FolkWorld #72 07/2020

CD Rezensionen

Andy Statman "Monroe Bus"
Shefarecords, 2019

www.andystatman.org

Dies ist das 35. Album, das der amerikanische Klarinettist und Mandolinenspieler Andy Statman aufgenommen hat. Ein beachtliches Werk. Während seiner Karriere lag ihm die Klezmermusik genauso am Herzen, wie der Bluegrass. Ohne Hürden zu erkennen wechselte er von einer Musikrichtung zur anderen und wieder zurück, bis sich die Gemeinsamkeiten verbanden und die Unterschiede verblassten. Sich auf einen Stil festzulegen, war ihm stets zu wenig. Besonders verpflichtet fühlt sich Statman der Musik des Countrymusikers Bill Monroe. Der gilt weithin als einer der Väter des Bluegrass. "Monroe Bus" sollte zunächst ein Album mit Interpretationen Monroes werden. Doch im Laufe des Projektes begann bei Statman die eigene Sichtweise auf die Musik Monroes die Oberhand zu gewinnen. "Monroe Blues" ist ein abwechslungsreiches Album voller dynamischer Songs, die von Statman und seiner Band auf originelle Weise interpretiert werden.
© Karsten Rube


Carmen Souza "The Silver Messengers"
Galileo Music, 2019

Artist Video

www.carmensouza.com

Carmen Souza hat im Laufe ihrer Karriere bereits einige Songs von Horace Silver interpretiert. Nun wurde es Zeit, dem 2014 gestorbenen Jazzpianisten ein ganzes Werk zu widmen. Das Album "The Silver Messengers" ist Ausdruck einer großen Verehrung der Künstlerin für Silver und eine Verbeugung vor dessen Schaffen. Silver besaß Eltern, die von den Kapverden stammten. Seine Musik war Zeit seiner Karriere von afrikanischen und lateinamerikanischen Einflüssen durchzogen. Carmen Souza fand in der Musik Silvers eine künstlerische Zugetanheit, wie sonst bei kaum einem anderen Musiker. Souzas Eltern stammen ebenfalls von den Kapverden. Sie selbst wurde in Lissabon geboren und fand dort zur Musik. Mit den ihr eigenen Mitteln, ihrer solitären Weise zu singen, ihren Arrangements und Texttüffteleien erweist sie der Musik Silvers auf die eigenwillige Weise Ehre, wie es nur eine Carmen Souza möglich machen kann.
© Karsten Rube


David Roth "Meet you where you are"
Stockfish Records, 2020

www.davidrothmusic.com

David Roth produziert seine Lieder seit Jahren bei Stockfish Records in Deutschland. Die Aufnahmen erscheinen als Super Audio CD, also in einer höheren Aufnahme- und Abspielqualität, die sonst nur bei Klassischen Aufnahmen angewendet wird. Auch "Meet you where you are" ist wieder in höchste Aufnahmequalität zu erleben. Klar erklingt die Gitarre des Musikers. Die 12 Songs des Albums hat er in den letzten 30 Jahren zusammengetragen. Die meisten sind neueren Datums. David Roth singt selbst und spielt dabei Gitarre. Nichts Außergewöhnliches, für einen Songpoeten. Lieder aus den Erfahrungen des Lebens, dem inneren Empfinden und dem äußeren Erleben zu schreiben ist für Davis Roth Berufung und Beruf gleichermaßen. Seine Stimme, die Weichzeichnung, mit denen er die Melodien und die Texte meist zu harmonischen Songs formt, erinnert an James Taylor. Die Freundlichkeit, die von seinen Liedern ausgeht, hat die Schönheit und das Positive des Lebens als Botschaft. Wissend, dass davon mehr benötigt wird, als allgemein vorhanden ist.
© Karsten Rube


Dobranotch "Mercedes Kolo"
CPL-Music, 2019

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www.dobranotch.ru

Im 21. Jahr des Bandbestehens servieren uns die russischen Klezmer-Balkan-Rumpler Dobranotch ein weiteres Highlight gut gemixter Spielfreude. "Mercedes Kolo" ist eine wummernde Liebeserklärung an den Spaß im Leben. Voller Dampf spielen sie sich eine Stunde lang in einen Balkanbeat Rausch, legen Klezmerspuren in die Melodien und tröten manchmal, als gehöre ihnen der ganze Rummelplatz. Ihr anarchistischer Umgang mit Musiktheorie bringt ein wildes Sammelsurium von Stilen und Rhythmen zum Vorschein, bei der trotz aller traditioneller Anstriche auch ein Griff ins Technofach nicht ausbleibt und sogar gelingt.
© Karsten Rube


