitschig wird." [Kurier, 21.06.2009]

Mim Grisdkind wos rauchn

Wenn Ernst Molden als dunkler Wiener Songwriter ein Weihnachtslied schreiben würde, müsste in diesem mindestens der Christbaum brennen. Richtig? Ich habe schon eines gemacht: Mim Grisdkind wos rauchn. Ein Mundarttext, basierend auf John Lennons und Yoko Onos Happy X-Mas (War Is Over). Die Frau hat aber gesagt, ich darf dieses Lied nicht aufnehmen. Erst wenn meine Kinder nicht mehr ans Christkind glauben, habe ich dafür die Genehmigung. Das ist ein Denkfehler. Dieses Lied glaubt ans Christkind mehr als alle anderen: "Mim Christkind wos rauchn/ i warat daffia/ Mea tat i ned brauchn/ wauns sei muass a Bier." Eigentlich bin ich ja nicht lustig, dieses Lied aber schon. Weihnachten ist das größte Glücksversprechen, das die Menschheit bereithält. Die Kurzatmigkeit der Vorfreude - und dann bekommt man eine aufs Hirn!
Im Lied "Hammerschmidgossn" aus Ihrem Album "Wien" verhandeln Sie eine Stadt, die es so gar nicht mehr gibt. Sie singen über ihren Bauch, ihre Ränder. Sind Sie ein Nostalgiker? Richtig, das Havelka von H. C. Artmann oder Georg Danzer ist mittlerweile ins Elysium des Touristischen hinübergerutscht. Die Hammerschmidgasse war als Kind meine absolute Gegenwart. Da musste man im Viertel hingehen. Dass man dann diesen Ort als Erwachsener wieder besucht und nichts mehr von früher da ist, erfüllt einen mit Wehmut. In der spiegelt man sich selber. Man ist seinem eigenen Ableben einfach 35 Jahre näher gekommen. Wenn man ewig leben würde, wäre es einem wurscht. Die Hammerschmidgasse aber stirbt einem voran.
Ist Wien mit seinen Klischees eine ideale Vorlage? Meine Sprache ist die des äußeren dritten Bezirks, wo ich wohne. Die Leute in Jogginghose und mit Goldketterl am Leberkässtand im Interspar treten in meine Lieder und beginnen zu sprechen. [Standard, 23.12.2008]

Walther Soyka & Ernst Molden

Public geht auch ohne Viewing

In Tagen wie diesen ist es angebracht, hin und wieder darauf hinzuweisen, dass der Erfolg von Veranstaltungen nicht nur nach dem Platzangst-Koeffizienten oder dem kollektiven Brüll-Volumen bewertet werden muss. Und dass Qualität etwas anderes als das Produkt von Schubsquote mal Drängelintensität ist. Auch deshalb war das Konzert, das Willi Resetarits, Ernst Molden und Walther Soyka Mittwochabend in der per definitionem fußballfreien Zone am Karlsplatz gaben, ein erquickender Kontrapunkt. Und sogar ein paar in Richtung Rathausplatz schlendernde Fußballfans gestanden ein: Das Leben ist auch ohne geregelte Fanzone lebenswert. [Standard, 19.06.2008]

Die Reblaus bleibt forever young

Als glaubwürdiger Repräsentant eines lokal-globalen Musikverständnisses, leitete [Willi Resetarits] die stimmigste, unpeinlichste Festwocheneröffnung seit vielen Jahren. Dass so eine Pauschalreise nicht ohne Klischees in Bild und Ton auskommt, versteht sich – und störte nicht. Es begann tief in Wien, mit Ernst Moldens „hammerschmidgossn“, einem zartbitteren, berührenden Lied über eine versuchte Rückreise ins Reich der Kindheit, die scheitert: „Denn die Gassen grüßt net retour.“ Noch wienerischer konnte es nur mit Wolfgang Ambros und dem „Zentralfriedhof“ sowie der „Reblaus“ werden. Nach einem Kurzausflug nach Lissabon – mit der Fado-Sängerin Dulce Pontes – ging's zurück auf den Floridsdorfer Bahnhof und von dort nach Paris: Juliette Greco zeigte in (leider) nur drei Chansons, zwei von Jacques Brel, eines von Edith Piaf, wie sie, ein berückendes Mädchen von 82 Jahren, sich auf das gesamte Spektrum überlebensgroßer Gefühle versteht. Einsatz von Mimik, Gestik und Stimme ohne Rücksicht auf Verluste: herzzerreißend. Im der Stadt New York gewidmeten Soulpart vertrat Lynn Kieran die erkrankte Randy Crawford mit Leichtigkeit, bevor sich zum Schluss alle zu dem Lied sammelten, das Bob Dylan, der alte Schalk, gewiss ganz bewusst für solche Momente geschrieben hat, in denen die Taschentücher schon gezückt sind: „Forever Young“. Das vor allem durch die Bemühungen unseres Wolfgang Ambros längst zum Wienerlied geworden ist, und was kann man einem Lied Besseres wünschen? [Die Presse, 10.05.2009]

