FolkWorld-Kolumne von Walkin' T:-)M:


T:-)M's Nachtwache

Klangträume, Rebetiko, Guthrie, Cash

Carl Spitzweg ,Der arme Poet', www.spitzweg.de Jede Krankheit hat eine musikalische Lösung, dachte Novalis. Er war nicht der einzige: "Die Hopi sind davon überzeugt, dass es ein Lied war, das die Welt erschuf. Der griechische Gott Apollon erfand die Lyra und sein Sohn Orpheus machte mit dem Klang dieses Instruments die Bestien der Unterwelt zu lammfrommen Kuscheltieren. Der legendäre David soll seine Harfe gespielt haben, um seinen Vorgänger im Amt des judäischen Regenten, König Saul, von dessen Depressionen zu befreien. Im europäischen Mittelalter habe man die ekstatische Tarantella erfunden, um gewissermaßen klangtherapeutisch gegen Veitstänze und Krampfzustände vorzugehen. Und den Dudelsack habe man seinerzeit gegen Geisteskrankheiten eingesetzt."

Wenn der geneigte Leser hier ein wenig Esoterik wittert, dann liegt er gar nicht so falsch damit, geht es doch um die Wirkung von Musik und Musikinstrumenten auf Körper, Seele & Geist. Als Willie Mac Art musiziert er (siehe auch CD-Rezension), unter seinem bürgerlichen Namen schreibt Dr. Willi Dommer von Ritual und Klangtraum, eine Klangreise von der Urzeit und Orient, Mittelalter und Moderne. Vorgestellt werden u.a die Instrumente, die am Anfang der Musikgeschichte stehen. Ritualobjekte, wie die 7.000 Jahre alten Muschelhörner, die im mir benachbarten Wolfenbüttel gefunden worden sind, oder das bronzezeitliche Horn namens "Dord" aus Irland, das wie ein Didgeridoo geblasen wird.

Auf einer höheren Entwicklungsstufe stehen dann beispielsweise Borduninstrumente wie www.arun-verlag.de Dudelsäcke, heutzutage hierzulande etwas böse Machosäcke oder Ossipfeifen geheißen (siehe CD-Rezension von In Extremo in dieser FW-Ausgabe), mit ihrem tiefen, anhaltenden Brummton.