Dom Duff "7vet Kelc`h"
Coop Breizh/Paganab, 2019

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www.domduff.com

Der Bretone Dom Duff hält sich nicht mit der Pflege der keltischen Tradition auf. Er stellt die lebendige Kultur der Bretagne selbst in den Fokus. Sein musikalischer Ausdruck ist dabei eher als wütender bretonischer Rock 'n Roll zu verstehen. "Power Folk" ist für die Musik Dom Duffs als Bezeichnung fast noch zu harmlos. "7vet Kelc'h" ist das siebente Album des Künstlers. Inspirieren ließ er sich von den Elementen der Natur: Wind, Meer, aber auch von der Deutung der Dinge, die um uns herum passieren. Dom Duff greift auch zu mythischen Elementen, beschwört Wolf, Teufel, Hexe und führt den Hörer in die Tiefe der Bretagne. Es ist faszinierend zu hören, wie der Musiker die bretonisch keltischen Momente von der Traditionspflege weg, in die moderne Erlebniswelt führt.
© Karsten Rube


Duo Bottasso e Simone Sims Longo "Biserta e altre Storie"
Visage Music, 2018

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www.duobottasso.com

Bizerta ist die nördlichste Stadt Afrikas. Verheißungsvoll richtet sich von dort der Blick nach Europa. Vier Charaktere aus der Stadt verfolgte der Dokumentarfilm "Biserta. Storia a spirale". Da ist ein Mädchen, das zum Boxtraining geht, aber gern das Land verlassen will. Mohamed, der Schriftsteller, der jahrelang im Gefängnis saß. Khaled, ein Handwerker und schiitischer Extremist und Dhia, der versucht ein Kino aufrecht zu erhalten. Den Soundtrack zu diesem Film komponierte das italienische Duo Bottasso. Ihr vorliegendes Album "Biserta e altre Storie" entwickelt die Stimmung des Filmes und die Empfindungen der Musiker weiter. Entstanden ist eine atmosphärische Soundcollage, eine eigene Klanglandschaft voller Risse und Kanten, überraschenden Wendungen und farbenfrohen musikalischen Bildern für den Kopf. Flügelhorn und Organetto werden dabei immer wieder von elektronischen Sequenzen begleitet, übersetzen Melodieführungen in Schwingungen. Stadtgeräusche, Naturgeräusche und Vogelstimmen untermalen das Leitmotiv, das immer wieder durchklingt. Die Verbindung europäisch und arabisch geprägter Kultur wird an vielen Stellen experimentell untersucht. Nicht immer will diese harmonisch erscheinen. "Biserta e altre storie" ist ein Album voller Widersprüche. Widersprüche, wie sie das Leben in Biserta mit sich bringen.
© Karsten Rube


Eleonora Bordonaro "Cuttini e lamé"
Finisterre, 2017

www.eleonorabordonaro.com

Die alte sizilianische Sprache, ein Dialekt des südlichen Italiens, stellt die Sängerin Eleonora Bordonaro in den Mittelpunkt ihres Albums "Cuttuni e lamé". Bordonaro stellt darin Sizilien als Insel der Frauen dar, die mit weiblicher Ironie, Witz und Verführung, seit Jahrzehnten die männliche Dominanz unterwandern. Spritzige Melodien, Tänze, Bluesartiges und Manoucheanklänge, Tarantellas und schmerzhafte Liebesballaden hat sie als Gestaltungsmittel benutzt, um 13 Lieder, manche davon traditionelle Volksweisen, zu Interpretationen zu formen, die von südlicher Lebenslust durchzogen sind.
© Karsten Rube