Ein Fest der Vielfalt der Kulturen

Mit viel Gefühl beginnen am Freitag die Wiener Festwochen: "Dieser Abend ist immer ein Fest für alle", sagte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, "ein Fest der Vielfalt der Kulturen, die sich am Rathausplatz über die Musik vereinen und das Gemeinsame in den Vordergrund stellen." Dulce Pontes [FW#29] bringt die Musik des Fado, den Klang der Sehnsucht und damit ein bisschen Schwermut vom meerumspülten südwestlichsten Rand Europas ins emotionale Farbenspektrum der Festwochen-Eröffnung. Daheim in Portugal ist die 40-jährige Sängerin ein Star, international bekannt, seit "Canção do Mar" ihres Albums "Lágrimas" (1993) für Richard Geres Film "Primal Fear" verwendet wurde, und seit Ennio Morricone nach einem gemeinsamen Konzert in Verona mit Liedern des italienischen Filmkomponisten einer ihrer größten Bewunderer ist. "Fado ist für mich wie ein Gebet. Fado kann man nicht beschreiben, man muss ihn fühlen", zieht sich Dulce Pontes elegant aus derAffäre. Amália Rodrigues, die 1999 verstorbene legendäre Königin des Fado, hatte sie - neben Misia - zu ihrer legitimen Nachfolgerin erklärt. "Portugal ist nur ein kleines Land, aber mit großer Seele und wichtiger Kultur." Die Pontes bewegt sich auf verschiedenen musikalischen Terrains und gibt zu, dass ihr Global-Pop-Folklore-Arien-Mix auch auf den für Lissabon so typischen Liedern vom Abschiednehmen, von der Sehnsucht, der Saudade, von der Zärtlichkeit und von der verlorenen Liebe basiere: "Ich singe gerne Fado, weil mir seine Struktur enorme Freiheiten lässt. Und bei allem, was ich jemals tun werde, wird der Fado unausweichlich Pate stehen." [Kurier, 07.05.2009]

Zwischen Gitarre und Akkordeon

Er spielt bereits sein halbes leben Akkordeon. Mit seinen 14 Jahren ist Paul Schuberth der jüngste Künstler des diesjährigen – bereits zehnten – internationalen Akkordeonfestivals. Der musikalische Volksschüler aus Dietach bei Steyr (OÖ) lauschte gern den Weisen von Otto Lechner und Hubert von Goisern ("obwohl der steirische Ziehharmonika spielt"). Paul Schuberth spielt aber nicht nur Akkordeon, er komponiert auch selber. "Dafür brauch ich dann nicht so lange zu üben, ich hab’s ja selber geschrieben." Seither entwickelt Paul Schuberth immer wieder eigene Melodien, "nicht so sehr in Richtung Klassik, sondern eher Jazz, slawische Folklore, Blues, zeigenössische modere Musik." [Kurier, 22.02.2009]

Esma Redzepova

Der Druck des Authentischen

Schmachtende Melodien, Melancholie und Lebensfreude - auf diese elementaren Topoi menschlichen Seins lässt sich das musikalische Südosteuropa-Bild, das im Zuge der (seit den 90er-Jahren anhaltenden) Balkan-Welle gezeichnet wird, im Grunde reduzieren. Wer nicht den Marktwünschen nach zumindest einem Hauch von "authentischer" Volksmusik entspricht, der läuft im Westen glatt Gefahr, überhört zu werden. Auch das Balkanfever-Festival bringt dieses marktgängige Bild einer Region nicht wirklich ins Wanken, wobei der Veranstaltung Verdienste nicht abzusprechen sind: Hat das Festival doch wesentlich dazu beigetragen, dass dem Wort Balkan heute in Wien eine positive Note zukommt und dass südosteuropäische Migranten über ihren musikalischen Beitrag als Bereicherung wahrgenommen werden. Der breiige Sound und der nüchterne Ostblock-Charme des Arbeiterkammer-Sitzungssaals verströmten anlässlich der eigentlichen Festival-Eröffnung natürlich den Eindruck einer anderweitig "authentischen" Aura. Wobei Esma Redžepova in gewisser Weise über all diesen Dingen steht. Als internationale Symbolfigur der Roma-Musik musste die 66-Jährige aus Skopje nicht im Zuge des Balkan-Hypes entdeckt werden: Sie war schon vorher da. Drei Kostüme und ein Bühnentaschentuch verbrauchte die kleine Frau mit der ausdrucksstarken Stimme, die in der Roma-Hymne Dzelem, Dzelem expressive Tontränen vergoss. Wie man sich abseits musikalischer Trampelpfade auf seine Roots bezieht, das demonstrierte immerhin Pianist Bojan Z im Porgy & Bess: Im intimen Dialog mit Bassist Nenad Vasilić fand er in Kompositionen wie Flashback zu Momenten verstörender Eindringlichkeit und geistvoller Spontaneität. [Standard, 21.04.2009]

