FolkWorld Ausgabe 37 11/2008

FolkWorld CD Kritiken

Backporch String Band "Playtime"
Label: Eigenverlag; 2007
Dragseth Duo & Backporch String Band "Songs from the Porch"
Label: Eigenverlag; 2008
Die Backporch String Band aus Baden Württemberg spielt nun schon seit mehr als 25 Jahren ihre unplugged Mischung aus Bluegrass und populären Songs. Aber erst im Oktober 2007 nahmen sie ihre ersten CDs auf. Eigentlich wollte man gemeinsam mit dem Dragseth Duo eine CD aufnehmen, doch da genug Zeit blieb wurde gleichzeitig gerade ein Debütalbum der Band rangehängt.
Andy Hauser (Mandoline, Lead-Gesang), Dirk Brinker (5-saitiges Banjo, Gesang), Josef Kopecki (Kontrabass, Gesang) und Reimer Riessen (Gitarre, Gesang) haben dafür eine Tune von Hauser sowie ein gecovertes Instrumental und elf Songs eingespielt. Bei den Coverversionen treffen wir auf niemand geringeren als u.a. die Beatles, Rolling Stones, Jimi Hendrix, Sting, Paul Simon, Kinks und Dolly Parton.
Obwohl das nicht gerade nach Bluegrass klingt, wird man beim Abspielen der CD eines besseren belehrt. Es beginnt mit einer großartigen Version von Dolly Partons Hit „Nine to Five“ und es endet mit „Bay of Fundy“ von den Cache Valley Drifters, zwei wunderschönen Americana Songs. Auch Hausers „Fortyseven Eleven“ (4711) ist ein waschechter Bluegrass mit dem treibenden Rhythmus des Banjo und der Mandoline. Jimi Hendrix wünschte sich, dass seine Songs nach seinem Tode weitergespielt werden, und das tun die vier Boys auch und zwar mit einer wunderbaren Fassung von „Little Wing“. Auch mit der akustischen Gitarre kann man tolle Solis spielen und Hausers Stimme wie auch die typischen Bluegrass Instrumente passen hervorragend dazu. „One Way Track“ ist ein rasanter Song der amerikanischen Band Boone Creek, bei dem Frank Bossert mit der Snare Drum das atemberaubende Tempo unterstützt. Ein weiterer Klassiker aus der goldenen Ära der Popmusik wurde mit Ray Davies’ (The Kinks) „Sunny Afternoon“ aufgenommen, für mich einer der Höhepunkte des Albums. Mandoline, Banjo und Gitarre begleiten Hausers perfekten Gesang. Das Album ist eine tolle Mischung aus echten und arrangierten Bluegrass Titeln, erstklassig gespielt ohne technischen Schnickschnack und mit meisterhaften mehrstimmigen Gesängen.
Im Gegensatz dazu ist „Songs from the Porch“ gespickt mit zehn gecoverten original Bluegrass, Country und Folk Titeln und drei traditionellen Songs. Es gesellen sich Manuel Knortz (Gitarre, Uileann Pipes, Gesang), Kalle Johannsen (Gitarre, Mundharmonika, Gesang) und drei Chorsängerinnen (Lena Wulff, Martje und Jönna Johannsen) dazu, was natürlich einen weitaus reicheren Sound ergibt. Auch hier treffen wir auf bekannte Namen wie Crosby, Stills, Nash and Young, Bruce Springsteen oder Gordon Lightfood und einige Klassiker des Genres wie das traditionelle „Wayfaring Stranger“ oder der wohl bekannteste Country Song „Ghost Riders in the Sky“. Johannsen singt bei beiden Songs die Hauptstimme, bei letzt Genanntem begleitet von Knortz. Die Uileann Pipes geben „Wayfaring Stranger“ einen ungewohnten aber atemberaubend schönen Klang. Auch Springsteens „Further on up the Road“ wird mit dem irischen Dudelsack aufgepeppt. Wieder singt Johannsen mit seiner optimal passenden sonoren Stimme. Reimer Riessen übernimmt den Part des Lead Sängers auf dem CSN&Y Song „Four and Twenty“ und wird von Johannsen und Hauser unterstützt. Tolle Chorgesänge und die Mundharmonika machen diesen Titel zu einem der Höhepunkte des Albums. Mein Favorit ist jedoch das traditionelle „O Mary, don’t you weep“. Rhythmischer a capella Gesang der drei weiblichen Stimmen wird von Knortz’ Hauptstimme und dem Trio Hauser, Johannsen und Riessen abgelöst, ein großartiger Gospelsong mit hervorragender musikalischer Begleitung. Es ist schwer zu sagen welches der beiden Alben mir besser gefällt. Dennoch entscheide ich mich für „Songs from the Porch“ auf Grund der abwechslungsreicheren Arrangements.
www.backporch.de
Adolf 'gorhand' Goriup


!DelaDap "Sara la Kali"
Label: Chat Chapeau; 2008
Die vor vier Jahren von dem in Prag geborenen DJ Stani Vana gegründete Band stellt sich auf ihrem neuestem Album „Sara la Kali“ mit dem rhythmisch poppigen Gypsy-Groove „!DelaDap“ vor. Der Klang des Akkordeons vereinigt sich mit den sirenenartigen Stimmen der beiden tschechischen Sängerinnen Simona Senkiova und Kristina Gunarova und dem up-beat programming zu einem erotisch-exotischen Mix aus Pop, House und Nu-Gypsy, wie die Band ihren Stil selbst bezeichnet.
