Ausgabe 8 2/99

FolkWorld CD-Besprechungen

Dog

Tannahill Weavers "Epona"
Label:
Green Linnet; GL1193; Spielzeit: 54.21 min
Die Tannies bleiben mit ihrem, wie sie sagen, wahrscheinlich letztem Studioalbum des 20. Jahrhunderts ganz ihrem typischen Klangbild treu. Freundlicherweise liefern sie im Booklet gleich die nötige Statistik: Dies ist, wenn man die Compilations mitzählt, das 14. Tannahill Weavers Album dieses Jahrhunderts. Wie immer ist die Qualität der Musik sehr hoch - man hört sofort, hier sind eingefleischte Meister am Werke. Die Meister, die da zu hören sind, heißen - wie schon bei dem Tannahill Weavers Album Nr. 13 - Roy Guillane (Gesang, Gitarre), John Martin (Fiddle, Cello, Bodhrán), Duncan J Nicholson (Pipes, Whistles), Les Wilson (Gesang, Bouzouki, Guitar, Keyboards) und Phil Smillie (Flute, Whistle, Bodhrán, Gesang). Überraschungen haben die Fünf uns nicht zu bieten - dafür aber zeitlos gute Musik ohne Experimente, die immer den gleichen, schottischen und unverwechselbaren Tannahill Weavers Sound hat.
Wer weiß, vielleicht bietet ja das neue Jahrhundert neue Überraschungen von den Tannies. Im Booklet machen sie sich schon Gedanken darüber, wie das Medium aussehen wird, auf dem sie dann aufnehmen werden - vielleicht klein genug, um einen Hemdenknopf zu ersetzen? Oder wird man gar das nächste Tannies Album versehentlich in eine Parkuhr stecken können? Nun, man sieht, so ganz sorgenfrei gehen diese altetablierten Schotten doch nicht ins nächste Jahrhundert; da versteht man schon, daß sie zumindest musikalisch erst einmal auf dem bisherigen, erfolgserprobten Pfad bleiben wollen. Außerdem - warum sollte man nicht das letzte Mal in diesem Jahrhundert noch einmal ganz den Wurzeln und dem Jahrhundert treu bleiben?
Green Linnet; Tannahill Weavers
Michael Moll


Ian Melrose "Between the sighs"
Label:
Slow Motion Records, Nr. 391302, Spielzeit: 41:16 min.
"Ein Seufzer kann viele verschiedene Gefühle oder Gemütszustände ausdrücken", wie die zweite Soloplatte von Ian Melrose eingeleitet wird. So reicht denn auch die Bandbreite der CD von einfühlsam bis beschwingt, und so wie 'The sigh of awakening' klingt, ist der Wahl-Berliner kein Morgenmuffel. Die elf Gitarrenstücke überzeugen wie schon auf 'Wolves' durch Melroses exzellentes Fingerpicking und sind auch Nicht-Gitarristen sicherlich zu empfehlen.
Slow Motion, Untermatten 12-14, 79282 Bellrechten-Dottingen, Tel: 05401/41334 Fax: 05401/44862 e-mail
Ian Melrose's Homepage and e-mail

Thomas Kamphans


V/A "Seka ["Sister"]"
Twah!/EFA 61113-2; 17 Tracks
"Seka" heißt "Schwester", Seka ist aber auch die Abkürzung für "Seminara Kuca", ein Erholungs- und Seminarhaus auf der Adriainsel Brac in Kroatien, in dem Fortbildungsseminare und Erholungsmöglichkeiten für Frauen und Kinder aller nationalen und religiösen Gruppen aus den Kriegsgebieten des ehemaligen Jugoslawien angeboten werden. "Seka" ist weiterhin der Titel einer Benefiz-CD zugunsten des gleichnamigen Projekts, auf der 17 irische, britische und amerikanische Folk- und Folkrockmusiker ihre Musik darbieten. 17 zum Teil exklusive Songs von der Oysterband, Mary Black, Ralph McTell, Capercaille, Eliza Carthy, Pressgang, Maddy Prior, John Doe, Alison Krauss, Show of Hands, Whisky Priests, Forrester, Chris & Carla, Shane MacGowan & The Popes, Jackie Leven, Rory Mcleod und Mary Coughlan. So wie das Seka-Projekt ein Zeichen des Zusammenwachsens setzt, handeln auch die Lieder von Krieg und Hoffnung, die CD bietet nebenbei aber auch einen guten Überblick über die aktuelle Szene.
Walkin' T:-)M