Frischluft für einen gefährdeten alten Herrn

"Das Wienerlied ist keine Musikrichtung", sagt Klemens Lendl. "Es ist total personalisiert, und es heißt immer: Das Wienerlied wird bald untergehen. Da stell' ich mir dann immer einen alten Herrn vor, der gleich tot umfällt." Die Lieder, mit denen Lendl, der Geiger und Sänger der Strottern [FW#39], und sein Partner David Müller (Gesang, Gitarre) bekannt wurden, sind keine Wiederbelebungsmaßnahmen für den armen Greis. Und doch sorgen die kabarettistischen, schräg arrangierten Stücke für Frischluftzufuhr in einem Genre, das von seinen "Bewahrern" gern unter den Glassturz gestellt wird. Für ihre neue CD "Elegant" haben sich die Strottern mit Musikern aus der Jazzwerkstatt zusammengetan, der zentralen Plattform der jungen Wiener Improvisations-Szene. Mit Saxofon, Trompete, E-Gitarre, Piano und Bass gewinnen die teils gemütlich-hatscherten, teils flott-beschwingten Stücke an Energie und Dynamik, die Jazzer fügen mit erweiterten Harmonien und Geräuschen neue Facetten zum Sound hinzu, ohne sich vor Lendls bissige Texte zu stellen. "Es sind Texte, die vom Hier und Jetzt handeln und nicht von irgendwann", sagt Lendl, der sich bis heute standhaft weigert, Verse über Wein oder eine vermeintlich "guade oide Zeit" zu dichten. "Oft kommen junge Leute nach Konzerten zu uns und sagen: Wow, so kann Wienerlied sein? Sehnsucht nach 'ihrer' Musik haben die alle." In "Elegant", dem Titelsong des Albums, macht sich Lendl nun über selbst ernannte Society-Eliten her, in "Wean, du schlofst" gelingt ihm eine völlig unkitschige Ode an die Stadt. Der Bigband-Sound, den die Jazzmusiker dazu zustande bringen, verdeutlicht ein Stück weit auch das Wesen der Stadt: Viel Unterschiedliches trifft da zusammen, es gibt Reibungen, und doch fügt sich alles zu einem Ganzen. "Du merkst, dass das Wienerlied Musik aus einer echten Großstadt ist", sagt Lendl. Erst Provinzialität bedeutet den Tod des alten Herrn. [Kurier, 27.04.2009]

Die Strottern

Ich wage einen Besuch der Open Stage. Das Akustikduo Marten, bestehend aus den zwei Martins (Martin Spindler, Gesang/Gitarre, und Martin Huter, Cajon), spielt vor allem Coverstücke. Martin S. sieht aus, als würde er sich noch nicht rasieren, aber seine Stimme ist so tief wie die Donau am Haugstein. Dazu ein mehr als passables Gitarrenspiel, und der Abend ist gerettet.

Aibrean

Icon Sound / Icon Movie @ www.myspace.com/aibreanmusic

Während aus dem Nebenraum die französische Tanzmusiksession und Simon Waschers Drehleier erklingt (-> FW#32), spielt im Felsenkeller die junge Band Aibreán. Die Gruppe besteht erst seit seit dem Vormonat, der irische Name bedeutet entsprechend: April. Das Trio besteht aus Studenten des BA Irish Music and Dance der Irish World Academy an der Universität Limerick, allerdings ist keiner Ire: David Lombardi (Fiddle) ist Italiener, Jean Damei (Gitarre, Flöte) ist Franzose und Géza Frank (Whistle, Flöte, Dudelsack) Wiener, was auch ihre Anwesenheit hier erklärt.

Aibreán ist eine Fusionband, deren großes Vorbild die leider nicht mehr existierenden Flook (-> FW#31) sind, und so gibt es kaum ein Set ohne einen Brian-Finnegan-Tune, aber auch Liz Carroll & Co, Eigenkompositionen, z.B. zwei nachfolgende Jigs mit den Titel "Carlos" und "Nunez" (-> FW#38). Als Geza zu den Pipes greift, widersteht er der Versuchung, auf die "Amazing Grace"- Wünsche einzugehen und spielt Gordon-Duncan-Tunes. Schade nur, dass der Großteil des Publikums nur aus Gezas Freunden und Schulkameraden besteht. Da hat Wien was verpasst.

Da das Concerto-Jubiläum um den Paddy's Day herum stattfindet, wäre es auch eine seltene Gelegenheit gewesen, die Roadie Rowdy Piper Band zu erleben. Ich tat dies allerdings noch einen Tag zuvor in Eipeltauer Privatbrauerei im 19. Bezirk (Döbling). Die rauchfreie Wiener Musik-Spezialitätenbrauerei existiert erst seit 2007, alle Biere werden offen vergoren und unfiltriert als Zwickl abgefüllt.