Alen „Dzamba“ Dzambic aus Bosnien (Akkordeon), Aleksander Stoijc aus Serbien (Gitarren), Jovan Torbica aus Montenegro (Kontrabass) und Pavel Shalman aus Russland (Geige) ergänzen das Septett, das sich in Wien angesiedelt hat und sich dort beim monatlichen !DelaDap Club mit anderen Musikern unter dem Motto „turntable meets orkestar“ trifft.
Ethnopop? Gypsyjazz? Oder einfach modern Groove? Man findet wohl von allem etwas. Auch „Kaj tu salas“ versprüht mit den mitreißenden Bauchtanzrhythmen Sex-Appeal und Lebensfreude. Ist es die Jagd nach der kleinen roten Feder, die diese Musiker antreibt und ihre Leidenschaft mit atemberaubend schöner Musik ausdrücken lässt? Manchmal begeistern sie mit jazzig-coolen Songs wie „Cherhaya“, dann wieder mit hypnotisierenden Klängen und schleppenden Rhythmen wie bei „Raczake Shavora“. Alle Songs brillieren mit einer gehörigen Portion Spielfreude, musikalisch großartigen Arrangements und wunderschönen Gesängen.
Das Album „Sara la Kali“ präsentiert elf außergewöhnliche Originaltitel, die der Musik der Roma ein neues glitzerndes Gewand anlegen. Ob es gefällt muss jeder für sich entscheiden. Ich mag den lebensbejahenden und sexy Sound.
www.chatchapeau.com/deladap/index.php
Adolf 'gorhand' Goriup


Stayton Bonner "Cadillac Road"
Label: Blue Trout Records; 2007
Der Texaner Stayton Bonner verzichtete zu Gunsten eines einjährigen Irlandaufenthaltes auf eine Karriere als Anwalt oder Immobilienhändler. Nun veröffentlicht er mit „Cadillac Road“ bereits sein drittes Album mit 13 Originaltitel. Begleitet wird er dabei von den beiden Produzenten Hunter Perrin (Gitarren, Lap Steel, Dobro) und Paul Beebe (Drums, Bass, Piano) sowie der Gesangsstimme von Mark Riddell und der Perkussion von Jordan Harrison.
Die CD beinhaltet eine Sammlung von Liedern, die von Bluesrock über Country und Boogie Woogie bis hin zu engagierten Protestsongs ein breites Spektrum abdeckt. „Perfect Kind of Man“ erzählt von Unsicherheit und Selbstzweifel. Bonner hat etwas zu sagen und stellt Inhalte in den Vordergrund. Dennoch vergisst er den musikalischen Aspekt nicht. So beschäftigt sich „Open Mic Cafe“ zwar mit der Karaoke Kultur, brilliert aber gleichzeitig mit wunderschönen Harmonien, gefühlvollem Gesang und betörendem Arrangement. Mein Lieblingsstück ist das für meinen Geschmack viel zu kurz geratene Instrumentalstück „El Camino“, bei dem ich die Gänsehaut bekomme; eine großartige Melodie perfekt arrangiert und interpretiert.
Bonner hat für sein Album „Cadillac Road“ einige tolle Titel aufgenommen, wobei mir vor allem die stillen melodiösen Songs gefallen. Hier kann er sein Potential am besten nutzen, stimmlich wie auch musikalisch.
www.staytonbonner.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Carmel Gunning "Corran Hill"
Label: Eigenverlag; 2007
Carmel Gunning ist eine professionelle Sängerin, Musikerin und Musiklehrerin aus dem County Sligo. Mit „Corran Hill“ hat sie bereits ihr fünftes Album veröffentlicht. Begleitet wird sie bei den sieben Songs und fünf instrumentalen Sets von Brendan Emmett (Mandoline, Gitarre) und Paul Gurney (Piano, Drums).
Gunning hat in ihrer eigenen Musikschule Queen Maeve einige großartige Musiker wie zum Beispiel Liam Kelly (Dervish) ausgebildet und außerdem zwei Liederbücher veröffentlicht. Sie singt und spielt die Tin Whistle wie auch die Flöte und komponiert selbst Instrumentalstücke wie das Titelstück, das gemeinsam mit einem weiteren Jig, „Roger Sherlock’s“, eingespielt wurde. Bei dem Reel-Set „Jean’s Reel/Colonel Frazer’s“ lässt Gunning eine ihrer Schülerinnen, Orlaith McAuliffe, ihr Können auf der irischen Querflöte beweisen.
Die Lieder reichen von alten schottischen Balladen wie „Érin Grá Mo Chroí“, das mit Piano, Drums, Gitarre, Tin Whistle und Gesang wohl eines der am aufwendigsten arrangierten und schönsten Songs ist, über einfache stille Volkslieder und lokale Kompositionen bis hin zu Sean Nós Gesängen. Gunning hat eine sehr gut ausgebildete Stimme und die Begleitung ist meist nur mit Gitarre, Mandoline und der Tin Whistle oder Flöte. Von den beiden Sean Nós Liedern gefällt mir vor allem „Dónal Óg“, bei dem Gunning beweist, dass sie den typisch nasalen Gesang meisterlich beherrscht. Das Album ist eine außergewöhnliche Sammlung von traditionellen wie auch neueren Songs und Tunes, authentisch gesungen und gespielt von professionellen und hochtalentierten Musikern. Ein Muss für Liebhaber irischen Folks, die gerne einen tieferen Einblick in das traditionelle irische Lied- und Musikgut möchten.
www.carmelgunning.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Karla Bonoff "Live"
Label: Eigenverlag; 2007
Singer/Songwriter Karla Bonoff wuchs im Süden Kaliforniens auf und begann bereits im Alter von 15 Jahren Songs zu schreiben und diese gemeinsam mit ihrer Schwester Lisa aufzuführen. Ihre Liebe zur Musik und zur Gitarre blieb bis heute bestehen und Bonoff hat sowohl als Songschreiberin für unter anderen Linda Ronstadt, wie auch als Solokünstlerin und mit ihrer Band Bryndle große Erfolge gefeiert.