More Maids "More"
Label: Big Oz Music; 5 Titel; Spielzeit: 20.09 min
Das kurze Debut-Album der drei "More Maids" Marion Fluck (flute, backing vocals), Barbara Steinort (bouzouki, vocals) und Gudrun Walther (fiddle, box, backing vocals) enthält zwei Songs und drei Tune-Sets. Die gute abgemischte CD zeigt ein Auswahl des aktuellen Live-Programms der "Maids", eine Mischung aus "contemporary folk" und "Irish / Scottish trad". Herausragend ist das Zusammenspiel der beiden Melodie-Instrumente (Fluck und Walther spielten und spielen gemeinsam auch in anderen Gruppen...), die Begleitung ist solide und manchmal auch eher außergewöhnlich ("The Morning Dew"). Dougie MacLeans Song "Ready for the Storm" wurde gefühlvoll arrangiert - hier merkt man, daß die drei Musikerinnen mit Herz bei der Sache sind. Einziger Wermutstropfen ist neben der Kürze des Albums der letzte Track: Die A-capella- Version von "Caledonia" wirkt etwas dünn und hätte sich sehr gut als "hidden track" geeignet. Insgesamt ist dies aber eine der besten deutschen "Irish trad / folk"-Produktionen des Jahres 1998.
More Maids, Tel.: +49-621-313101
Marcus Metz


Acoustic Drive "Saguaro Woods"
Label: Jones'n'Jones Records; JJ 97209; 12 Stücke; Spielzeit: 45.00 min
Mein allererster Eindruck von dieser CD war "au weia, da versucht wieder ein Deutscher, den Blues zu singen und es geht wie meistens daneben"; zum Glück trifft dies allenfalls auf das erste Stück zu, wenngleich Rainer Brunn durchaus besser beraten wäre, auf deutsch zu singen statt mit deutschem Akzent auf englisch.
Acoustic Drive ist ein Trio, bestehend aus Rainer Brunn (Gitarren), Stephan Zirkel (Mandolinen, Dobro) und David J. Woodford (Baß). Acht der zwölf Stücke sind Lieder, in der Regel gesungen von Rainer Brunn mit Unterstützung der anderen beiden. Das Album besteht aus akustischen Arrangements von Lieblingsstücken der Band und einigen Eigenkompositionen. Die Coverversionen bedienen sich verschiedener nordamerikanischer Stilformen: von Marvin Gayes Soul-Klassiker "I Heard It Through The Grapevine" und dem Doobies-Hit "Long Train Running" bis hin zu Country / Bluegrass-Stücken wie Guy & Susan Clarks "Ol' Friends", Russ Barenbergs "Magic Foot" und David Grismans "Opus 38".
Die Instrumentalstücke sind bei weitem am besten gelungen. Das Wechselspiel von Stephan Zirkels Mandoline und Rainer Brunns Gitarre in "Opus 38" erinnert positiv an den beeindruckenden Filmmusik-Klassiker "Dueling Banjos". "Magic Foot" und Zirkels Eigenkomposition "Reel of Fortune" stellen ebenfalls seine Mandolinenkünste unter Beweis, während er auf dem Titelstück der CD (dem eine Reise durch den Südwesten der USA als Inspiration diente), einer weiteren Zirkel-Komposition, durch sein Dobrospiel überzeugen kann.
Die CD ist ein wunderbarer Begleiter für einen gemütlichen, entspannten Nachmittag zu Hause.
Anja Beinroth


Coinneach "Ice, Trees and Lullabies"
Label:
KRL/Lochshore Records; CDLDL1280; 11 Stücke (+1 versteckt); Spielzeit: 53.27 min
Coinneach sind eine junge schottische Band, die sich musikalisch im Fahrwasser der Levellers und der Waterboys bewegt. Im Vordergrund stehen Debbie Swansons Geigenspiel und Davy Cowans Gesang, untermalt von den anderen Bandmitgliedern mit Keyboards, Mandola, Baß und Schlagzeug. Die meisten Lieder (allesamt komponiert von Sänger Davy Cowan) zeichnen sich durch eingängige, schwungvolle Melodien aus, die leicht ins Ohr gehen und zum mitsummen, wenn nicht gar zum tanzen einladen. Einige langsamere Stücke sorgen für Abwechslung. Besonders gut gefällt mir die Ballade "Still November", die die Hilflosigkeit der Angehörigen nach dem plötzlichen Verschwinden eines Familienmitglieds beschreibt.
Coinneach stammen aus den schottischen Highlands, und das naßkalte, stürmische Wetter dieser Gegend dient Davy Cowan offensichtlich immer wieder als Inspiration für seine Lieder; zumindest kommt es in den meisten seiner Texte vor.
Eine sehr gute Folkrock-CD, die mit mehrfachem Hören immer besser zu werden scheint. Sehr zu empfehlen.
KRL/Lochshore Records' Coinneach-Seite
Anja Beinroth