In vielen indogermanischen Sprachen werden Insektennamen für die Bezeichnung von Bordun-Instrumenten verwendet. Der französische Begriff bourdon bedeutet auch Hummel oder Biene, eine deutsche Form der Sackpfeife wird Hümmelchen genannt, das englische Wort drone ist gleichbedeutet mit der deutschen Drohne, und die tiefen Saiten einer Laute wurden einst Brummer genannt. Der romanische Wortstamm zu bourdon bedeutet primär Stütze. Der lateinische Begriff burdo wird als Lastenträger übersetzt. Der Bordun trägt sozusagen die Bürde des gleichbleibenden, stabilen Grundtons, auf dem sich die Melodie aufbaut und auf den sie immer bezogen bleibt.
Zupfinstrumente dürfen nicht fehlen. Wer hat schon gewusst, dass die finnische Botschaft in Berlin die Form einer Kantele hat?
Die mehrere tausend Jahre alte Qin, Chinas klassische siebensaitige Zither, galt einst als das Instrument der Philosophen und war im Reich der Mitte sogar ein fester Bestandteil der Beamtenausbildung. Qin-Musik verfolge keine vordergründig-unterhaltenden Ziele. Hier sollen kosmische Wahrheiten musikalisch ausgedrückt werden. Schunkeln, Volkstänze und Text-Klischees, die das heimatliche Ambiente verklären, passen nicht in eine solche Welt.
Dann gibt es auch noch eine neue Theorie über die Abkunft der Harfe:
Ich muss leider viele Kelten-Fans enttäuschen, sagt der deutsche Harfenist Rüdiger Oppermann ganz kategorisch: Eine keltische Harfe gibt es nicht. Wenn wir über die Kelten sprechen, dann meinen wir das mitteleuropäische Volk der späten Bronzezeit, das vor allem in Österreich, der Schweiz und Süddeutschland lebte. Diese Menschen haben keine Harfe gekannt, sondern allenfalls die Leier, die entwicklungsgeschichtlich mit der Harfe kaum etwas zu tun hat. Nach Schottland, Wales, Cornwall, die Bretagne und eben Irland haben sich die historischen Kelten erst zwischen 600 und 200 v. Chr. zurückgezogen - ohne Harfen. Die gab es dort allerdings bei der Urbevölkerung: den Pikten im Norden der britischen Inseln - also bei jenem Volk, von dem auch das als typisch keltisch angesehene, überaus komplexe Knoten-Ornament stammt. Älteste Abbildungen von diesem Instrument werden auf das 7./8. Jahrhundert n. Chr. datiert. Das Instrument sei wahrscheinlich von den Wikingern aus Sibirien mitgebracht worden. Dort sei es noch bis in die 50-er Jahre des vorigen Jahrhunderts von Schamanen gespielt worden.
Im Vorwort schreibt
Oppermann (-> FW#12):
Wunderbar. Es wurde Zeit für dieses Buch. Denn Willi Dommer beschäftigt sich hier mit Instrumenten, die sonst eher nur am Rande der musikalischen Welt vorkommen. Archaische Klanggeräte, die oft unterschätzt werden, die Klassischen Musikern meistens unbekannt sind und die in einer Szene Verbreitung und Anerkennung finden, die mehr auf Inhalt als auf Formalismen achtet.Jedoch - leider fehlt es hier eben oft an einfachem faktischen Wissen...
Alles wird kurz angerissen. Ein erster Schnupperkurs sozusagen, da mir manches zu verkürzt erscheint und man nach mehr Information lechzt. Dennoch bleibt viel Interessantes und es ist auch mal eine etwas andere Perspektive. In einem ausführlichen Anhang erfährt man Adressen von Instrumentenbauern, Infos über Festivals und viele Literatur- und CD-Anregungen. Dem Büchlein liegt zudem - und das ist eine nette Idee - eine vietnamesische Dan Moi-Maultrommel bei.

Was Blues- & Country-Musik für die USA bedeutet, ist in gewisser Weise in Griechenland die Musik, die wir heute Rebetiko nennen. Die urbane Variante der griechischen Volksmusik www.palmyra-verlag.de entstand ab den 50er-Jahren des 19. Jhds. in den Arbeitervierteln und Hafengassen.