Auf ihrem „Live“ Album hat sie nun gemeinsam mit ihrem langjährigen Freund und Bandkollegen Kenny Edwards (Gitarre, Bass, Mandoline, Cello, Gesang), Nina Gerber (Gitarre) und Scott Babcock (Drums, Gesang) 19 ihrer Songs der letzten 33 Jahre, eine Coverversion eines Eagles Hits und ein traditionelles Lied aufgenommen.
Von den acht Songs des Debütalbums (1977) gefällt mir das romantisch schöne „Someone to lay down beside me“ am besten. Bonoff singt mit kraftvoller Stimme und spielt dazu auf dem Piano, dazu gibt’s tollen Gitarrensound und Rhythmus. Vom 1979er Album „Restless Nights“ und von „Wild Heart of the Yong“ (1982) gibt es jeweils zwei Aufnahmen. Das traditionelle „The Water is wide“ ist eine melancholische Ballade, bei der Bonoffs gefühlvoller Gesang von Gitarren und Cello begleitet wird. Einer der schönsten Songs ist wohl das 1982 geschriebene „Please be the One“. Bonoffs betörender Gesang wird von den sanften Klängen der Gitarre umschmeichelt und rhythmisch großartig hinterlegt. 1988 wurde „New World“ veröffentlicht und fünf Songs wurden davon Live aufgenommen, unter anderem der rhythmisch melodiöse Country Song „Tell me why“, eine der wenigen rhythmisch betonten Titel. In den 90ern hat Bonoff Soundtracks geschrieben und ihre Jugendband Bryndle ein Comeback gefeiert. Bryndle veröffentlichten zwei Studioalben und eine Live CD, von denen zwei Songs an diesem Oktober Abend in Santa Barbara Live aufgenommen wurden. Die Co-Komposition von Bonoff und Wendy Waldmann, „Like a Compass“, brilliert mit wunderschönen Harmonien und wird von Bonoff am Piano vorgetragen. Es gibt auch zwei bisher unveröffentlichte Stücke zu hören. Ein melancholisches Lied aus dem Jahr 1988 und eine brandneue Komposition, „What about Joanne“, ein toller rhythmischer Song.
Das Album repräsentiert einen Rückblick auf die Karriere und die musikalische Entwicklung einer hervorragenden Sängerin und Liedermacherin. Bonoff wird weiter Musik machen, aber genau so wie sie es möchte, ohne dem Diktat eines Plattenlabels folgen zu müssen. Ich bin gespannt.
www.karlabonoff.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Rachael Sage "The Blistering Sun"
Label: Mpress Records; 2006
Rachael Sage "Chandelier"
Label: Mpress Records; 2008
Die New Yorkerin Rachael Sage hat seit 1998 bereits acht Alben veröffentlicht, von denen ich die zwei letzten zur Besprechung erhalten habe. Die attraktive junge Frau singt und spielt verschiedene Keyboards und schreibt die meisten ihrer Songs selbst.
14 der 15 Songs auf dem 2006er Album stammen aus der Feder von Sage, eine Coverversion von Melissa Ferricks „anything anywhere“ ergänzt das Programm. Bei den Aufnahmen wurde sie von einer Reihe sehr guter Studiomusiker am Schlagzeug, Bass, Gitarren, Orgel, aber auch Trompete, Flügelhorn, Geige, Bratsche, Cello, Oboe, Flöte und Akkordeon begleitet.
Bei „Anything anywhere“, eine melancholische Ballade, wird Sages geflüsterter bis leidenschaftlicher Gesang und ihr wunderschönes Pianospiel von Dave Eggar am Cello begleitet, Bass und Schlagzeug sorgen für den dramatischen Rhythmus. Ein weiterer mit dem Piano begleiteter stiller Song ist „Proof“. Hier umschmeicheln Julia Kent am Cello und Marianne Osiel an der Oboe Sages eindringliche Worte. Etwas rhythmischer geht es bei meinem Lieblingssong „93 Maidens“ zu. Rob Curto am Akkordeon, Allison Cornell an der Violine und Egger am Cello buhlen bei diesem hypnotisch schönen Song förmlich um die Aufmerksamkeit der leidenschaftlichen Sängerin. Aber auch jazzige Elemente finden Einzug. Bei „Lonely Streets“ beginnt man unweigerlich die Finger im Rhythmus zu schnippen. Russ Johnson verstärkt mit seinem großartigen Trompetenspiel noch den jazzigen Groove. Das Album besticht mit abwechslungsreichen poppigen Songs, die aufwendig arrangiert und perfekt eingespielt wurden.
Auch auf ihrem neuesten Album hat Sage 12 der 13 Songs selbst komponiert, Jay Clifford steuert die Single Auskoppelung „Mexico“ bei. Die meisten der Musiker waren schon bei den Aufnahmen zum vorherigen Album mit dabei. Allerdings werden Oboe und Flöte gegen Saxophon und Posaune getauscht und es gibt einige zusätzliche Gesangsstimmen.
