FolkWorld Ausgabe 38 03/2009; Artikel von Uli Joosten
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Ausgewogenheit und Vielfalt
20 Jahre St. Patrick's Day Celebration Festival 2009
Zu Beginn der neunziger Jahre hätte wohl niemand ernsthaft daran gedacht, dass das St. Patrick’s Day Celebration Festival einmal das zwanzigjährige Jubiläum feiern wird. Allen Kritikern zum Trotz blicken Petr Pandula und Magnetic Music auf eine Erfolgsgeschichte zurück.
Wie kam es zum St. Patrick’s Day Celebration Festival?
Petr Pandula: Ich war früher Musiker und habe mit meiner Band Irish Folk gespielt. Das war in den Achtzigern. Damals gab es immer wieder Bemühungen, zum irischen Nationalfeiertag um den 17. März irische Nächte mit mehreren Gruppen zu basteln - teilweise aber mit sehr dubiosen Ergebnissen. Man kann einiges falsch machen, wenn man eine irische Nacht programmiert. Man kann Gruppen buchen, die sich ziemlich ähnlich sind, also alle z.B. nur Folk-Rock oder nur Instrumental spielen. Dadurch wird es für das Publikum irgendwann langweilig. Oder es kommen Gruppen zusammen, die alle als führendes Instrument z.B. die Fiddle haben und am Ende hat man einen Overkill an Fiddles. Ein gutes Konzept liegt in der Ausgewogenheit und Vielfalt. Irische Kultur ist sehr vielfältig und hat viele Stile. Die gut durchzumischen macht es für das Publikum interessant. Man kann es nicht jedem Geschmack recht machen, aber bei einer vielfältigen Auswahl werden bei drei Gruppen sicherlich eine oder auch zwei dabei sein, die einem gut gefallen. Die dritte nimmt man dann toleranter Weise mit.
Gab es über die Programmauswahl hinaus weitere Ideen so eine irische Nacht besser zu machen?
Oft waren die einzelnen Irish Folk Nächte nicht richtig gut abgemischt und die Session am Ende war auch oft nicht das Gelbe vom Ei. Ein tourendes Festival bietet Vorteile. Wenn man jeden Tag mit der gleichen Toncrew und PA arbeitet, kann man klangtechnisch reifen und dem Publikum einen super Gegenwert bieten. Wenn die Musiker über mehrere Tage zusammen auf Tour sind, lernt man sich besser kennen und damit reift auch die Session.
Aus der Sicht eines örtlichen Veranstalters ist es mühsam, sich für ein einziges Konzert ein Plakat und Presseinfos zu basteln, was in einer niedrigen Auflage zudem teuer ist. Bei einer Tour drucken wir aber viele Plakate und Handzettel und dadurch werden sie preiswert. Für ein einziges Konzert ist es sinnlos, bundesweite Anzeigen zu schalten. Für eine Tour lohnt es sich.
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Du veranstaltest neben dem St. Patrick’s Day Celebration Festival auch das Irish Folk Festival. Wie unterschieden sie sich?
Einmal durch die Wahl der Städte. Ich achte darauf, dass wir nicht die gleichen Städte bespielen. Somit ist es mir gelungen, die Basis des Musikstils auszuweiten und die Irish Folk Bewegung zu verbreiten. Weil der irische Nationalfeiertag weltweit gefeiert wird, haben wir auch ein recht weltoffenes Konzept irische Kultur abzubilden, wo sie überall auf der Welt ihre Blüten treibt. Weil Iren nach USA, Kanada, Australien und wohin auch immer ausgewandert sind, gibt es da überall sehr guten Irish Folk oder Celtic Rock. Beim Irish Folk Festival konzentrieren wir uns mehr auf die Künstler der Grünen Insel.
Und man darf auch nicht vergessen, dass ich 1990 als das erste SPDCF auf Tour ging, nicht der Macher des IFF war. Das war damals Carsten Linde. Ich war eine Generation jünger als Carsten. Und wie es eben bei verschiedenen Generationen so ist, man hat einen etwas anderen Blickwinkel und Geschmack. Das IFF tat sich schwer, Celtic Rock zu präsentieren. Ich kann mich noch gut an ein Konzert des IFF in Stuttgart erinnern, als bei der rockigen Davy Spillane Band ein Drittel des Publikums nach dem zweiten Stück die Halle unter Protest verlassen hat. Mit dem SPDCF hatte ich das Glück des Neustarts. Wer neu anfängt, der wird nicht mit seiner Vergangenheit verglichen, weil er noch keine hat. Dadurch traf ich auf keine besonderen Erwartungen und konnte richtungweisende, experimentelle und moderne Gruppen wie Toss the Feathers, Kila, Dervish, Spirit of the West, Paperboys oder kürzlich die jazzigen McDades präsentieren. Weil ich damals ein junger Veranstalter war, war wohl auch mein Publikum jung. Heute sind die Fans von damals 20 Jahre älter und damit hat sich auch die Klientel des SPDCF der des IFF angenähert.