Franziska Günther "Besser wenn der Kopf nicht hängt"
Edel, 2019

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www.franziskaguenther.com

Nach ihrem gelungenen Debütalbum legt die Liedermacherin Franziska Günther mit "Besser wenn der Kopf nicht hängt" gekonnt nach. Wieder singt sie auf ihre eigene, manchmal etwas in die Länge gezogene Weise Lieder, die vor allem eins bewirken: positives Denken. Mag vielleicht in einigen Liedern auch eine Spur Melancholie mitschwingen ("Wo bist du jetzt?", "Ach Ben") ist den meisten Songs aber die pure Freude anzumerken. Nicht auf die Art der Party-um-jeden-Preis-Gesellschaft, sondern mit einer Leichtigkeit, die viel Respekt vor dem Leben ausdrückt. Nicht demütig, sondern annehmend. Sie stellt Fragen, warum Dinge so sind, wie sie sind, träumt vom Strand im Großstadttrott und feiert die Momente, in denen sie die Geborgenheit der Liebe deutlich spürt. Franziska Günter begleitet ihre Gedanken über die freundlichen Seiten der Alltäglichkeit des Seins souverän mit ihrer Gitarre.
© Karsten Rube


Louise Cappi "Mélange"
Eigenverlag, 2017

reverbnation.com/...

Louise Cappi ist eine in New Orleans ansässige Soul-, Jazz und Bluessängerin. Mit einer voluminösen Stimme gesegnet interpretiert sie auf dem Album "Mélange" mit großem Gefühl eigene Songs und Coverversionen. Eine Hymne für New Orleans "Bella Nola" wird dabei mit der gleichen Intensität gesungen, wie die Gershwin-Nummer "Summertime". Sehr gelungen ist auch ihre Version des Roberta Flack Songs "Feel like Makin' Love". "Mélange" ist ein sehr stimmiges Soulalbum einer großen Stimmvirtuosin.
© Karsten Rube


Piirpauke "Hali"
Rockadillo, 2019

sakarikukko.com/...

Piirpauke dürfte eine der dienstältesten Bands Skandinaviens sein. Seit den siebziger Jahren treiben sie ihr musikalisches Wesen zwischen progessivem Folk, Weltmusik, Tradition und Jazz. Das Album "Hali" von 2019 bindet wieder einmal den für den Sound der Band einmaligen Streit zwischen Experiment und Eingängigkeit. "Hali" ist ein Crossoverprojekt, das Brücken schlägt vom skandinavischen Folk, über den europäischen Western, hinüber zum Orient und dann noch viel weiter mit afrogesättigten Rhythmen, um am Ende mit Sibelius' "Finlandia" zurück zu kehren in die nordische Heimat.
© Karsten Rube


Rosa Morena Russa "Caprixaba"
Da Casa Records, 2020

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www.rosamorena.de

Das dritte Album der Sängerin Rosa Morena Russa trägt den fantasievollen Namen "Caprixaba". Die in Deutschland lebende Russin mit der Vorliebe für brasilianische Musik verbindet auch auf dem neuesten Werk kulturelle Welten. Die meisten Lieder werden von ihr textlos gesungen. Die Stimme als Instrument eingesetzt interagiert sie mit ihrem meisterhaften kleinen Ensemble. Jazz trifft dabei sehr variationsreich auf nordostbraslianischen Choro. Ein Hauch ihrer russischen Seele schwingt dabei mit einer melancholischen Note stets mit.
© Karsten Rube


Sleepwalker's Station "Lorca"
Timezone, 2018

www.sleepwalkersstation.com

Sleepwalkers Station ist so etwas, wie die musikalische Entsprechung der Europäischen Union. 20 Musiker aus den unterschiedlichen Ländern des Kontinents bilden dieses Ensemble, das seit über zehn Jahren vor allem Live für Furore sorgt. Ihr sechstes Album, das den Titel "Lorca" trägt, ist geprägt von diesem multilingualen und multikulturellen Geist. Walzer und Tango, Flamenco und sogar Reggae spielen die Musiker und singen in Katalanisch, Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch. Die bunte Vielfalt unseres Kontinentes lassen sie stimmungsvoll erklingen, Gefühle und Stimmungen aufwallen, die den Menschen unterschiedlicher Kulturen dann doch eine Gemeinsamkeit geben.
© Karsten Rube