Das Album kommt auch etwas rockiger daher wie bei „My Words“, bei dem Geige und Piano den gefühlvollen Gesang einleiten. Wenn dann Drums, Bass und Gitarrenriffs einsetzen wird auch Sages Stimme lauter. Das temperamentvolle „Angel in my View“ bietet ein Feuerwerk an Blechbläsern von Michael Amendola (Saxophone), Alan Ferber (Posaune) und Russ Johnson (Trompete und Hörner), mitreißende Rhythmen, Gitarren- und Pianoklänge sowie souligen Gesang. Auch jazzige Klänge gibt es zu hören: Trompete, Wurlitzer, psychedelischer Rhythmus und Rachael Davis’ Begleitstimme begleiten den Sprechgesang auf „Site-seeing“. Beinahe klassisch wirkt „Beloved“ durch das Zusammenspiel von Violine, Piano, Cello und Harmonium; dazu kommen die Stimmen von Davis und Noe Venable und Johnsons Trompete. Zum krönenden Abschluss gibt es den melancholischen Titelsong, der mit einfachem aber wirkungsvollem Arrangement brilliert.
Sage hat eine schöne gut ausgebildete Stimme, ist eine hervorragende Musikerin und schreibt Songs, die sofort ins Ohr gehen ohne dabei banal zu wirken. Beide Alben sind durchaus empfehlenswert mit ihren abwechslungsreichen Liedern und Balladen.
www.rachaelsage.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Jordan T West "(Love) an asylum amongst the convulsions"
Label: Eigenverlag; 2007
Der Kanadier Jordan T. West hat mit „(Love) an asylum amongst the convulsions” sein zweites Album mit zwölf selbst geschriebenen Songs veröffentlicht. Begleitet wurde er dabei von seinen Freunden Lindy Enns und Mark Walters (Gesang), Nicki Wiebe (Violine), Lisa Nazarenko (Cello) und Caleb Friesen (Perkussion).
Die CD verströmt eine Stimmung wie ein nebliger Novembertag und die Songs heben sich mit den traurigen Gesängen und dem Klang der Streicher und der Gitarre kaum voneinander ab. Etwas Abwechslung bringt „The Procreation Song“ mit drei Gesangsstimmen, von denen mir vor allem die von Enns etwas besser gefällt. Auch das etwas rhythmischere Gitarrenspiel und die Streicher sind hier besser arrangiert. Beim finalen Titelsong hat man das Gefühl in Tränen auszubrechen, noch trauriger geht’s wohl kaum … stimmungsmäßig und musikalisch.
Das Album ist eine Sammlung melancholischer emotioneller Lieder, die man nur auf eigene Gefahr hören sollte. Depressive Verstimmungen, aber auch Ohrenschmerzen wegen der hohen mit Kopfstimme gesungenen Töne können aber durch das Abspielen von anderer Musik sofort geheilt werden. Vielleicht wäre die Musik ansprechender mit einer besseren Gesangsstimme, so aber hat sie mir schlicht nicht gefallen.
www.myspace.com/jordantwest
Adolf 'gorhand' Goriup


Mason Brothers "The Sun, the Moon & the Sea"
Label: Eigenverlag; 2007
James und Christian Mason stammen aus Virginia, wo sie an der Universität in Richmond Mathematik und Schriftstellerei lesen. „The Sun, the Moon & the Sea“ ist ihr gemeinsames Debütalbum mit zehn selbst geschriebenen Songs.
Die beiden Brüder singen und spielen die meisten Instrumente wie Gitarren, Bass, Mandoline, Lap Steel, Piano und Rhodes Piano. Als Gastmusiker hören wir Mike Reina (Hammondorgel, Gesang), Jared Laine (Drums), Nathan Alice (Gitarre) und Katie Rubis (Piano).
Die CD beginnt mit „May You rise“, einem wunderschönen melodiösen Lied mit großartigen Chorgesängen, gefühlsvollem Gitarrenspiel und sparsamer Begleitung an der Hammondorgel, Bass, Mandoline und Schlagzeug. In dieser Tonart geht es auch weiter mit stillen melodiös melancholischen Balladen, sauberem Gitarrenspiel und den beiden einschmeichelnden Stimmen. Dennoch wirkt es dank der einfallsreichen Arrangements und den verschiedenen Stimmungen nicht eintönig. So besticht „Ready, set, go“ mit psychedelischem Sound irgendwo zwischen Pink Floyd, Roger Waters und Brian Eno. Dabei bleibt das Arrangement durchaus simpel mit zwei Gitarren, Bass und der Stimme von James; es braucht nicht immer elektronische Tricks. Die elektrische Lap Steel Gitarre und die Mandoline beherrschen die Country Ballade „In the Canyon“. Hammondorgel und Rhythmusgitarren sorgen für einen vergleichsweise flotten Rhythmus.
Das Album beweist, dass man auch mit stillen Liedern durchaus einen abwechslungsreichen Sound produzieren kann. Die hervorragenden Gesangsstimmen und Musiker tragen noch zur Qualität dieses gelungenen Debüts bei, bravo.
www.masonbrothersmusic.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Manfred Pohlmann & Dirko Juchem "Wenn das Freddy wüsste … Schlager der 50er und 60er Jahre"
Label: Skywalk Records; 2007
Edelzwicker "Wiederhören … alte und neue Lieder"
Label: Edelzwicker; 2008
Seit 35 Jahren macht der Rheinländer Manfred Pohlmann Musik und hat dabei ein unglaublich weitreichendes Repertoire von französischen Chansons, über Schlager und deutsche Volkslieder bis hin zu selbst geschriebenen Mundartliedern. Dabei arbeitet er mit den verschiedensten Künstlern zusammen an unterschiedlichen Projekten. Ich habe zwei aktuelle CDs zur Besprechung erhalten, die ein bisschen on allem etwas beinhalten.