Im Bierbeisl in der Brauerei finden regelmäßig Musik-Veranstaltungen statt. Die RRPB besteht aus Stephan 'Stoney' Steiner, außerdem noch Geiger bei Hotel Palindrone (-> FW#36), Mario Prinz (Gitarre, Gesang), ehemaliger Chef-Organisator des dahingeschiedenen Folkfestivals Gutenbrunn, sowie Xandi Tichy (Scotish Bagpipes, Accordion) und dem gebürtigen Dubliner Brian O'Shea (Banjo). Das wienerisch-irische Urgestein spielt flotte Instrumentalstücke und Lieder vom "Irish Rover" zu "Dirty Old Town".

Als Vorgruppe spielt die Half Pipe Band Tinnitus auf. Das Duo zählt Bockpfeife, Cornemuse und Gaita zueigen. Entsprechend steigert sich die Lautstärke. Zum Hörsturz hat es nicht gereicht, eher wenige interessiert, aber zu Paddy's Day will man eh abtanzen, komische Hüte auf dem Kopf stören nicht und das hochprozentige Vienna Bitter Ale tut seine Wirkung.

Apropos Hotel Palindrone, Stoneys Bandkollege Albin Paulus trägt zusammen mit Niki Fliri (Harfe, Flöte) und Nadège Lucet (Leier) im Naturhistorischen Museums Kompositionen auf rekonstruierten eisenzeitlichen Instrumenten vor. Anlass ist der Vortrag "Musik & Archäologie - Aurum - Gold" anlässlich der Sonderausstellung „Reiche Römer in Vindobona – Gold und Edelsteine aus dem Albertina-Gräberfeld“ (dabei handelt es sich um Beigaben aus Gräbern des 2.–4. Jhds.). Albin selbst spielt Aulos, Flöte und Maultrommel. Er singt überlieferte gallische Texte, die ins Jodeln übergehen, sowie die Vertonung eines Gedichtes in rekonstruiertem Gallisch des Wiener Sprachwissenschaftlers David Stifter.

Musik der keltischen Antike (Hallstatt- und Latènezeit, 1. Jht.v.C.)

Aulos Aus der Eisenzeit kennen wir neben Instrumentenfunden eine größere Anzahl von Abbildungen und skulpturellen Darstellungen von Instrumenten und Spielern, zunächst vor allem aus dem Hallstattkreis, später in der gesamten Keltia, sowie Berichte antiker Autoren. Als Instrumente der Hochkultur sind uns zwei Instrumente häufig überliefert: die Leier, meist mit halbmondförmigem Korpus, zwei durch ein Joch verbundenen Armen und zwischen 3 und 7 Saiten (“Troubardix-Leier”), ähnlich der griechischen Phormynx, und die Panflöte (Syrinx) mit bis zu sieben Pfeifen.

Die Darstellungen von Festszenen auf den Situlen der Ostkelten zeigen beide Instrumente oft gemeinsam, die Leiern weisen hier eine eigenwillige assymetrische Form auf. Im Osthallstattkreis finden wir Doppelhornpfeifen, ähnlich dem griechischen Aulos (häufig wird er deshalb als “Hallstatt-Aulos” bezeichnet), jedoch mit aufgesetzten seitlich angebohrten Tierhörnern als Schallbecher und, bei Vergleich mit rezenten Hornpfeifen (Spielpfeifen bei osteuropäischen und nordafrikanischen Dudelsäcken, baskische alboka und walisisches pibgorn), vermutlich mit Aufschlagzungen (Klarinettenprinzip).

Flöten sind uns überall durch Funde überliefert, naturgemäß haben sich fast nur solche aus Knochen erhalten. Sie besitzen meist eine Kernspalte (Blockflötenprinzip) und weisen oft Grifföcher auf, wie ein Fund aus Malham (West Yorkshire) mit sogar sechs Löchern wie die heutige Tin Whistle zeigt. Knochenflöte Dieses Instrument deckt bei zusätzlichem Überblasen einen beachtlichen Tonraum ab. Ein wichtiges, spätestens für die Bronzezeit nachweisbares Baumaterial für Flöten und Rohrblattinstrumente war nördlich der Alpen jedoch weniger Knochen, sondern Holunder, da sich seine Äste leicht aushöhlen lassen.

Trompeteninstrumente begegnen uns überall in Form von Tierhörnern, z.B. auf den ostkeltischen Situlen. In kultischem Zusammenhang dürften zwei in Irland gefundene Bronzehörner (eines an der Seeopferstätte von Emain Macha) verwendet worden sein, die sich sehr gut auf dem Grundton ähnlich einem Didgeridoo spielen lassen. Außerdem existieren Funde von Keramikhörnern im keltiberischen Raum. Als Kriegstrompeten kennen wir ein dem römischen cornu ähnliches kreisförmig gewundenes Instrument, wie es die bekannte Skulptur des sterbenden Galaters zeigt, und die für die Keltia typische Karnyx, eine gerade, senkrecht nach oben gehaltene Bronzetrompete mit abgewinkeltem Schalltrichter in Form eines Schweinskopfes. Letztere dürfte den zahlreichen Abbildungen nach, z.B. auf dem Kessel von Gundestrup oder auf gallischen Münzen, aber auch nach Berichten antiker Autoren eine große Rolle als furchteinflößendes Lärminstrument gespielt haben. Ein erhaltenes Exemplar aus Deskford (Schottland) besitzt entsprechend eine hölzerne “Schnarrzunge” als Klangverstärker. Ein entwicklungs-geschichtlicher Zusammenhang mit seitlich angeblasenen kultischen Holztrompeten, wie sie noch heute im westfälisch-niederländischen Grenzgebiet gespielt werden (middewinterhorn), ist wahrscheinlich.

