FolkWorld #70 11/2019
© Walkin' T:-)M

Musikalischer Klimawandel

Die Blues- und Soul-Diva Janiva Magness singt die Songs des ehemaligen Creedence-Clearwater-Revival-Frontmanns John Fogerty.

Janiva Magness

Change in the Weather: Janiva Magness Sings John Fogerty
»Janiva Magness gehört zu den besten
interpretativen Sängerinnen im Bereich
Roots- und Bluesmusik.« – Ansgar Hillner


Artist Video Janiva Magness
@ FROG


www.janivamagness.com

Als Teen im heimatlichen Detroit besuchte Janiva Magness (Jahrgang 1957) ein Konzert von Bluesgitarrist und -sänger Otis Rush, das ihr ganzes Leben verändern sollte. Sie erinnert sich: »Otis spielte, als hinge sein Leben davon ab. Es gab eine völlig verzweifelte, absolute Intensität. Ich wusste, was auch immer es war, ich brauchte mehr davon.«

Janiva Magness begann als Backing-Sängerin, u.a. für Bluesrock-Gitarrist Kid Ramos,[66] bevor sie ihre eigene Band an den Start brachte. Ihr Debütalbum erschien im Jahre 1991, seitdem hat die hart arbeitende als Blues- und Soulsängerin eine eindrucksvolle Karriere hingelegt. Sie hat dabei Klubs und Festivals auf der ganzen Welt bespielt, ihre Alben ernteten Lob und Auszeichnungen. Vorläufiger Höhepunkt war 2009 der Titel des B.B. King Entertainer of the Year durch die Blues Foundation in Memphis, Tennessee; nach der im selben Jahr verstorbenen Koko Taylor ist Magness erst die zweite weibliche Künstlerin, die dieser Ehre zuteil wurde.

2014 begann sie damit, eigene Stücke zu veröffentlichen; eine Phase ihres Œuvres, die durchaus bis heute anhält. »Bis zu diesem Zeitpunkt bestand meine ganze Karriere daraus, die Lieder anderer Leute zu interpretieren. So weit, so gut. Aber es wurde notwendig, dieses Denken zu verändern.«

Aber bereits 2016 nahm sie wieder eine ergreifende Gospel-Version von John Fogertys "Long As I Can See the Light" auf: »Kirk Pasich, der Gründer von Blue Élan, schlug vor, "Long As I Can See the Light" aufzunehmen, und ich liebte es, dieses Lied zu adaptieren und zu singen. John Fogerty ist ein brillanter Songwriter. Seine Melodien sind groß und ergiebig und bieten einen echten Einstieg in das Herz seiner Songs, was für mich als Sängerin wunderbar ist, und ihr Rückgrat ist sein Storytelling, das sparsam und direkt und in seinen Bildern und Themen absolut amerikanisch ist. Und diese Themen haben Bestand.«

John Fogerty

John Fogerty: Mein Leben - Meine Musik
»Man spürt einen Menschen, der für
seine Kunst lebt.« – Walkin' Tom


Artist Video John Fogerty
@ FROG


www.johnfogerty.com

Es war also nur ein kurzer Schritt zu ihrem aktuellen Album "Change in the Weather", das in Gänze dem musikalischen Schaffen von John Fogerty gewidmet ist.

Erinnern wir uns kurz an dieser Stelle: John Fogerty (Jahrgang 1945) ist der Begründer der Rockband Creedence Clearwater Revival. Der Lead-Sänger und -Gitarrist als auch vornehmliche Songwriter führte die Gruppe zwischen 1968 und 1972 zu neun Top-Ten-Singles, darunter "Proud Mary" und "Bad Moon Rising", und acht Goldenen Alben. Nach Zerwürfnis und Auflösung von Creedence Clearwater Revival 1972 begann Fogerty eine Solokarriere, die zunächst aber mehr durch den Rechtsstreit mit dem alten Plattenlabel und derem Knebelvertrag geprägt war. (Der hessische Liedermacher Klaus Adamaschek, alias Shiregreen, hat dies unlängst in einem schönen Song kommentiert: "Stolen Songs"!)[69] 1985 gelang John Fogerty dann das große Comeback; das Album "Centerfield" erreichte Platz 1 der Album-Charts.