Solfrid Molland "Hapets Kappe"
Kirkelig Kulturverksted, 2020

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Es ist ein einziger Planet, den wir bewohnen. Doch halten verschiedene Lager ihre Vorstellungen hoch, wie mit ihm umzugehen sei. Ausbeutung durch Raubbau, um die Gegenwart zum Paradies für wenige zu machen, Nachhaltigkeit, Rücksicht und Einschränkungen, damit Nachkommende auch noch was vom Planeten haben - dies sind nur die wirtschaftlichen Religionen. Die Weltreligionen besitzen ihre eigenen Ansichten und sind sich oft genug nur darin einig, dass die Ungläubigen auf dem Holzweg sind. Dabei besitzen alle Weltreligionen ihre Lieder und Gebete für Frieden, Anregungen für den Schutz der Welt und Gebote für den Umgang mit dem Mitmenschen. Solfrid Molland hat sich auf ihrem Album "Håpets Kappe" mit diesen Texten beschäftigt. Die norwegische Pianistin nimmt sich Friedenstexte aus christlicher, muslimischer und jüdischer Niederschrift vor und arrangiert diese auf auffallend beruhigende Weise. Dieses Album, das übersetzt "Kap der Hoffnung" heißt, zeigt die Gemeinsamkeiten der Religionen in der Liebe zum Leben. Kein Mahnen, sondern ein Hoffen geht von der Musik Mollands aus. Die Lieder - manche Eigenkompositionen, andere aus Volksweisen interpretiert - entführen den Hörer in eine sinnliche Welt, in der die Zeit stehen zu bleiben scheint. Neben den Liedern, die Solfrid Moland auf ihrem Klavier begleitet, unterstützen Trompeter Hayden Powell, Bassist Mats Eilertsen und Daniel Lazar an der Violine die Klangwelt des Albums. Zusätzlich bereichert der tunesische Oudvirtuose und Sufisänger Aziz Kossai diese CD mit arabischer Klangharmonie.
© Karsten Rube


The Hillbenders "The Hillbenders"
Compass Records, 2018

www.hillbenders.com

Mit ihrer Bluegrass-Opry "Tommy" hat die Bluegrassband The Hillbenders aus Missouri im Jahr 2015 einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Nach der Aufführung der akustischen, bluegrassinspirierten Interpretation der Rockoper "Tommy" von The Who, ließ sich sogar das eher countryferne Musikmagazin Rolling Stone zu einer Lobeshymne hinreißen. 2018 feierten die Hillbenders ihr zehntes Bandjubiläum, samt neuer CD und Tour. Der mitreißende und kompromisslose Bluegrass der Band auf der nur mit dem Bandnamen titulierten CD zeigt das Quintett auf dem derzeitigen Höhepunkt ihres Schaffens. Mehr als fünf Saiteninstrumente (ein Bass, eine Gitarre, eine Mandoline und zwei Banjos) benötigen die fünf Jungs nicht, um dem Publikum oder Albumhörer ordentlich einzuheizen.
© Karsten Rube


Tuuletar "Raatila/Borderline"
Nordic Notes, 2019

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www.tuuletar.com

"Raatila/Borderline" heißt das aktuelle Album der finnischen Vocalakrobatinnen von Tuuletar. Tatsächlich betreten sie die Grenzlinie der menschlichen Hörgewohnheiten. Feenhafte Elfenwaldgesänge lassen sie mit ihren klaren Stimmen erklingen. Und während man sich noch im vermeintlichen Frieden des Auenlandes wähnt, schrillen die Stimmen plötzlich bedrohlich, wie Sirenen. Energiegeladen treten sie auf, zwischen der Folklore karelischer Frauenchöre und elektronisch untermaltem Rap. So ungewöhnlich die Klangvielfalt auch ist, die Tuuletar auf diesem kantigen Album hervorbringt, langweilig wird es in dieser dreiviertel Stunde experimenteller Soundexplosionen der "Göttinnen des Windes" nicht.
© Karsten Rube


Vedan Kolod "Wild Games"
CPL Music, 2019

Artist Video

www.vedankolod.ru

Die drei Musiker der russischen Band Vedan Kolod kennen sich bereits seit dem Kindesalter. Mit den Großeltern musizierten sie zusammen auf alten Instrumenten. Mittlerweile versucht das Trio, alte traditionelle Musik aus Sibirien und dem Westen Russlands am Leben zu erhalten. "Wild Games" heißt das aktuelle Album der Musiker aus Krasnojarsk. Es beinhaltet traditionelle Kompositionen und Adaptionen aus verschiedenen Regionen Russlands, zum Teil mit historischen, heute fast vergessenen Instrumenten eingespielt und in altrussischer und altslawischer Sprache vorgetragen.
© Karsten Rube