Leier Unter den Ideophonen sind Rasseln, klingenden Schmuckplättchen und Glöckchen, vor allem aus hallstattzeitlichen Gräbern bekannt. Bemerkenswert sind auch Klingel- und Klappermechanismen an den Rädern der Gräberwagen. Membranophone sind materialbedingt nicht ausreichend überliefert, jedoch weisen inselkeltische Abbildungen auf die zudem kulturhistorisch unumstrittene Existenz von Rahmentrommeln hin.

Neben Zeugnissen einer Instrumentalmusik wird im antiken griechischen Schriftum der Gesang der Barden, zum Teil unter Begleitung von Leierklängen in herrschaftlichem Umfeld erwähnt. Die für das spätere Bardentum typische Rahmenharfe kommt erst im 8. Jahrhundert auf. Sie verdrängt die gezupfte Leier, die mit Bekanntwerden des Streichbogenprinzips in Europa im 9. oder 10. Jahrhundert vielerorts in ein Streichinstrument umgewandelt wird.

Über die Musik der antiken Kelten selbst lassen sich nur Vermutungen anstellen. Die heute noch in europäischen Rückzugsgebieten vorhandene Pentatonik (z.B. Schottland) hat wohl noch eine größere Rolle gespielt. Sehr wahrscheinlich ist die allgemeine Verbreitung von Obertonmusik: Einerseits auf Instrumenten, die die Naturtonreihe erklingen lassen (wie viele Trompeteninstrumente und grifflochlose Flöten, wie sie noch heute in Skandinavien, in Süditalien und Ungarn gespielt werden) andererseits durch ein Obertonmusizieren, wie wir es vom australischen Didgeridoo, der Maultrommel und vom zentralasiatischen Rachengesang kennen.

Syrinx In den Jahrhunderten nach der Eroberung Galliens wirkt die antike Musikkultur auf den britischen Inseln zum Teil noch weiter. Besonders die Leier gilt in der Folge als typisch inselkeltisches Instrument: im Mittelalter kennen wir dafür die latinisierte Bezeichnung chrotta oder deutsch rotte, was mit air. crott und einem altkeltisch wohl *krotta in Verbindung zu setzen ist. Aufgrund ihrer Umwandlung zu einem Streichinstrument kann sie sich in Wales bis ins 18. Jahrhundert halten (crwth), in Skandinavien und dem Baltikum sogar bis in unsere Tage (stråkharpa, jouhikko), während sie fast überall in Europa verschwindet.

Als typisches Instrument der Barden gilt daneben fortan die Harfe, die höchstes Ansehen genießt. Das Bardentum als wichtiger Bestandteil der keltischen Gesellschaft, welches zu einem Großteil der mündlichen Vermittlung von Mythos und Geschichte durch Gesang diente, verliert nach dem Hochmittelalter zunehmend an Bedeutung. Die ursprünglich personelle Einheit von Dichter, Sänger und Musiker unter der Patronanz eines Herrschers löst sich zunehmend auf, wirkt aber in unterschiedlicher Form noch weiter: In Irland und Schottland finden wir noch bis ins 18. Jahrhundert fahrende Harfenisten, die unter dem Schutz der Herrschenden wirken. Auf den äußeren Hebriden hat sich eine Balladensängertradition erhalten, die die keltische Mythologie zum Inhalt hat. In der keltischen Kirche, die bis ins Hochmittelalter eine eigene Liturgie und eigenständige Gesangs- und Instrumentalpraktiken aufwies, hatten ebenfalls Leier und später Harfe eine große Bedeutung, vorwiegend zur Begleitung der Psalmodie. [Albin Paulus]

Albin Paulus @ FolkWorld: FW #12, #28, #28, #36, #36

Icon Sound @ www.hotelpalindrone.com Icon Movie @ www.youtube.com

www.albinpaulus.folx.org

Nifty's

Nifty's @ FolkWorld: FW #33

Icon Sound @ niftys.klingt.org

Am selben Abend noch zieht ein Hagelschauer über die Stadt und der Winter bäumt sich ein letztes Mal auf. Drinnen geht es allerdings heiss her. In der rhiz-bar in den U-Bahn-Bögen am Gürtel gleich gegenüber dem Café Concerto haben sich Nifty's angesagt. Eigentlich legen hier DJs elektronische Musik auf, aber hin und wieder finden auch Live-Konzerte statt und Nifty's, benannt nach der Klezmerikone Naftule Branntwein, sind eh nicht die 0815-Klezmerband.