Jigme Drukpa "Endless Songs from Bhutan"
Label: Grappa / Heilo; HCD 7143; 16 Stücke; Spielzeit: 55.24 min
Jigme Drukpa ist ein Musiker aus Bhutan, der derzeit in Norwegen lebt, wo er an der Universität Bergen studiert. Er spielt verschiedene traditionelle Instrumente aus seinem Heimatland: die Dra-nyen (bhutanesische Laute), Yangshin (asiatisches Hackbrett), Dong lim und Zur lim (Flöten) und Kong-tha (Bambus-Maultrommel). Dazu singt er in den beiden charakteristischen Stilen bhutanesischer Volksmusik, Zhung-dra und Bö-dra. Mit diesem Album (der ersten CD-Veröffentlichung bhutanesischer Musik) möchte er die Musik seiner Heimat, die außerhalb des Landes sonst äußerst selten zu hören ist, international bekannt machen.
Bhutan ist im Laufe seiner Geschichte nie besetzt worden und war auch nie selbst Kolonialmacht, so daß sich seine Kultur weitgehend eigenständig entwickeln konnte. Jigme Drukpas Musik erinnert mit den langgezogenen Tönen des Gesangs und der musikalischen Untermalung durch die Laute oft ein wenig an die Obertonmusik aus Tuva und der Mongolei. Die Flötenstücke ähneln dagegen eher der Musik der nordamerikanischen Ureinwohner. Insgesamt klingt für westliche Ohren alles sehr exotisch und evoziert wilde, einsame Landschaften. Die Pressemitteilung bezeichnet die Musik als meditativ und besänftigend, was irgendwie auch ganz zutreffend ist. Gewöhnungsbedürftig, aber lohnend; wenn man sich erstmal eingehört hat, erschließt sich die eigenwillige Schönheit dieser Musik.
Grappa Musikkforlag
Anja Beinroth


Morten Alfred Høirup "Vingården (the Vineyard)"
Label: Between Your Ears Productions; BYEP CD 001; 9 Stücke; Spielzeit: 40.40 min
Morten Alfred Høirup ist der Gitarrist des American Cafe Orchestra, und dies ist seine erste Solo-CD. Er nutzt sie vor allem dazu, sein Talent als einfallsreicher Komponist und Arrangeur unter Beweis zu stellen, so daß es sich nicht in erster Linie um ein "Gitarrenalbum" handelt, wenngleich Høirups Gitarre auf allen Stücken zu hören ist. Vielmehr läßt er seinen Gästen viel Freiheit, sich mit ihren Instrumenten in den Vordergrund zu spielen, was die gesamte CD sehr abwechslungsreich erscheinen läßt.
Høirup hat sich für seine CD zum einen seine Kollegen vom American Cafe Orchestra, Ruthie Dornfeld (Viola, Geige) und Tapani Varis (Baß, Flöte, Maultrommel) ins Studio geholt, zum anderen das dänische Trio Lang Linken: Carl Erik Lundgaard (Akkordion), Poul Lendal (Geige, Drehleier, Maultrommel, Perkussion) und Keld Nørdgaard (Geige, nordische Dudelsäcke, Kantele). Die Vielfalt der Instrumente läßt den Abwechslungsreichtum der ausgefeilten Arrangements erahnen.
Das Album besteht aus sechs Instrumentalstücken, komponiert von Høirup, und drei traditionellen Liedern. Bei den Instrumentalstücken handelt es sich um Tänze mit unterschiedlicher Rhythmik (3/4, 7/8 und 5/8 Takte), die so langsam und präzise vorgetragen werden, daß sie eher zum Zurücklehnen und konzentrierten Zuhören einladen als zum Tanzen. Die Lieder sind alte dänische Balladen, in denen mythische Geschichten aus der dänischen Sagenwelt erzählt werden. Die insgesamt wunderschöne CD ist tief in der dänischen Tradition verwurzelt und zugleich ein äußerst moderner Beitrag zu dieser Tradition.
Weitere Informationen
Anja Beinroth


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© The Mollis - Herausgeber von FolkWorld; Veröffentlicht 2/99

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