Ooldouz Pouri "Waiting for the Dawn"
Kirkelig Kulturverksted, 2019

Die iranische Sängerin Ooldouz Pouri ist eine Schülerin Masha Vahdats.[71] Wie ihre Meisterin darf auch Ooldouz Pouri nicht in ihrer Heimat singen. Der Iran verbietet es Frauen, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Wie viele andere Sängerinnen suchte sich auch Pouri einen Ort im Ausland, um ihre Musik produzieren zu können. "Waiting for the Dawn" wurde in Norwegen aufgenommen. Die Sängerin orientierte sich bei der Auswahl der Lieder für diese CD an verschiedenen iranischen und aserbaidschanischen Diven, die in den fünfziger Jahren noch frei arbeiten konnten. Es sind meist Liebeslieder und sehnsuchtsvolle Momentaufnahmen zu hören. Entsprechend nostalgisch ist das Album geworden.
© Karsten Rube


Monsieur Doumani "Angathin"
Eigenverlag, 2018

www.monsieurdoumani.com

Die Musiker des zypriotischen Trios Monsieur Doumani haben sich in den letzten Jahren in der Weltmusikszene gut etabliert. Ihre imposante Mischung aus traditionellen zypriotischen Melodien auf zum Teil klassischen Volksmusikinstrumenten, verbunden mit satirischen bis kritischen Texten in denen sie die korrupte Politik und die Umweltzerstörung ins Visier nehmen, brachte ihnen bereits zahlreiche Weltmusikpreise ein. Das dritte Album "Angathin" bewegt sich erneut auf diesem kulturellen Pfad zwischen Folklore und politischem Protest. Der rebellische Geist des Rembetiko findet sich in den Songs des Albums ebenso deutlich, wie die Anarchie des Jazz. Aber auch die Wut des Rap findet in den Liedern von Monsieur Doumani ihren Platz. Trotz all dieser Einflüsse klingt das Album überwiegend zypriotisch folkloristisch.
© Karsten Rube


Zulya "Six Days Loving"
Yummymusic, 2019

www.zulya.com

Seit dreißig Jahren lebt die tatarische Sängerin Zulya Kamalova in Australien. Ihre tatarische und ihre australische Identität verbindet sie in ihren Alben auf originelle Weise. "Six Days Loving" ist nun das aktuelle Album der Grenzgängerin zwischen den Kulturen. Neun faszinierende Songs gibt es darauf zu hören, die in einem einzigartigen Stilmix aus tatarischen und russischen Gesängen mit zauberhaften schwingenden Soundkonstruktionen vorgetragen werden. Dabei kommen Drehleier und Harfe genauso zum Einsatz, wie Keybords, Gitarren und Singende Säge. Die CD ist mit 36 Minuten leider etwas kurz geraten, aber diese halbe Stunde verbringt man in träumerischem Schwebezustand.
© Karsten Rube


Petroloukas Halkias & Vasilis Kostas "The Soul of Epirus"
Technotropon, 2019

bandcamp.com/...

Die Musik der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts inspiriert immer wieder die Künstler dieser Welt. Im vorliegenden Fall ist es die Musik der 1920er Jahre, wie sie in der griechischen Region Epirus am Ionischen Meer lebhaft gespielt wurde. Der mittlerweile über 85 Jahre alte Klarinettenvirtuose Petroloukas Halkias ist ein Bewahrer der traditionellen Musik dieser alten griechischen Kulturlandschaft. Mit Vasilis Kostas hat er einen begeisterten Musiker gefunden, der die nächste Generation der musikalischen Traditionspflege repräsentiert. Kostas spielt die langhalsige Laute Laouto. Auf ihrem gemeinsamen Album "The Soul of Epirus" führen sie einen kulturellen Dialog zwischen Laute und Klarinette, betonen die starken musikalischen Linien, folgen den langsamen Rhythmen und den Gefühlen von Leid, Freude und tiefer religiöser Verbundenheit. Die Musik dieses meisterhaft gespielten Albums entführt den Hörer in eine Zeit vor hundert Jahren, als die Bevölkerung dieser Region in den Wirren zwischen den Kriegen voller Ungewissheit die eigene Identität zu bewahren versuchte.
© Karsten Rube