Janiva Magness Selektion beinhaltet bekannte Creedence-Hits als auch Titel aus Fogertys nachfolgender Schaffensperiode, eine lohnende Reise durch die Sphären der Rock-, Blues- und Countrymusik. Nicht ganz zu Unrecht hat Jeff Tweedy (Mitbegründer von Uncle Tupelo, die Punk und Rock mit Countrymusik fusionierten, und der daran anknüpfenden Alternative Country- und Rockband Wilco) Fogerty attestiert, er hätte das Fundament für das Genre gelegt, das heutzutage unter dem Namen Americana bekannt ist.

Janiva Magness @ AmericanaFest 2019

Change in the Weather: Janiva Magness Sings John Fogerty
Artist Video Change In The Weather | Lodi (ft. Sam Morrow) | Someday Never Comes | Wrote A Song For Everyone | Don’t You Wish It Was True (ft. Taj Mahal) | Have You Ever Seen The Rain | Bad Moon Rising | Blueboy | Fortunate Son | Déjà Vu (All Over Again) | A Hundred And Ten In The Shade | Lookin’ Out My Back Door (ft. Rusty Young, Jesse Dayton, Aubrey Richmond, Dave Darling)

"Janiva Magness Sings John Fogerty - Change In The Weather" (Blue Élan Records, 2019)

Magness interpretiert diese hart aber herzlich in ihrem markanten Stil, der sich am guten, alten Blues orientiert, aber tiefer noch in der Soul-Musik verankert ist. Da erinnert manches an Tina Turner in ihrer besten Zeit. Produzent Dave Darling hat das Optimum aus Magness derzeitige Begleitband bestehend aus Gitarrist Zachary Ross, Bassist Gary Davenport und Schlagzeuger Steve Wilson sowie einigen Gästen herausgekitzelt.

Country-Outlaw Sam Morrow hilft, "Lodi" in dreckig-düsteren Bluesrock zu verwandeln. Die Klage kennt jeder Musiker: lange Tage, geringe Bezahlung, billige Hotels. Blues-Ikone Taj Mahal ist Duettpartner im locker-flockigen "Don't You Wish It Was True" mit seinem Bedürnis nach einer besseren Welt. Überhaupt sind sowohl Magness als auch Fogerty immer für einen guten Protestsong zu haben. "Have You Ever Seen The Rain" (der Regenguss ist zu einem träge fließenden Wasserlauf entschleunigt worden), "Fortunate Son" oder "Déjà Vu (All Over Again)" thematisieren Privilegien, Patriotismus und Patriarchat. Allein das Titelstück "Change In The Weather" bringt so einige der heutigen politischen Debatten auf den Punkt: die Natur wehrt sich mit Beben und Bränden gegen die Überheblichkeit der Spezies Mensch.

»Viele seiner frühen Texte waren protest-affin, und das ist mir wichtig: über den Stand der Dinge in unserem Land und in der Welt reden! Daher sind Songs wie "Bad Moon Rising" und "Wrote A Song For Everyone", die er in den späten 60ern und frühen 70ern geschrieben hat, immer noch relevant.« "Bad Moon Rising" ist sicherlich einer der bekanntesten Rock-Songs, der zur Sprache bringt, was wir uns und unserer Erde antun. "Wrote A Song For Everyone" ist die Anteilnahme des weißen Mittelschichtlers für die Nöte des Sozialhilfeempfängers und das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Solidarität.

»Eines der Dinge, das ich an diesem Album liebe, ist, dass die Leute bereits mit so vielen dieser Songs etwas verbinden. Und für mich ist das Verbinden mit Menschen einer der Gründe, warum ich gerne singe ... singen muss. Ich weiß, dass wir alle Teil einer großen Gemeinschaft sind, und im Innersten von allem, was uns vereint und trennt, haben wir immer noch so vieles gemeinsam und so viel, das wir teilen können. Wenn Musik wie diese uns alle ein bisschen mehr zusammenbringen kann, bin ich mehr als glücklich, ein Instrument dafür zu sein.«

Das allerletzte Stück ist dann das improvisierte "Lookin' Out My Back Door" mit Unterstützung durch Rusty Young, Jesse Dayton, Aubrey Richmond und Dave Darling. Die Botschaft ist: Der Spielmann ist ein Wandermusikant, der nur nach Hause kommt, um es alsbald wieder zu verlassen. Die Show geht also immer weiter, aber ... ein Musikalischer ist der einzige Klimawandel, den wir ohne Widerspruch tolerieren.





Photo Credits: (1)-(2),(5) Janiva Magness, (3)-(4) John Fogerty, (6) Dave Darling, (7) Rusty Young, (9) Zachary Ross, (10) Jesse Dayton, (11) Sam Morrow (unknown/website); (8) Taj Mahal (by The Mollis).


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