Die beiden E-Gitarristen Fabian Pollack und Michael Bruckner, Trompeter Thomas Berghammer, Bassist Dominik Grünbühel und Schlagzeuger Mathias Koch bieten eine Melange aus Weltmusik und Jazzrock. Angejazzte Klezmermusik oder angeklesmerte Jazzmusik - wie man will, dazu ausgedehnte Improvisationen auf der Stromgitarre. Unzamusik mit Ecken und Kanten, Uptempowahnsinn und Improvisation, so charakterisiert sich die junge Band selbst. Ein paar traditionelle Stücke, größtenteils aber Eigenkompositionen , und heute viele neue Stücke. Man darf also gespannt auf die kommende CD sein.

Fabian Pollack und Bruder Florian stecken auch hinter einer monatlichen Klezmersession, die jeden dritten Dienstag im Monat Café Tachles am Karmeliterplatz in der Leopoldstadt (2. Bezirk) stattfindet. Ein passender Ort: hier befand sich einst eine aus dem Gerinne ungezählter Arme der noch unregulierten Donau emporgestiegene Insel, im Volksmund Mazzesinsel genannt, auf der im 17. Jhd. das erste jüdische Ghetto engelegt wurde.

Netnakisum, by Julia Wesely

Netnakisum @ FolkWorld: FW #38, #38

Icon Sound / Icon Movie @ www.netnakisum.at

Nicht weit davon entfernt findet sich der Prater mit seinen zahlreichen Schaustellerbetrieben und dem berühmten Riesenrad. Die ganze Gegend rund um den Praterstern wurde im Rahmen der EM-Vorbereitungen umgestaltet, das neue Eingangsportal mit aufgemalten Häuserfassaden und Jugendstilelementen sieht aus wie ein Wiener Disneyland. In einem offen gelassenem Baucontainer über einer ehemalige Unterführung vom Praterstern zum Prater hin befindet sich das fluc: eine party location und nicht die Örtlichkeit, wo Netnakisum üblicherweise konzertiert.

Marie-Therese Härtel, Johanna Kluger, Linde Gansch und Magdalena Zenz bilden zwar eine klassische Streichquartett-Besetzung (zwei Geigen, Bratsche und Cello), spielen aber weder klassisch, noch klassisch-wienerisch. Alles fängt ganz harmlos an und wird in den kommenden anderteinhalb Stunden immer schräger. Landler südamerikanisch, Jodeln und Obertongesang. Die vier jungen Damen beweisen, dass man auch ein junges Publikum für Schrammelmusik und Gstanzln, Walzer und Polkas begeistern kann.

"Netnakisum": Volksmusik, verkehrt herum

Sie sehen aus, als würde man Sepp Forchers "Klingendes Österreich" auf LSD schauen: Für das Streichquartett "Netnakisum" ist Volksmusik aber nur ein Bestandteil ihres Repertoires. Noch einer ist Humor. Netnakisum - was ist das? Chinesisch? Nein, umgekehrt gelesen sind es einfach Musikanten. Zusammengekommen sind Marie-Theres Härtel, Johanna Kugler, Magdalena Zenz und Linde Gansch zünftig: bei einem Kurs zum Thema „Einstieg in die Volksmusik". Doch die macht nur einen kleinen Teil des Repertoires des Streichquartetts aus. Einordnen lassen sich die vier (eine Wienerin, drei Steirerinnen) nämlich nicht so einfach. Ohne Scheu lassen sie klassische Musik genauso wie Elemente aus der traditionellen Balkan-Musik oder lateinamerikanische Rhythmen in ihre Arrangements einfließen. Vom Erfolg sind die Dirndln, die allesamt noch unter 25 Jahre alt sind, freilich selbst überrascht. Wie man sich ein Konzert vorstellen kann? Bunt, humorvoll und ein bisschen verrückt.

Sie mischen traditionelle Volksmusik, klassische Musik und Weltmusik - reicht eins nicht? Wir haben uns eigentlich für keine Musik entschieden. Wir sind einfach alle aufgewachsen mit traditioneller Volksmusik, ausgebildet in klassischer Musik und wir nehmen Dinge her, die uns inspirieren, und formen sie um. Wir spielen, was uns gefällt, was unsere Ohren erreicht. Ideen, Kompositionen, Neugehörtes, Melodien ... all das wird von uns selbst probiert, geprobt, arrangiert, bearbeitet.
Was funktioniert immer? Ein resches Polkerl. Das funktioniert immer!
[Die Presse, 05.06.2008]

Netnakisum spielen auch auf dem Donaufestival, Europas größtem Freiluftfestival, das beinahe wegen tagelangen Regens ins Wasser gefallen wäre. Das wäre nicht so schlimm gewesen, mehr an Folk- und Weltmusik hatte das Volksfest eh nicht zu bieten. Im Gegenteil: die fünf Jahre lang abgehaltene Weltmusikbühne wurde wegen der Wirtschaftskrise kurzfristig eingespart (der Gegenwert einer mittelmäßigen Popband). Die Macher ließen sich allerdings nicht entmutigen und brachten bereits gebuchte Künstler wie das Tiptons Sax Quartet, Klezmer Reloaded und die Amsterdam Klezmer Band (-> FW#38) unter dem Titel Weltmusikbühne im Exil auf die Bühne des Jazzclubs Porgy & Bess.

