FolkWorld #81 11/2023
© Michael Engstfeld

Tønder Festival 2023 – Handmade Music

Gentlemens Circle ft. Liam Ó Maonlaí

Tønder Festival

24-27 August 2023


Tønder Festival @ FROG

www.tf.dk

Artist Video Liam Ó Maonlaí @ FROG

www.liamomaonlai.ie

Nach drei Jahren Abwesenheit, bedingt durch Corona Lockdowns und privatem Umzug, endlich wieder auf dem Festival der Herzen. Von über 100 Angeboten in vier Tagen schafften wir immerhin 36 Auftritte ganz oder zumindest teilweise zu erleben.

The Unthanks

Artist Video The Unthanks @ FROG

www.the-unthanks.com

Der Donnerstag wurde eröffnet mit einem schmissigen Auftritt von Dustbowl Revival, der Band aus Venice Beach, Kalifornien, die man durchaus weiter in Richtung New Orleans oder Mexikanischer Grenze verorten könnte. Ganz erfrischend der Stil- und Instrumenten-Mix von Saiten-, Blech- und Schlaginstrumenten. Ein sehr gelungener Auftakt einer Spitzen Liveband auf der Open Air Bühne, die sofort gute Laune verbreitete.

Ein absolutes Highlight des Festivals waren für mich The Unthanks. Ihre Kunst vom Tonträger zu erleben ist schon ein Genuss, live ist es ein Hochgenuss. Dabei fügen sich nahtlos moderne Interpretationen, wie z.B. King Crimson’s Starless, harmonisch in ihr Gesamtkunstwerk ein.

Emily Scott Robinson trat am Donnerstag im wunderschönen Bolero Spiegelzelt auf und präsentierte u.a. Songs ihrer EP Built On Bones, deren Inhalt die Hexen von William Shakespears in Macbeth zum Thema haben. Am Freitag gesellten sich auf der Bühne von Zelt 1 noch Alisa Amador und Violet Bell zu Miss Robinson, die ebenfalls auf Built On Bones vertreten sind. Besonders berührend fand ich Emily Scott Robinsons Lieder, die auf sehr persönlichen, teils tragischen Erfahrungen beruhen.

Buffalo Nichols war mir zuerst aufgefallen durch sein Mitwirken an der Initiative Playing For Change, deren zahlreiche Folgen auf YouTube zu finden sind (Tipp: When The Levee Brakes). Auch hier gilt: Konserve ist gut, live ist besser. Der gebürtige Texaner hat das Zeug, den Blues mit seiner markanten Stimme und seinem einzigartigen Gitarrenspiel, in die Zukunft zu transportieren.

Kernigen Southern Country-Rock bot Blackberry Smoke auf der Open Air Bühne. Jeder Musiker ein ausgezeichneter Solist, kam die geballte Kraft der Gruppe aus Atlanta am besten als Ensemble rüber.

Weiter ging es im kleinen Klubscenen Zelt mit der außergewöhnlichen Sierra Ferrell. Sie ist gleichzeitig Naturtalent und Naturereignis. 1988 in West Virginia geboren, verarbeitet Ferrell in ihren Songs neben Americana, Bluesgrass und Country auch Einflüsse von Goth Metal bis Techno. Mit ihren drei Begleitmusikern bot Sierra Ferrell auch am Freitag auf der Open Air Bühne einen sehr erfrischenden Auftritt.

Ein Wiedersehen gab es nach seinem begeisternden Auftritt 2018 mit Singer/Songwriter David Ramirez. Seine starke Stimme, seine Bühnenpräsenz unterstreichen die bissigen, kritischen Texte, die die aktuelle gesellschaftliche und politische Situation in den USA widerspiegeln. Aber auch seine eher persönlichen Lieder sind ein Genuss. Ramirez gesellte sich auf Samstag noch in den Gentlemen’s Circle.

In Zelt 1 tobte das Publikum später zu Shane Smith & The Saints. Zu der kraftvollen Mischung aus Southern Rock, Americana und Country konnten die Fans nicht auf ihren Stühlen sitzen bleiben. Für eine Fangruppe, die extra aus Schweden angereist war, steht fest, dass es sich um die beste Band der Welt handelt. Zumindest haben die Jungs aus Austin, Texas einen 1a-Liveauftritt hingelegt.

Niteworks aus Schottland kratzten am Festivalmotto „Handmade Music“. Äußerst beeindruckend war für mich die Melange aus traditionellen keltischen Klängen und gälischen Stimmen mit elektronischem Sound sowie einer aufwändigen Lightshow, dargeboten am Freitag Open Air, sowie Samstag in Zelt 1. Ihre Musik ist über das Künstlerportal Bandcamp zu erwerben.