Wir befinden uns in einer Arbeiterkneipe im Hafenviertel von Athen im Jahr 1935. In einer von Räuchermitteln und Haschischrauch geschwängerten Luft sitzt eine kleine Band auf der Bühne. Der Musiker mit der ersten Busuki spielt ein langes Solo. Plötzlich stampfen die anderen Musiker mit den Füßen, fangen an, den immer gleichen, aggressiven Rhythmus zu spielen, und der Sänger beginnt, mit kratziger Stimme zu singen:
Hol mir Gras, Schwester, geh, hol mir Gras.
Wenn wir zusammen berauscht sind,
Ist eine Busuki alles, was ich brauche.
Die Zuschauer, arme Leute, meist Männer, grölen und klatschen. Einer von ihnen betritt, die Jacke überm Arm, den Hut schief auf dem Kopf, das Parkett. Mit geschlossenen Augen tanzt er, bewegt den Körper hin und her, führt seine Hand mal zur Stirn, mal zum Fußboden und stampft mit den Absätzen ununterbrochen den Takt zur Musik.
Die Geburtsstätten dieser Musik waren das Gefängnis und die Haschhöhle. Die Bedeutung des Wortes heisst je nach Interpretation aus der Gosse oder Rebell oder Vierzeiler. Die frühen Rebetiko-Lieder beruhen auf griechischen Volksliedern, die Rhythmen und Tänze jedoch stammen osmanischer Tradition.
Sie sangen mit gedämpfter, heiserer Stimme, ganz ungezwungen, einer nach dem anderen, jeder eine Strophe, die oft mit der vorhergehenden überhaupt nicht zusammenhing. Das Lied konnte Stunden dauern. Es gab keinen Refrain, und die Melodie war ganz schlicht. Einer der rebetes begleitete den jeweiligen Sänger auf einer Busuki oder einer Baglamas, und vielleicht stand irgendwann einer auf und begann, von der Musik mitgerissen, zu tanzen.
Die Kommunisten nannten den Rebetiko Musik der Meserstechereien und der Dekadenz. Die Musikform wurde 1936 von der faschistischen Metaxas-Diktatur verboten; Zensurgesetze von 1947 sind noch heute in Kraft, werden derzeit aber nicht angewandt. Das Grammophon jedoch trug die Lieder aus den Ghettos in die weite Welt hinaus.
Theodorakis, der sich vom kommunistischen Dissidenten zum konservativen Minister entwickelt hat und unlängst mit antisemitischen Äusserungen auffiel, machte die Melodien und Rhythmen zu einer wichtigen Grundlage seiner Kompositionen.
Die rebetes sind leider schon lange tot, das rebetiko-Lied ist mittlerweile nicht viel mehr als eine altehrwürdige Mumie.
So seufzt Elias Petropoulos. Der Athener ist Autor einer Geschichte des Kondoms, eines neugriechischen Slang-Wörterbuchs und einer Studie über die Bedeutung des Schnurrbarts für die Männerwelt auf dem Balkan. Einmal wegen einer Sammlung von Rebetiko-Liedern und ein andermal wegen eines Wörterbuchs des griechischen Homosexuellenjargons wanderte er ins Gefängnis. 1975 zog er nach Paris, nicht wegen der Militär-Junta an sich, sondern weil er Griechenland so entsetzlich anstrengend fand. Denn, im Gegensatz zu den nationalistischen Akademikern und ihrem Geschwätz, ist
das Nationalgetränk der türkische Kaffee, das Nationalgericht ein türkisches Essen, und alle Schwulen, die keine Priester sind, gelten als kriminell.
Rebetiko - Die Musik der städtischen Subkultur Griechenlands ist im Kern ein Essay von Petropoulos, das bereits 1990 als "Rebetologia - Monotone Schwätzerei in 24 Paragraphen" erstmals erschienen ist. Der Übersetzer der englischen Ausgabe, Ed Emery, hat zudem ein Porträt des Schriftstellers sowie noch allerlei Wissenswertes zusammengetragen. 21 Liedtexte wurden ins Deutsche übertragen, eine CD mit 15 Titeln gibt einen exzellenten Einblick. Das klingt alles ehr archaisch, sehr orientalisch; Klänge, bevor in den 1950ern Rebetiko entdeckt und kommerzialisiert wurde, fern von der weichgespielten Busuki-Seligkeit der griechischen Restaurant-Musik.