Gemeinsam mit dem Live- und Studiomusiker Dirko Juchem lässt er in einer Zeit der weltweiten Finanzkrise das Deutsche Wirtschaftswunder mit 19 wohl jedem meiner Generation bekannten Schlagern wieder aufleben. Da trifft man auf Lieder und Melodien, die unter anderen von Bill Ramsey, Vico Torriani, Connie Francis, Catarina Valente und Bert Kaempfert berühmt gemacht wurden. Die Reiselust der Nachkriegsjahre und der Traum die Welt zu entdecken spiegelt sich wider in Liedern wie „Souvenir, Souvenirs“, „Pigalle“ oder „Kalkutta liegt am Ganges“. Schmalzige Liebes- und Heimatfilme erwachen bei „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“, „Brauner Bär und Weiße Taube“ oder „Wir wollen niemals auseinander gehen“ und die leichten Komödien des wirtschaftlichen Aufstiegs werden mit „Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe“ in Erinnerung gerufen.
Obwohl diese Musik, mit der ich wie Pohlmann aufgewachsen bin, nicht in meinem CD-Regal zu finden ist, war ich von den professionellen und qualitativ hochwertigen Aufnahmen begeistert. Die Arrangements mit verschiedenen Saxophonen, Querflöten, Bassklarinette (Juchem), einer tollen Begleitband mit Gitarren, Kontrabass, Schlagzeug, Keyboards und Akkordeon und Pohlmanns Gesang lässt die kommerziellen Einmanntanzorchester mit Orgel und Synthesizer vergessen. Jede Zeit hat ihre Musik und diese locker vergnügliche Reise in die Vergangenheit hat mir großen Spaß gemacht.
Eine ganz andere Geschichte ist die Wieder-Veröffentlichung der beiden Edelzwicker Alben „Lasst uns nicht eher ruhen…“ und „Gemiggel“ gemeinsam mit alten und neuen bisher unveröffentlichten Liedern.
Die erstere aus dem Jahre 1981 stammende Sammlung von elf deutschen und moselfränkischen Liedern beinhaltet sowohl traditionelle Volkslieder, wie auch deren moderne Adaptationen und Eigenkompositionen der Musiker. Neben Pohlmann, der singt und Gitarre spielt, gehört Harald Becker (Gesang, Gitarre, Mandoline) zum Duo. Für die Aufnahmen im Schnoog Tonstudio wurden ein paar hervorragende Gastmusiker an Akkordeon, Flöten, Cornemuse, Bass, Keyboards, Mundharmonika, Cello, Banjo, Glockenspiel, Klarinette und Schlagzeug geladen. Mein Favorit ist das traditionelle „Isch aarmer Lothringer Bauer“ das musikalisch wie auch textlich zu einem modernen Folk-Rock-Lied überarbeitet wurde.
Für „Gemiggel“ wurden 1985 zehn selbst komponierte deutsche Lieder und moselfränkische Chansons aufgenommen. Neben dem bewährten Produzenten und Musiker Gerd Birsner gesellt sich wieder eine Schar talentierter Musiker zum Duo, unter anderen Dirko Juchem. Zu Juchems Blasinstrumenten kommen noch Oboe, Bass, Dudelsack, Akkordeon, Synthesizer, Salzfass und Rasseln. Dieser Teil der Doppel CD gefällt mir mit den abwechslungsreichen Liedern am besten. Das an Maxime Le Forestiers Chanson „Les lettres“ angelehnte „Breefe“ ist ein poetisch episches Antikriegslied mit tollen Gesängen von Pohlmann und Christine Maringer-Tries und Juchem an Saxophon und Querflöte. Auch die deutsche Nachdichtung des schottischen „The twa Corbies“, „Zwei Krähen“, rechnet mit der Sinnlosigkeit und der Unmenschlichkeit des Krieges ab. Das Titellied ist eine Liebeserklärung an die moselfränkische Sprooch von Pohlmanns Vater Fritz, interpretiert von Manfred Pohlmann und Michael Dorka an der Oboe.
Die zweite CD ist eine Mischung aus zwölf unveröffentlichten Live- und Studioaufnahmen und neuen Liedern. Es gibt von einer historisch interessanten Kassettenrecorder Aufnahme aus dem Jahre 1974 des Witthüser & Westrupp Lieds „Karakulschaf“ bis zu den drei neuen Studioaufnahmen aus dem Vorjahr einen Rückblick auf 33 Jahre Edelzwicker zu hören. Das Antifaschismus Lied „Mein Vater wird gesucht“ (aufgenommen 1979) aus dem Jahre 1933 gehört zu den Höhepunkten der Doppel CD.
Mit diesen beiden CDs habe ich einen Querschnitt durch das Schaffen eines bemerkenswerten Künstlers und Poeten erhalten. Hier zählt nicht nur welche Musik gemacht wird, sondern auch wie diese vorgetragen wird. Mir haben sie gefallen.