Im Gentlemen’s Circle trafen sich am Samstag neben David Ramirez noch Liam O’Maonlai (Hothouse Flowers), sowie die drei Kanadier Ariel Posen, der Willie Stratton und Aysanabee. O’Maonlai’s Soloauftritt habe ich leider verpasst, konnte ihn aber eben hier mit originellen Geschichten, starken a-cappella Beiträgen sowie grandiosem Bodhran Spiel genießen. Am Abend unterstützte er außerdem noch seine irischen Landsleute der Band Kila am Keyboard.

Leftover Salmon

Artist Video Leftover Salmon @ FROG

www.leftoversalmon.com

Die Mary Wallopers schickten sich am Samstag an, in die Fußstapfen der Dubliners zu treten. Rauf- und Sauflieder zu Hauf, und natürlich das obligatorische, traditionelle England-Bashing. Mit anderen Worten: jede Menge Spaß auf und vor der großen Open Air Bühne.

Sarah Jarosz

Artist Video Sarah Jarosz @ FROG

www.sarahjarosz.com

Ein ganz Großer betrat gegen Abend die Bühne: Graham Nash, mittlerweile 81 Jahre alt, legte mit seiner Band einen sehr beeindruckenden Auftritt hin. Die gut gewählte Setlist tat ihr übriges: von Bus Stop aus seinen Hollies Zeiten, über die berühmte Ära mit Crosby, Stills, Young, seiner Verbindung mit Joni Mitchell, seine aktuellen Solo-Werke, bis zur wunderbaren Buddy Holly Hommage (Everyday), gab Nash alles, was das Herz begehrte.

Ein Genuss war auch der Auftritt von Sarah Jarosz, die mit Charme, wunderbarer Stimme und tollen Songs das Publikum für sich einnahm. Bereits 2011 und 2017 war Sarah Gast in Tonder. Dieses Jahr erschien sie noch weiter gereift, was wohl auch zahlreiche Grammy Nominierungen und Auszeichnungen belegen. Daheim in den USA arbeitete Sarah Jarosz mit namhaften Künstlerinnen und Künstlern zusammen, tourte u.a. mit Shawn Colvin und Marc Cohn, schrieb Songs gemeinsam mit John Leventhal.

Auf ebenso hohem Niveau begegnete uns Aoife O’Donovan, die neben ihrem eigenen Material in einem besonderen Set das komplette Bruce Springsteen Album Nebraska interpretierte. Zur Seite standen ihr bei einigen Songs u.a. Sarah Jarosz, John Doyle, Michael McGoldrick und John McCusker.

Einen extrem dynamischen Auftritt legten Kila am Abend in Zelt 2 hin. Die irische Band, gegründet Ende der achtziger Jahre, verbindet irische Wurzeln mit Einflüssen aus aller Welt. Bodhran Spieler Rónán Ó Snodaigh fegte bis zur Erschöpfung wie ein Derwisch über die Bühne; die ganze achtköpfige Band war in Bewegung. Diesen Druck habe ich zuletzt Ende der 90er in Cambridge beim Afro Celt Sound System erlebt. Ein echter Höhepunkt des diesjährigen Festivals für mich.

Ein Name auf meiner „unbedingt-anhören-Liste“ war Israel Nash mit Band. Seine Musik wurde u.a. als „Dreamy Folk“ bezeichnet, was es meinem Eindruck nach ziemlich genau trifft. Natürlich lassen sich verschiedene Stilarten wie Americana, Country, Soul aus seiner Musik heraushören; wichtiger ist jedoch der stimmige Gesamteindruck. Und der passte ausgezeichnet. Toller Gig von erstklassigen Musikern!

Viel besser als mit den Leftover Salmons aus Boulder, Colorado hätte das diesjährige Festival nicht enden können. Da war im Bolero Zelt noch mal richtig Party angesagt. Ihr Stilmix aus Bluegrass, Cajun, Country etc. stiftete das ausgelassene Publikum noch mal richtig zum Abrocken an und stiftete bereits jetzt Vorfreude auf das Tonderfestival 2024.



Kila

Graham Nash

Emily Scott Robinson


Niteworks

Blackberry Smoke

Dustbowl Revival


Aoife O'Donovan

Sierra Ferrell

David Ramirez



Photo Credits: (1) Liam Ó Maonlaí, (2) The Unthanks, (3) Leftover Salmon, (4) Sarah Jarosz, (5) Kila, (6) Graham Nash, (7) Emily Scott Robinson, (8) Niteworks, (9) Blackberry Smoke, (10) Dustbowl Revival, (11) Aoife O'Donovan, (12) Sierra Ferrell, (13) David Ramirez (by Michael Engstfeld).


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