Was war deine wichtigste Entdeckung?
Ich kann stolz sagen, dass Rea Garvey, der Frontman der Gruppe Reamonn, beim SPDCF 1995 als
Frontman der Reckless Pedestrians in D sein Debüt gab und seine erste CD auf unserem Label
veröffentlichte. Und man fühlte es jeden Abend – hier bahnt sich etwas Großes an.
Nach welchen Kriterien suchst Du die Bands aus?
Zunächst achte ich darauf, dass Bands nicht triviale Klischees und romantisierende Vorstellungen über die grüne Insel verbreiten. Ich habe schon viele Demos bekommen oder Bands live gesichtet, die Irland hochleben lassen, aber im Grunde genommen treten sie die Würde des Landes mit den Füssen.
Warum?
Weil sie Irland und seine Bevölkerung z.B. stereotyp als einen Haufen ständig besoffener Raufbolde präsentieren. Meistens sind es Celtic Rock Gruppen, die die Pogues imitieren. Daher habe ich bei Folk Rock oder Celtic Rock Gruppen ganz scharfe Auswahlkriterien angelegt. Man hat es da oft weder mit guten Folk- noch Rockmusikern zu tun. Die Folkmusiker suchen die Zuflucht im Folk Rock, weil sie nie als traditionelle Band bestehen könnten. Mittelmäßige oder schlechte Rockmusiker weichen dem Leistungsdruck unter den Zehntausenden Pop- und Rockbands aus, indem sie sich in den Folk Rock verdingen. Ich habe aber immer nach Bands gesucht, die sowohl glaubwürdige Roots hatten als auch richtig rocken konnten - vor allem mit Swing rocken konnten, statt nach teutonischer Marschmusik zu tönen. Jigs & Reels sind Tanzmusik und das geht nicht gut zusammen mit dem Stechschritt einer deutschen Militärkapelle. Ich weiß, dass ich mich mit solchen Äußerungen in der Vergangenheit unbeliebt gemacht habe. Aber letztendlich muss eine Bewegung auch um gewisse Leitlinien kämpfen. Ohne eine gewisse Ideologie, die sich an anderen reibt, treten wir alle gemeinsam auf der Stelle.
Nach 20 Jahren wissen die Fans genau, dass sie beim SPDCF Celtic Rock mit echten Roots bekommen
![]() The Outside Track @ FolkWorld: FW #34 |
Wie hat sich das Festival über die Jahre entwickelt, welche Veränderungen gab es in der Musik und in der Wahrnehmung durch das Publikum?
Es wird schwieriger Bands zu finden, die als Quintett oder Sextett auftreten und damit einen großen Sound kreieren. Warum? Die großen Bands finden weltweit immer weniger gut bezahlte Auftrittsmöglichkeiten, von denen eine große Gruppe leben könnte. Zudem sind die Transportkosten für Schlagzeug, Bass Verstärker, Perkussion, Keyboards usw. hoch. Die Airlines machen es den Künstlern immer schwieriger, mit Backline zu reisen. Also sind es die Musiker leid, große Einheiten am Leben zu halten. Dadurch wird die Luft für uns Veranstalter aber auch dünner, große und vor allem gute Bands zu präsentieren.
Haben sich die Musiker auch verändert?
Die Musiker werden immer professioneller. Sie sind viel besser organisiert als sie es mal waren. Sie leben gesünder. Das macht es für uns Veranstalter auch einfacher.
Und die Veranstalter?
Die Veranstalter sind auch besser und professioneller geworden. Früher hat es hie und da auch ein schwarzes Schaf unter ihnen gegeben. Die örtlichen Veranstalter von heute sind kaufmännisch gut im Bilde und seriös. Nach 20 Jahren SPDCF muss man nicht nur das Festival sondern vor allem auch die Leute hochleben lassen, die teilweise 17 oder 18 Jahre am Stück das SPDCF jedes Jahr gut durchgeführt haben! Danke liebe Kollegen!
Wie empfindest Du das Publikum?
Das Publikum hat sich auch positiv entwickelt. Es ist viel toleranter und mit uns gemeinsam älter geworden. Leider wachsen nicht so viele junge Zuhörer nach, wie ich es mir wünschen würde.
Warum ist dem so?
