"Die Niederlieder" ist der Versuch Friedrich Hlawatschs, Schlager-, Varieté- und Kabarettmusik aus den Niederlanden im allgemeinen und der Hauptstadt Amsterdam im besonderen in die deutsche Sprache zu übertragen und einem deutschsprachigen Publikum bekannt zu machen. Im Gespräch erinnert sich Hlawatsch an die Stationen seines Lebens, die ihn an diesen Punkt seiner musikalischen Karriere geführt haben.
Tom Keller (Walkin' Tom): Hallo Friedrich! Wie fing es mal mit der Musik an und wie hast du zu deutsch-sprachigem Liedgut gefunden?
Friedrich Hlawatsch: Angefangen habe ich im Jahre 1970 in der Countrygruppe “CCC inc”. Wir lebten 4 Jahre in einer Kommune, wie das damals eben so war, und ich stieg langsam vom Roadie zum Musiker auf. Einige von uns gründeten dann die nächste Gruppe, genannt “Slumberlandband”. Ich war der Leadsänger und wollte wie Joel Grey in Cabaret sein. In märchenhaften Konstümen spielten wir eigenartige, verträumte und leicht kalypso-beinflusste Musik. Während eines Gastspiels in Berlin entdeckten wir die Musik der Comedien Harmonists. Obwohl wir ziemlich erfolgreich waren, stieg ich von jetzt auf gleich aus, kaufte mir ein altes Segelbot und segelte einige Jahre im Mittelmeer herum. Es waren komische Zeiten… Inzwischen wuchs aus der verbliebenen Gruppe die nächste heraus: ”Doe Maar”, die erfolgreichste Popgruppe, die es jemals in Holland gegeben hat. Zu den Klängen einer Art von “weissen” Reggae fielen die Mädchen in Ohnmacht.
Ich habe es nie wirklich bereut. Mit meinem Eigensinn hätte ich nur schwer hineingepasst und womöglich hätte auch mein musikalisches Niveau nicht gereicht. Einen Hit von Doe Maar habe ich zum Spass übersetzt, er gehört nicht in die Reihe der “Niederlieder”. Ich kam wieder, als Doe Maar ausgerast war, und fing an, mit einem der Musiker aus dieser Gruppe Musiktheater zu machen. “Drie Heren” war schön, aber hoffnungslos unkommerziell.
Inzwischen entdeckte ich die Schönheit der deutsche Sprache. Auf einer Party trug jemand ein Gedicht von Christian Morgenstern vor und ich war von dem Klang der Sprache entzückt. Als der Film “Der Himmel über Berlin” (Wim Wenders) erschien mit den Texten von Peter Handke (“Als das Kind Kind war…”), wusste ich es sicher: Ich liebe die deutsche Sprache, besonders ihren Klang, was man damals in Holland immer noch als sehr eigenartig empfand. Ich wollte in Deutsch singen, weil ich es schön fand und weil es mich ärgerte, wie allergisch man in Holland darauf immer noch reagierte. Ich gründete die Gruppe “Freddie und die Düsenjäger” (www.fudd.nl). Wir sangen Hits aus den Jahren der 60er (Kriminaltango), 70er (Immer wieder Sonntag) und 80er (Geh nicht in die Stadt). Mit satanischen Vergnügen sah ich, wie sich die Mitglieder eines renommierten Kunstvereins “De Kring” (Die Kreise) daran erfreuten und sogar mitsangen.
Nun hast du ein Album mit dem Titel "Die Niederlieder" veröffentlicht, musikalische Klassiker aus Amsterdam übersetzt in die deutsche Sprache. Was ist die Idee dahinter?
Es wurde mir bewusst, dass man zwar in Holland viele deutsche Lieder kennt, möglicherweise auch heimlich liebt, aber man dagegen in Deutschland wenig über holländische Lieder weiss. Daher die Idee der “Niederlieder”.
Was sind das für Lieder?
Ich wählte die Lieder anhand der folgenden Kriterien aus:
Wer ist für die deutschen Texte verantwortlich? Und inwieweit stimmen diese mit den Originaltexten überein?
Die Übersetzung habe ich selbst gemacht. Dabei habe ich versucht, so nahe wie möglich am ursprünglichen Text zu bleiben. Eine Bekannte österreichischer Abstammung hat mich auf so manchen Fehler in der ersten Fassung aufmerksam gemacht. Ich habe zwar einen deutschen Namen und meine Mutter war Österreicherin, aber bei uns zu Hause wurde ausschliesslich niederländisch gesprochen. Wie sehr ich die deutsche Sprache auch liebe, ist sie immer noch sehr kompliziert für mich.
Bleibt nur, dir viel Erfolg mit den “Niederliedern” zu wünschen! Was liegt in nächster Zukunft an?
Bei dieser Selektion fehlen wahrscheinlich die meist-geliebten holländischen Liedermacher wie Annie M.G. Schmidt (Texte) und Harry Bannink (Musik). Annie hat ein so wichtiges und lustiges Œuvre, dass ich mein nächstes Projekt nur ihr widmen möchte. Es wird aber nicht leicht sein, ihren Humor zu übersetzen. Ausserdem möchte ich erst abwarten, wie die “Niederlieder” in Deutschland aufgenommen werden.
Photo Credits:
(1) Friedrich Hlawatsch (unknown/website).