www.palmyra-verlag.de Sein Name: Woodrow Wilson Guthrie [-> FW#20], im Jahre 1912 in Okemah (Oklahoma) geboren, Kindheit in einer Stadt, die durch den Ölboom geprägt war. 1935 verschlug es ihn nach Kalifornien - wie tausende anderer Okies, die von Sandstürmen und dem Elend der Depression von zu Hause vertrieben wurden. Er verdiente seinen Lebensunterhalt mit Auftritten in Saloons, gelegentlichen obskuren Rundfunksendungen und später bei Gewerkschaftsveranstaltungen, für Parteien, Demonstrationen, Tanz- und Theatergruppen und das Folklore-Archiv der Library of Congress. Dutzende rastloser Reisen durch die USA. Drei Ehen und viele Kinder. Und über tausend Lieder.
Er schrieb seine Texte zu Melodien, die meist erweiterte alte Volkslieder waren. Alles, worüber man diskutieren konnte, war ihm einen Song wert: von Rabelais bis Will Rogers. Er komponierte für sich und seine Freunde, und von Hitparaden und kommerziellem Erfolg hielt er wenig. Die jungen Leute singen seine Lieder. Alan Lomax [-> FW#23] nennt Woody unseren besten Balladenkomponisten. Andere sprechen vom Homer mit der rostigen Stimme und dem größten Volksdichter, den wir je hatten. Die Lieder sind ehrlich: sie sprechen Dinge aus, die gesagt werden müssen. Aber vor allem zeigen Woodys Lieder das Genie der Einfachheit. Jeder Idiot kann kompliziert sein, aber um Einfachheit zu erreichen, braucht man Genie. (P. Seeger)
Woody Guthrie schrieb die musikalischen Reportagen von dem Schlachtfeld, auf dem um die amerikanische Seele gekämpft wird (Lou Reed). Und für den englischen Songwriter Billy Bragg (-> FW#13, FW#23) ist Woody
kein Relikt aus der Zeit der Dust Bowl der dreissiger Jahre. Er war ein Vertreter politischer Popmusik, bevor Pop überhaupt erfunden wurde. Bob Dylan (-> FW#20) ist ein Songwriter. Pete Seeger (-> FW#20, FW#21, FW#26) ist ein Folksänger. Aber Woody Guthrie ist eine literarische Größe.
Hans-Eckardt Wenzel (-> FW#15, FW#22, FW#26) geht noch weiter:
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts, da neoliberaler Gleichmut das kulturelle Klima gänzlich zu bestimmen scheint, im Taumel nicht erfochtener Siege über den realen Sozialismus, den Stalinismus und das soziale Gewissen, in den Orgien globaler Effizienz - in diesen Zeiten stellt die Poesie von Woody Guthrie noch einmal bloß, wie Widerstand sich zu formieren begann, an den Ursprüngen unserer industriellen Paradiese.
Woody lebte mit seinen Hörern. Ja er schrieb die Songs einzig zu dem Zwecke, sie ihnen vorzusingen. Er gehörte noch jener Generation von Folk- und Protestsängern an, die nach dem Konzert nicht im Hubschrauber vor den Fans in Sicherheit gebracht werden mussten, zum Schutz, aus Angst vor einer euphorisierten Masse. Damals, als soziale Erfahrung nicht nur beim Monopoly-Spiel gemacht wurde.
In den Jubelorgien der real existierenden Neoliberalen, der Yuppies und ewig frohen Erfolgspositivisten erscheint Guthries Lebenswerk sonderbar erfolg- und sinnlos. Keine Goldenen oder Platin-Schallplatten, keine Dankesreden in den Nachtprogrammen der Oscar-Verleihungen. Nichts. Woody ist ein Anstifter. Er stiftete zu einer Song-/Writer-/Singer-etc.pp.-Kultur an, die aus unserer heutigen Welt nicht mehr wegzudenken ist. Eine internationale Kultur, deren Reflex auf die höllischen Phänomene der Industrialisierung nie zu purer Wald-und-Wiesen-Seligkeit verkam.
Hard Travelin' - Das Woody Guthrie Buch präsentiert die wichtigsten Songs. Harry Rowohlt erweist sich wieder einmal als kongenialer Übersetzer. Es gibt eben mehr als "This Land Is Your Land". Um nur ein paar Beispiele zu nennen: "Pastures of Plenty" (-> FW#19), "Pretty Boy Floyd" (-> FW#25), "Tom Joad" (-> FW#23), oder "Vigilante Man" (-> FW#26). Chad Dughi hat auf seinem aktuellen Album (siehe CD-Rezension) eine Reihe Guthrie-Lieder aufgenommen, wie "Two Good Men" über Sacco & Vanzetti und "Hard Travelin'". Letzteres kennt ja fast jeder, deshalb möchte ich als Beispiel mal "Biggest Thing That Man Has Ever Done" zitieren:
I'm just a lonesome traveler, The Great Historical Bum,
Highly educated from hisory I have come.
I worked in the Garden of Eden, that was the year of two,
Joined the apple pickers union, I always paid my due.
I was straw boss on the Pyramids, the Tower of Babel, too;
I opened up the ocean let the migrant children through.
I was in the revolution when we set the country free,
Me and a couple of Indians that dumped the Boston tea.
Next, we won the slavery war, some other folks and me,
And every slave from sea to sea was all turned loose by me.
I'd better quit my talking, 'cause I told you all I know,
But please remember, pardner, wherever you may go,
The people are building a peaceful world, and when the job is done
That'll be the biggest thing that man has ever done.
Harry Rowohlts Übersetzungen, die bereits 1977 erschienen sind, wurden für diese Ausgabe ergänzt von weiteren Michael Kleffs, Ehemann von Woodys Tochter Nora und CvD des Folker, sowie Nachdichtungen von Wenzel. Auf einer CD mit 15 Titeln interpretiert Woody selbst sein Material. Lieder nach dem Motto:
Ich hasse ein Lied, in dem einem weisgemacht werden soll, dass man nichts taugt. Weil man zu alt oder zu jung oder zu dick oder zu dünn oder zu dies oder zu das ist. Ich bin angetreten, diese Art Lieder bis zu meinem letzten Atemzug und bis zu meinem letzten Tropfen Blut zu bekämpfen. Ich will Lieder singen, die dir beweisen, dass dies deine Welt ist. Ich will Lieder singen, die dich stolz machen, stolz auf das, was du bist.
Clash bis Cash haben sich von Woody inspiriert gefühlt. Die Country-Legende verstarb am 12. September in Nashville, Tennessee. Wir tragen schwarz für den Man in Black, Johnny Cashs (-> FW#25) Symbol[farbe] der Rebellion gegen den Stillstand und die Verlogenheit, gegen Leute, die sich fremden Ideen gegenüber verschließen.
I'd love to wear a rainbow everyday,
And tell the world that everything's okay,
But I'll try to carry off a little darkness on my back,
Till things are brighter, I'm the Man in Black.
www.palmyra-verlag.de In einem Leserbrief im Folker stand zu lesen:
Einer der letzten Vertreter der (echten) Country Musik. Damit fällt eine der letzten Bastionen gegen den reinen Kommerz. War er auch zeitlebens kommerziell erfolgreich, so vergaß er nie, woher er kam und seine Musik verlor nie die Bodenhaftung. Der einzige Begriff, der mir hierzu und zu dem, was man im Fernsehen und auch im Radio zumeist angeboten bekommt, einfällt ist Gleichschaltung. Und dass im Fernsehen nur gevolkstümelt wird, ist ja schon lange bekannt.Wo bewegt sich ein Land und die Hirne seiner Bevölkerung hin, wenn so etwas möglich ist. Na ja, wahrscheinlich sind schon wieder alle damit beschäftigt, ihren neuen Superstar für Deutschland bei RTL zu suchen. Denn Superstars braucht dieses Land und keine Leute, die am Ende sogar noch eine Botschaft in ihren Songs verstecken. Und da schimpft man immer auf die Dummheit der Amerikaner, na ja.
Eine Gelegenheit also für einen kurzen Rückblick, am besten in seinen eigenen Worten. In Cash - Die Autobiographie erzählt die Country-Ikone in Gedankensplittern von seinem Leben, Musik, Tablettensucht, Gott.
Ich bin ein Nachfahre von Queen Ada, der Schwester von Malcolm dem Vierten, der wiederum von King Duff, dem ersten König von Schottland, abstammte. Der Leitspruch auf dem Wappen meiner Leute hieß: Better times will come. Ihr Name war Caesche. Im Zuge ihre Emigration im 16. und 17. Jahrhundert hat sich die Schreibweise schließlich der Aussprache angepasst, C-A-S-H. Mein Arbeitsleben lässt sich schnell beschreiben: Baumwolle in der Jugend und Musik als Erachsener. Zwischendurch arbeitete ich in einer Automobilfabrik in Michigan, war Funker bei der amerikanischen Luftwaffe in Deutschland und lief von Tür zu Tür als Vertreter von Haushaltsgeräten.