Kollegium Kalksburg

Kollegium Kalksburg @ FolkWorld: FW #31

Icon Sound Hell auf, inG, Wr. Paarreimmassaker, Des Letzte

Icon Movie @ www.youtube.com

www.kollegiumkalksburg.at
Nelly Leuzinger, Wiener Lieder Wer kennt sie nicht, die Klischees von Fiaker, Heurigen und Maderln? Erst wann's aus wird sein mit aner Musi und mit'n Wein, dann pack ma die sieb'n Zwetschk'n ein, eh'nder net! Solang im Glaserl no a Tröpferl drin, solang a Geign no voll Melodien is ... mehr

Am selbigen Freitag wird auch rund um den Karlsplatz und das Wienmuseum der Karlstag veranstaltet. Das historische Stadtmuseum hat bei freiem Eintritt bis in die Abendstunden auf und das Kollegium Kalksburg mit den Herren Wizlsperger, Skrepek und Ditsch spielt als Kollegium Karlsplatz auf: Neo-Schrammelmusik mit viel Schmäh, hintersinnig und -pfotzig. Als Vincenz Wizlsperger in der "Weintrilogie" singt, ich bin ein ernsthafer Trinker, ich trinke nicht aus Spass, bringt mich das auf die Idee, den Ort zu wechseln und den Abend im Wiener Rathaus zu beschließen. Im Arkadenhof nämlich werden die 125 goldprämiierten Wiener Weine verkostet. Na dann: Prost!

P.S.: Es ist natürlich viel mehr in Wien passiert, wozu ich leider keine Zeit zu hatte: Lokalhelden wie Dobrek Bistro [FW#28], Andy Fasching [FW#38], Martin Moro [FW#32], Nim Sofyan [FW#31], Hans Theessink [FW#38], als auch internationale Gäste wie Dazkarieh [FW#39] und das Stockholm Lisboa Project [FW#39]. Düster-morbide nordische wie mediterrane Klänge taugen auch Wiener Befindlichkeiten.

Aniada a Noar

Steirisches Robustfolklorejubiläum

Michael Krusche, Rupert Pfundner, Wolfgang Moitz und Andreas Safer bereichern als Aniada a Noar seit nunmehr 25 Jahren die heimische Musikszene. Mit Geige, Gitarre, Ziehharmonika, Akkordeon, Dudelsack, Maultrommel und etlichen weiteren Instrumenten im Gepäck haben sich die Steirer längst einen Platz ganz oben in der österreichischen Musiklandschaft erspielt. Seit einem Vierteljahrhundert zeigen uns Aniada a Noar nun schon, was Volksmusik im wahrsten Sinne des Wortes eigentlich bedeutet und wie das klingt, wenn es gut klingt und sich auch tatsächlich um Volksmusik handelt. Kurzum, mit irgendeinem Stadelgedudel haben und hatten die Herren niemals etwas am Hut. Alpenländisches steht neben eigenem feinen Singer-Songwriting, folkloristisches wird mit angloamerikanischen Einflüssen verflochten. Sie selbst nennen es Robustfolklore.
Aniada a Noar gibt es seit einiger Zeit auch als Extended Version und mit etwas mehr Tempo unter dem Namen Polka Potente mit Gabriel Froihofer am Schlagzeug und Reinhard Ziegerhofer am Bass und Kontrabass. [Concerto 6-08]