Mísia "Pura Vida"
Galileo Music, 2019

Artist Video

www.misia-online.com

Mísia,[64] eine der schillerndsten Protagonistinnen der modernen portugiesischen Musik, erfindet sich auf ihrem Album "Pura Vida" neu. Der Fado, Ausdruck von Leidenschaft und Seelenschmerz wird von der Sängerin zerpflückt, zerrissen und mittels gewonnener Lebenserfahrung neu zusammengesetzt. Sentimentalität trifft auf Härte, die sanfte portugiesische Gitarre auf E-Gitarren. Mísia vergleicht diese Gegensätzlichkeit selbst mit Himmel und Hölle, wie sie sie selbst im ablaufenden Lebensabschnitt durchlebte. Ihre neuen Lieder klingen nicht verletzlich, sondern verletzt, nach Enttäuschung und langsam wiedererlangter Lebenslust. Mísias "Pura Vida" ist Fado, wie man ihn in dieser Form nicht gewohnt ist. Fado, wie er ehrlicher kaum sein kann.
© Karsten Rube


Ute Lemper "Rendevous with Marlene"
Jazzhaus Records, 2020

Artist Video

www.utelemper.com

Ute Lemper ist eine der wenigen deutschen Allroundkünstlerinnen, die sich überall auf der Welt selbstsicher auf den Bühnen bewegen kann. Geachtet und geschätzt trägt sie aber immer noch die seit dem Beginn ihrer Karriere auf ihren Schultern lastende Wucht des Vergleiches mit Marlene Dietrich mit sich. Nun hat sie aus dieser Last eine Wonne gemacht und interpretiert auf dem Album "Rendevous with Marlene" Lieder aus dem langen und abwechslungsreichen Leben der Dietrich. Da finden sich Kompositionen von Kurt Weill, Friedrich Holländer, Bob Dylan, Cole Porter und Pete Seeger, aber auch der "Koffer in Berlin" von Ralph Siegel und "Just a Gigolo" aus dem gleichnamigen Film. Sie interpretiert diese Songs mit viel Hingabe, großem Orchester und der Gefahr sich hin und wieder mit schmalziger Nostalgie zu bekleckern. Das Album wirkt wie eine Bühnenshow in den Siebzigern, mit etwas zu viel Saxophon. Alles etwas dick aufgetragen, was vermutlich, dem Vorbild der reifen Diva folgend, auch gewollt ist. Ute Lemper haucht und nuschelt, schmilzt und klagt, ganz wie die Dietrich, bleibt aber trotzdem unverwechselbar die Lemper. "Rendevous with Marlene" ist eine tiefe Verbeugung einer großen Künstlerin vor einer der größten Diven des zwanzigsten Jahrhunderts.
© Karsten Rube


Kai Degenhardt "Auf anderen Routen"
Plattenbau, 2018

www.kai-degenhardt.de

Auf seinem sechsten Album "Auf anderen Routen" gibt Kai Degenhardt[48] den kurz vor der Resignation stehenden Liedermacher. Politisch positioniert analysiert er in poetisch und musikalisch fein gewebten Geschichten das festgefahrene Gegenwartsgeschehen. Die Aufwiegelmentalität seines Vaters Franz-Joseph fehlt ihm jedoch. Die Arrangements der Songs legt er als klassische Liedmacherkost an. Also hauptsächlich Text und Gitarre. Aber auch eine leicht rockige Straßenschmuddligkeit, wie man sie von Gunter Gabriel kennt, ist beispielsweise im Lied "Imperial Grand Übersee" zu vernehmen. Allerdings ohne Gabriels Anzüglichkeit. Wenn man die leicht niedergeschlagene Stimmung des Albums betrachtet, so ist "Auf anderen Routen" zwar ein schönes Album voller Menschlichkeit, aber letztlich nicht mehr, als ein gesungenes Schulterzucken.
© Karsten Rube



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