www.manfred-pohlmann.de
Adolf 'gorhand' Goriup


Jefferson Pepper "American Evolution #2"
Label: American Fallout Records; 2008
Der in Pennsylvania beheimatete Singer/Songwriter Jefferson Pepper hat bereits 2005 mit seinem Debütalbum „Christmas in Falluja“ seiner Missbilligung gegenüber dem Irakkrieg Ausdruck verliehen. In den folgenden zwei Jahren hat er sich in die Berge im Süden des Bundesstaates zurückgezogen, um ein sehr ehrgeiziges Projekt zu verwirklichen. Er schrieb 51 Songs, in denen er die „American Evolution“ seit der Bevölkerung durch europäische Einwanderer musikalisch und textlich verarbeitete. Das erste der drei Alben wurde bereits im Frühjahr 2008 veröffentlicht und umspannte das historische Amerika bis zu dessen Eingreifen in den 2. Weltkrieg. Das mir vorliegende Album #2 behandelt die Geschichte von 1941 bis 1989 und ist seit 4. August auf dem Markt. Das letzte Album der Trilogie wird im kommenden Jahr herauskommen und sich mit der jüngsten Vergangenheit befassen. Die zweite CD beginnt mit der traurigen Geschichte eines jungen Mannes, der sein Heim in Uniform verlässt und im Stars and Stripes-Banner eingewickelt zurückkommt, „On and on“. Die Pedal Steel, Fiddle und Geige erzeugen eine melancholische Stimmung, die Peppers teils zynischen Gesang begleitet. Pepper hat eine schöne Gesangsstimme und legt sehr viel Ausdruck hinein, der durch die großartigen Begleitmusiker noch verstärkt wird. Im Stile der Grossen der amerikanischen Songwriter rockt Pepper bei „Disposable me, disposable you“ und rechnet mit der Wegwerfgesellschaft der 50 er Jahre ab. „Good Morning Mrs. Stine“ ist ein flotter Countrysong über die allgegenwärtige übellaunige Nachbarin. Disco Rhythmen, Electronic Groove und Sprechgesang verschmelzen auf „One Percent“ mit dem Klang der Pedal Steel zu einer Anklage an die Wohlstandsverteilung in den USA. Markige Gitarrenriffs, pulsierende Rhythmen und gefühlvoller Gesang begleiten die Klage über das Leiden von Drogensucht und Prostitution bei „Orphans of Endorphins“. Da bleibt die Frage „What if Jesus came back to earth..:”(Crucify). Pepper meint man würde ihn wieder kreuzigen und ich denke, er hat gar nicht so unrecht.
Peppers Musik ist eine abwechslungsreiche Mischung aus Country, Bluegrass, Americana und Folk, aber auch Rock’n’Roll, Blues, Rock und Disco gibt es zu hören. Seine Texte sind eine poetische Abrechnung mit den Unzulänglichkeiten der Gesellschaft in Amerika, die aber durchaus auch auf Europa zutreffen. Kompromisslos werden Probleme und deren Ursachen aufgezeigt; im Mittelpunkt steht immer das Individuum, das heute immer mehr zu einer Nebensache degradiert wird. Musikalisch und inhaltlich hat Pepper ein hervorragendes Werk geschaffen.
www.myspace.com/jeffersonpepper
Adolf 'gorhand' Goriup


Murat Coskun "Rhythmystic Silence"
Label: Eigenverlag; 2008
Murat Coskun ist der Sohn einer türkischen Einwandererfamilie und lebt in Freiburg, Preisgau. Einflüsse aus der türkischen, wie auch der heimischen europäischen Kultur verschmelzen bei ihm mit Erfahrungen aus verschiedenen Studienreisen in den nahen Osten und nach Afrika. Sein aktuelles Live-Album „rhythmystic silence“ wurde im Rahmen eines Konzertes von Tamburi Mundi in der Christuskirche in Freiburg im Sommer 2007 Live aufgenommen. Der Grossteil des Albums ist Solo Perkussion, doch auf zwei Stücken wird Caskun von Cheikh Kane (Senegal Flöte) begleitet und eines wurde als Trio mit Lori Cotler (Gesang) und Glen Velez (große Rahmentrommel) und Coskun (Hang) aufgenommen.
Die in unseren Breiten wohl bekannteste Rahmentrommel ist das irische Bodhràn, es gibt unter anderen im afrikanisch-asiatischen Raum jedoch eine Vielzahl dieser einfachen und doch einzigartigen Perkussionsinstrumente. Mit diesem archaischen und dennoch faszinierenden Instrument befasst sich Tamburi Mundi, ein in Freiburg heimisches Festival. Murat Caskun ist ein Meister dieses Instrument wie er bei seiner Solo Performance auf „Longing“ beweist. Er spielt das Stück auf einer tief gestimmten großen Rahmentrommel mit Rasseln. Die Faszination einer Solo Perkussion ist der stetige Wechsel zwischen Stille und Laut. Das hohe Rasseln der blechernen Schellen und das dumpfe Tamtam der meist mit Ziegenfell bespannten Rahmentrommel vereinen sich zu einem hypnotischen Mix, bei dem Liebhaber Mühe haben ihre Finger unter Kontrolle zu halten. „La danse du sable“ ist eine wunderschöne Melodie, gespielt auf der Flöte und rhythmisch begleitet von einer der klangvollsten Handtrommeln, der Darabuka. Velez ist wohl einer der bekanntesten Rahmentrommler und bei „Didn’t You hear the Sands“ übernimmt Coskuns Lehrmeister das große Tamburin und Murat spielt das Hang, eine moderne Erfindung, die sich aus der Steeldrum, dem Udu und dem Gong entwickelt hat. Das Ganze sieht dann aus wie ein silberner WOK. Das Stück ist für mich der absolute Höhepunkt des Albums. Cotlers atemberaubende Stimme, der melodiöse Klang des Hang und der großartige Rhythmus der Rahmentrommel vereinen sich zu einem außergewöhnlichen und bezaubernden Klangbild.