In Arkansas muss er von seinem Daddy noch hören: Du wirst es nie zu etwas bringen, solange du diese Musik im Kopf hast. Eine Gesangslehrerin rät ihm, keinen Unterricht zu nehmen, und er solle sich von niemandem sagen lassen, wie er zu singen habe. In Landsberg schneidet Cash nicht nur die erste Meldung von Stalins Tod mit und ortet das Signal des ersten sowjetischen Düsenbombers auf seinem Jungfernflug, sondern nimmt auch seine erste Platte auf, in einer kleinen Aufnahmekabine am Münchner Bahnhof für 1 DM. Es ist jedoch Sam Phillips, der Cash in die Hitparaden katapultiert.
Er schwamm nie mit dem Strom. Er war nicht einer dieser vielen Geschäftsleute und Produzenten aus der Musikbranche, die ihr Geld verdienen, indem sie Sänger und Musiker dazu zwingen, ihren Sound danach auszurichten, was sich gerade gut verkauft. Er ermutigte mich immer, es auf meine Art zu machen. Er glaubte an mich, noch bevor meine Plattenkarriere richtig begonnen hatte. Uns war beiden klar, dass meine Musik in erster Linie einfach, unkompliziert und schnörkellos bleiben musste, und wir fanden beide, dass kleinere musikalische oder technische Fehler nicht so schlimm waren, solange der Song selbst gut rüberkam. Feuer und Herz waren ihm wichtiger als technische Perfektion.
Nur: Was mich eigentlich am meisten ärgert, ist, dass er mir nie einen Cadillac geschenkt hat. Er schenkte Carl Perkins einen, aber ich bekam nie einen. Eine weitere wichtige Person in seinem Leben war seine Schwiegermutter Maybelle Carter:
Ich bin mit der Carter Family aufgewachsen. Man kann ihre Bedeutung und ihren Einfluss auf die amerikanische Country-, Folk- und Popmusik gar nicht genug hervorheben. Ich bin mit dem Gesang von Mutter Maybelle aufgewachsen, und sie in meiner Show zu haben, war eine enorme Bestätigung und Weiterführung der Musik, die ich am meisten liebte. Dadurch konnte ich die Tradition, aus der ich komme, nahtlos fortführen, ohne den Kreislauf zu unterbrechen. Sie war wirklich eine sehr bescheidene Person. Sie hat nie begriffen, wie wichtig sie für die Musik war, wie sehr sie von allen verehrt wurde, von Pete Seeger (-> FW#20, FW#21, FW#26) und Bob Dylan (-> FW#20) bis hin zu Emmylou Harris und Michelle Shocked (-> FW#24, FW#24).
Manchmal kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, als ob das Buch an manchen Stellen schludrig übersetzt ist (oder von Johnny Cash fahrig aufgeschrieben worden ist). Wie auch immer, Cash hat noch eine letzte Botschaft:
Ich bin keine Schönheit, aber wenn ich so hässlich wäre, wie manche, die ich auf der Bühne gesehen habe, würde ich da nicht raufgehen. Ich rede weniger von der äusseren Erscheinung als von einer hässlichen Seele. Steckt hinter den Symbolen des modernen Country noch etwas, oder sind die Symbole selbst schon die ganze Story? Sind die Hüte, die Stiefel, die Pickup-Trucks und Honky-Tonk-Posen die letzten Überreste einer sich auflösenden Kultur? Damals in Arkansas brachte ein Lebensstil eine bestimmte Art von Musik hervor. Bringt heute eine bestimte Art von Musik einen bestimmten Lebensstil hervor?
R.I.P., T:-)M.


Cash, Johnny, Cash - Die Autobiographie. Palmyra, Heidelberg, 1999, ISBN 3-930378-23-X, Gebunden, 379 S, EUR 24,90.
Dommer, Willi, Ritual und Klangtraum - Alte Instrumente neuentdeckt. Arun, Engerda, 2003, ISBN 3-935581-37-8, Taschenbuch, 175 S, EUR 16,-.
Kleff, Michael (Hg.), Hard Travelin' - Das Woody Guthrie Buch. Palmyra, Heidelberg, 2002, ISBN 3-930378-45-0, Gebunden, 460 S, EUR 29,90 (inkl. CD).
Petropoulos, Elias, Rebetiko - Die Musik der städtischen Subkultur Griechenlands. Palmyra, Heidelberg, 2002, ISBN 3-930378-46-9, Gebunden, 139 S, EUR 22,- (inkl. CD).

T:-)M's Nachtwache, FW#26


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 02/2004

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