Das mediale Umfeld hat sich negativ entwickelt. Durch die Einführung des Formatradios, haben die Sender feste Vorgaben, die sie erfüllen müssen. Weltmusik und Irish Folk kommen dabei nicht mehr vor. Wenn ein Redakteur gegen das Format vorstößt, wird er abgemahnt. Macht er es wieder, dann fliegt er. Also haben wir immer weniger Unterstützung und Werbung. Junge Menschen, die vorwiegend die für sie vorgesehenen Formate konsumieren, haben nie die Chance, Folk oder Weltmusik kennen zu lernen und damit in einem Folkkonzert zu landen. Damit fehlt uns und auch den Mitbewerbern der Nachwuchs. Eine sehr besorgniserregende Entwicklung.
Wie sieht die Festivaltour in Zeiten der Rezession aus? Fürchtest Du sinkende Zuschauerzahlen?
Wer von Hartz IV leben muss, der kann sich kaum ein Konzert leisten. Auch wenn die Eintrittspreise unter 10 Euro liegen würden. Aber mit 10 Euro Eintritt kann man nie die Kosten eines SPDCF oder IFF einspielen. Die Eintritte müssen zwingend je nach Stadt und Halle zwischen 20 und 30 Euro liegen. Dabei ringen die örtlichen Veranstalter und ich immer um jeden Euro beim Eintrittspreis hin und her, denn wir wissen, wie klamm bei Kasse die Bevölkerung ist. Obwohl wir uns um eine moderate Gestaltung der Eintritte bemühen, müssen wir oft hören, dass die Konzerte zu teuer sind. Das stimmt aber nicht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Leider leben wir in keinem Elfenbeinturm sondern in einer kaufmännisch bestimmten Realität. Der Eintrittspreis setzt sich zusammen aus allen Kosten geteilt durch die geschätzte Zahl der Zuschauer.
Was hältst Du von der GEMA?
Eine ganz traurige Rolle spielt die GEMA und die Künstlersozialkasse (abgekürzt KSK). Zwar geben diese Institutionen vor, im Sinne der Künstler zu agieren, aber letztendlich treiben sie nur die Kosten und damit die Eintrittspreise in die Höhe. Das führt aber dazu, dass weniger Konzerte veranstaltet werden und vernichtet Arbeitsplätze der Künstler. Das Geld, das sie bei uns Veranstaltern kassieren, kommt im seltensten Falle auch beim Künstler an. Alleine beim IFF werden bei 28 Konzerten im Schnitt 800 Euro GEMA pro Konzert abgeführt. Das sind 22.400 Euro für eine Tour!
![]() Searson @ FolkWorld: FW #38 |
Wie erleben die irischen Musiker die Tour – als Festival oder als knallharte Arbeit?
Oft ist es so, dass man auf Tour erst gegen zwei Uhr früh sein Adrenalin abgebaut hat und endlich schlafen kann. Bei einer langen Fahrt am nächsten Tag, muss man schon um sieben oder acht Uhr aufstehen. Imponiert hat mir all die Jahre, dass die Musiker nie den Eindruck machen, es wäre ihnen zu viel. Auch wenn man hie und da zehn oder zwölf Tage ohne einen freien Tag durchspielt, ist das selbstverständlich. Man gibt mir eher das Gefühl, je mehr Konzerte ich buchen kann, umso besser ist es. Die junge Generation von Musikern arbeitet während der Fahrt, zwischen Soundcheck und Konzert oder dann spät nachts im Hotel weiter. Jeder hat seinen Laptop und iPhone. Konzerte in anderen Ländern müssen organisiert, Vertriebe und Medien müssen betreut sein, Fanmail beantwortet, Flüge gebucht werden. Man arbeitet also mehr oder weniger rund um die Uhr. Wer so viel Einsatz bringen muss, der macht es auf jeden Fall freiwillig und weil er genau in diesem Beruf sein will. Die Musiker haben eine hohe Arbeitsmoral. Trotzdem verstehen sie immer noch richtig zu feiern. Aber so exzessive Partys wie sie in den Achtzigern an der Tagesordnung waren, gibt es heute nicht mehr so oft.
c. Magnetic Music. Das Interview entstand auf der Grundlage eines Gespräches anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums zwischen dem FOLKER!-Mitarbeiter Uli Joosten und Petr Pandula und wurde durch Fragen ergänzt, die immer wieder über die Jahre gestellt wurden. |
Dank Magnetic Music sind wir in der Lage, jeweils 2 Eintrittskarten für jedes Konzert der St. Patrick's Day Celebration Festival Tour 2009 zu verlosen. Verlosung abgeschlossen! |
Photo Credits:
(1) St. Patrick's Day Celebration Festival Logo;
(2) Fallen Angels;
(4) The Outside Track;
(6) Searson
(by Magnetic Music)
(3),(5) SPDCF Session 2006 & 2007
(by Adolf 'gorhand' Goirup).
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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 03/2009
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