Liebhaber von Perkussionsmusik werden diese CD genauso lieben wie ich, aber auch Neulinge in diesem Genre werden bei den begleiteten Stücken dem Zauber des Fingertanzes verfallen; einem Zauber, der aus einer Zeit lange vor Erfindung moderner Musikinstrumente stammt.
www.murat-coskun.eu
Adolf 'gorhand' Goriup


V/A "Tamburi Mundi 2007 – Internationales Festival für Rahmentrommel"
Label: Tambura Mundi; 2007
Seit August 2006 organisiert Murat Coskun das unterdessen weltweit anerkannte Festival. Beim diesjährigen Anlass wurde ein Live Mitschnitt aus der Christus-Kirche und dem Paulussaal in Freiburg aus dem Vorjahr vorgestellt.
Neben dem einheimischen Ensembles Freiburger Spielleyt und Coskuns Tamburo Mundi Trio trat auch das aus Isfahan stammende Ensemble Safa auf. Dazu gab es einige der besten Perkussionisten aus aller Welt zu hören. Angefangen mit den Musikern von den britischen Inseln, Gerry Murray (Akkordeon) und Ian Harrison (Windinstrumente), über die New Yorker Vokalperkussionistin Lori Cotler und dem mexikanisch-texanischen Jazz Perkussionisten und Komponisten Glen Velez, dem deutschen Bodhràn Meister Thórralf Schuh und seinen Kollegen an der Rahmentrommel Michael Metzler und Nora Thiele bis hin zu Künstlern aus Italien und dem nahen Osten waren für das Festival 2007 ein buntes Gemisch an Kulturen und Stilen eingeladen.
Die Reise der Rahmentrommel beginnt mit einem türkisch-italienisch-brasilianischen „Tamburap“ des Tamburo Mundi Trios. Gilson de Assis am Berimbau, Andrea Piccioni und Murat Coskun an den Rahmentrommeln zeigen, dass man auch traditionell rappen kann. Es folgt ein Ausflug nach Irland, zuerst mit einem Bodhràn Solo von Thórralf Schuh und dann mit der traditionellen irischen Tune „Merrily kissed the Quaker’s“, gespielt von Murray, Schuh und Harrison. Bald weisen die Wege in das Morgenland und der Zuhörer hört nach einem Tonbak (persische Holztrommel) Solo von Morteza Ghasemi das traditionelle iranische „La ilahe illalah“ vom Ensemble Safa. Man fühlt sich sofort in eine andere Welt versetzt und wenn man die Augen schließt, meint man das bunte Treiben eines orientalischen Marktes zu sehen. Nach einer iranisch-türkisch-italienischen Improvisation betritt der US Amerikaner Glen Velez die Bühne und liefert sich mit Lori Cotler ein kurzes Vokalduell, nachdem er aber bald zur Trommel greift und der atemberaubenden Stimme Cotlers den Vortritt lässt. Dennoch beweist auch Velez großartige stimmliche Fähigkeiten. Solch perfekte Stimmakrobatik habe ich erst einmal gehört, beim Vocal Summit (1982) mit Bobby McFerrin, Urszula Dudziak, Jeanne Lee, Lauren Newton und Jay Clayton. Dann begleiten Harrison, Metzler und Schuh die Freiburger Spielleyt beim verspielten höfischen Tanzlied „Estampie“. Als Abschluss gibt es „Como podem per sas culpas“ von Alfonso el Sabio, König von Kastilien und León (1221-1284), zu hören. Für den Ausschnitt aus den Cantigas de Santa Maria versammelt sich das gesamte Festival Ensemble um diesem Monarchen, Künstler und Wissenschaftler Ehre zu erweisen.
Die CD ist wohl die beste Promotion für ein Festival, das sich aus der Masse von Festivals heraushebt. Da liegt den Organisatoren die Musik am Herzen und nicht in der Geldbörse.
www.tamburimundi.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Kerstin Blodig "Nordisk Sjel"
Label:
Westpark Music; 2008
Die Sängerin und Gitarristin Kerstin Blodig hat skandinavische Wurzeln und pflegt diese in verschiedenen Projekten wie der Band Valivann, dem Duo Kelpie und auch in ihren Soloprojekten. Daneben ist sie mit unter anderem Norland Wind oder Talking Water auch in der keltischen Musikszene bekannt und geschätzt.
Auf ihrem neuen Album „Nordisk Sjel“ (nordische Seele) hat sie die schönsten Stücke ihrer Lieblingsprojekte Kelpie, Talking Water und ihres Soloprogramms zusammengestellt. Der Schwerpunkt liegt sicherlich bei der skandinavischen Kultur. Sechs traditionelle Lieder und zwei Texte aus Norwegen mit Blodigs Musik stehen je zwei Kompositionen von Blodig und Bob Melrose (schottischer Songwriter) und einem traditionellen schottischen Tanz-Set gegenüber.
Das Album besticht mit einer außergewöhnlichen Bandbreite an Stilen und Sounds, die meisterlich vortragen werden. Blodig ist offizielle Vertreterin von Gibson Gitarren und mit ihrer selbst komponierten Melodie „Trollferd“ beweist sie auch warum. Die Vertonung der Flucht der Trolle vor der aufgehenden Sonne ist eine meisterhafte Sololeistung, atemberaubend rhythmisch und gefühlvoll melodiös bringt sie die Gitarre zum Singen. Ein zweites Instrumentalstück wurde mit „Jenny Nettles“ aufgenommen. Der langsame schottische Reel wurde von den Mitgliedern von Talking Waters (Blodig, Ian Melrose, Urs Fuchs und Wolfram Cramer von Clausbruch) mit Unterstützung des Drummers Ingolf Kurkowski eingespielt. Hier spielt Melrose, Partner bei Kelpie, die Gitarre meisterhaft und Blodig begleitet ihn auf der Mandoline. Auch das Zusammenspiel von Whistle (Melrose) und Akkordeon (von Clausbach) ist absolut großartig. Bob Melrose steuert eine poppige chill-out Ballade bei, „Seagulls“. Blodigs wunderschöne Stimme sprudelt wie ein klarer Gebirgsbach über den programmierten Groove, dazu kommen Perkussion, Gitarre, Bass und Bouzouki. Aber auch jazzige Töne erklingen bei „Power of the Moon“, einem weiteren Talking Waters Song. Die wunderschöne norwegische Ballade „Jeg lagde meg sa silde“ ist wohl eines der traditionellsten Lieder des Albums. Blodig spielt hier die Gitarre mit dem Bogen und ihre glockenklare Stimme wird nur spärlich begleitet. Beim norwegischen Tanz „Halling etter Thorvald Tronsgard“ verzichtet sie vollkommen auf musikalische Begleitung und singt die Melodie dreistimmig a Capella. Das rhythmische Kinderlied „Kraka“ (Krähe) spielt sie gemeinsam mit Ian Melrose auf zwei Gitarren.