Aniada a Noar @ FolkWorld: FW #10, #39

Icon Sound / Icon Movie @ www.aniada.at, www.polkapotente.at

30 Jahre Musikfest Waidhofen an der Thaya

Timna Brauer & Elias Meiri Ensemble Von Mike Stern über Dobrek Bistro bis zu A Life, A Song, A Cigarette - die Jubiläumsausgabe von Österreichs langlebigstem und mit Sicherheit idyllischstem Musikfestival wartet erneut mit einem ebenso breiten wie hochkarätigen musikalischen Spektrum auf. Beim Jubiläumsfest wird aber auch der Geschichte des generationenübergreifenden und familienfreundlichen Festivals Rechnung getragen: mit Matineen mit den Jazzhouse Ramblers und der Bluespumpm ebenso wie mit einem eigens ins Leben gerufenen „30th Anniversary Folk Club All Star Orchestra“, das mit 40 Waldviertler Musikern und 20 Songs die 30-jährige Festivalgeschichte Revue passieren lassen wird.
Dass das langlebige Musikfest einmal vor allem unter dem Namen „Folk-Fest“ bekannt war, hat seinen Grund in der Entstehungsgeschichte der Waldviertler Institution, die Jahr um Jahr zum Schulschlusswochenende mehrere tausend Besucher in den idyllischen Thayapark lockt. Angesteckt vom Folk-Boom heben 1979 ein paar Musikenthusiasten, allen voran die selbst musikalisch aktiven Brüder Christoph „Stoff“ und Martin „Matsch“ Dangl, den Folk-Club in Waidhofen an der Thaya aus der Taufe, um unter anderem Konzerte mit dem schottischen Singer/Songwriter Dougie MacLean oder einem noch am Anfang seiner Karriere stehenden Hans Theessink zu veranstalten. Bereits 1980 geht ein zweitägiges, ursprünglich als „Folk-Fest“ firmierendes Festival in einem halboffenen Holz-Salettl direkt neben der Thaya über die Bühne. Neben viel Folk mit dabei: die in der Region beheimatete Blues-Formation Bluespumpm um Johann „Zappa“ Cermak, der mit ihren Kontakten in der Musikszene von Anfang an eine wichtige Katalysator-Funktion im Rahmen des Folk-Clubs zukommt.
Die 80er-Jahre bringen mit dem Abflauen des Folk-Booms eine musikalische Neuorientierung. Die neuen Programm-Macher Herbert Höpfl und bis 1997 auch Josef Pfabigan räumen Jazz und dem, was gerne als World Music etikettiert wird, sowohl im Jahresprogramm des Folk-Clubs als auch dem folgerichtig in „Musikfest“ umbenannten Festival mehr Platz ein. Internationales steht neben Österreichischem bzw. Lokalem, Fixgrößen sind ebenso vertreten wie Nachwuchstalente. Obwohl das Musikfest damit endgültig erwachsen geworden ist, wird die Arbeit dafür bis heute ausschließlich ehrenamtlich geleistet. Rund 260 freiwillige Mitarbeiter sind während des Festivals im Einsatz. Bereits seit der Pionierphase des Festivals wird mit Publikums-Wettbewerben wie der Sautrog-Regatta auf der Thaya dafür gesorgt, dass die Besucher nicht nur Erinnerungen an die Musik mit nach Hause nehmen, ein professionelles Kinderprogramm, heuer u.a. mit Timna Brauer, garantiert auch den Jüngsten kurze Weile. Als wäre das alles nicht genug, sorgt die anfangs nur zögerlich angenommene, heute nicht mehr weg zu denkende Einrichtung des Warming Up Day am Donnerstag vor dem Hauptfest im Thayapark dafür, dass die ganze Innenstadt Waidhofens – bei freiem Eintritt - zur Bühne wird. Beim Flanieren können so unterschiedlichste Musiker in und vor sieben Lokalen erlebt werden.

Herbert Höpfl, Festivalleiter, über die Gegenwart und die Zukunft
Wie ist der momentane Stand der Dinge in der Musikwelt. Macht sich die Krise auch bei den Veranstaltern bemerkbar? Momentan ist nichts davon zu bemerken. Da wir doch ein Nischenprodukt in Sachen Musik anbieten und die Besucherzahlen nicht im Vordergrund stehen, ist das momentan kein wirkliches Thema. Ich denke aber, dass wir die Krise etwas zeitversetzt in irgendeiner Art doch spüren werden. Es wird uns nicht aus der Bahn werfen, gewisse Abstriche in Bereichen wie Frequenz der Konzerte oder das Engagement von teureren Künstlern könnte ein Thema werden.
Das Musikfest Waidhofen gibt es nun schon seit 30 Jahren, wie ist es Ihnen gelungen, sich das Publikum über so einen langen Zeitraum zu erhalten? Die Antwort wird wohl lauten müssen: Konsequenz, Konsequenz und nochmals Konsequenz. Dem Publikum kein X für ein U vormachen und versuchen wirkliche Qualität zu bieten. Sich nicht dem Kommerz zu beugen, auch Konzerte zu bringen, die völlig abseits irgendwelcher Pfade liegen. Andererseits auch durchaus mal einem Publikumswunsch nachzugeben. Kurz gesagt: Eine gute Programm-Mischung, die aber immer wieder hinterfragt werden muss.
[Concerto 3-09]

30. Int. Musikfest Waidhofen/Thaya, Thayaparkgelände, 3. bis 5. Juli 2009, www.folkclub.at


www.tradivarium.at

Photo Credits: (1) Aibrean, (3)-(6) Albin Paulus' Eisenzeitinstrumente, (8) Nifty's, (9) Netnakisum, (13) Die Strottern (from website); (2) Tini Trampler, (10) Esma Redžepova, (11) Kollegium Kalksburg, (12) Aniada a Noar, (14) Timna Brauer (unknown); (7) Walther Soyka & Ernst Molden (by The Mollis).


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 07/2009

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