Ich kannte Kerstin Blodig nur gemeinsam mit Norland Wind und muss feststellen, dass mir dabei das Beste entgangen ist. Mit dieser CD hat sie sich nun endgültig in meiner persönlichen Hitparade ganz nach oben zu den besten Musikern gespielt. Hört doch mal rein und überzeugt euch selbst.
www.kerstinblodig.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Zwoastoa "zwoa zu fünft"
Label: Eigenverlag; 2008
Die fünf Musiker von Zwoastoa haben mit „zwoa zu fünft“ bereits ihr zweites Album mit 12 Eigenkompositionen herausgegeben. Bayrische Weltmusik, mitreißender Rock, Funk und Elektro-Groove wechseln sich ab wenn Texter Ludwig „Wiggal“ Wiedenmann (Gesang, Perkussion), Axel Stoßberger (Keyboards, Querflöte, Akkordeon, Gitarre, Perkussion), Torsten Bergmühl ((Schlagzeug), Thomas „Wiesholler“ Braun (Bass) und Harry „Githarry“ Gröber (Gitarre) zu ihren Instrumenten greifen. Die CD beginnt mit dem treibenden Rhythmus und dem Klang des Akkordeons von „Da Wind“, ein toller Ethno-Rocksong über die Freiheit. Reggae-Rhythmen und der sarkastische Text kennzeichnen „Leitkultur“. „Acid Star“ brilliert mit großartigem Elektro-Groove und „Knab & Roeslein“ ist eine böse Variante von „Es sah ein Knab ein Röslein stehen“ im Polkatakt. Mein Lieblingssong ist das funkige „Heasdas“, bei dem Querflöte, wahwah Gitarre, Piano und funkige Rhythmen den Gesang begleiten.
Das Zwoastoa gstanzl sound-system bietet einen abwechslungsreichen rhythmischen Sound mit bissigen bayrischen Texten und hervorragenden musikalischen Akzenten. Liebhaber von Rockmusik werden genauso Gefallen daran finden wie Freunde von innovativer Weltmusik, ich kann die CD durchaus empfehlen.
www.zwoastoa.de
Adolf 'gorhand' Goriup


Rachael Davis "Antebellum Queens"
Label: Fox on a Hill 2008
Rachael Davis wuchs in Michigan auf und stand dort bereits als Kleinkind auf der Bühne und sang. Aber erst als sie 2001 nach Boston zog begann ihre Karriere als Singer/Songwriter mit dem Debütalbum „Minor League Deities“. Sieben Jahre danach veröffentlicht sie mit „Antebellum Queens” ihr viertes Soloalbum mit elf eigenen Songs und zwei Coverversionen. Begleitet wird sie dabei von einer Reihe ausgezeichneter Studiomusiker, unter anderen Multi-Instrumentalist und Produzent Eric Merrill.
Davis hat eine wunderschöne Stimme und spielt selbst Gitarre und bei dem Carter Family Cover „Ain’t gonna work tomorrow“ Banjo. Begleitet wird sie bei diesem rhythmischen Country Song von Jake Amerding an der Mandoline. Wesentlich aufwendiger wurde David Meads jazziger Song „While the World is sleeping“ arrangiert. Zum stillen Rhythmus des Schlagzeugs und des Kontrabasses singt Davis und wird dabei von der Bassklarinette von Cornelius Boots umschmeichelt. „Mark of Cain“ ist ein großartiger Blues mit leidenschaftlichem Gesang und tollem Rhythmus. „Atlanta’s burning“ ist ein melodiöser Song, bei dem der einfühlsame Gesang, die Fender Rhodes, die Fiddle und drei Gitarren einen Klangteppich über den wiegenden Rhythmus legen. Mandoline, Banjo, Gitarre und Fiddle begleiten Davis bei „Sweetwater Sea“, ein vortrefflicher Bluegrass.
Der Wechsel von stillen Balladen, jazzigen, bluesigen oder rockigen Songs und Americana macht das Album zu einem außergewöhnlichen Werk. Die Stimme von Davis, die hervorragenden Musiker und perfekten Arrangements tragen noch dazu bei. Für mich ist es eines der besten Alben, die dieses Jahr auf der anderen Seite des Atlantiks produziert wurden.
www.rachaeldavis.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Dun Aengus "Farewell to the Moy"
Label: Eigenverlag; 2008; Spielzeit: 63:32 min
Nach ihrem Debütalbum „Bright Morning Star“ aus dem Jahr 2005 haben sich die drei Musiker aus der Vorharzregion mit Christian Zastrow einen vierten Sänger und Fiddler ins Boot geholt und in diesem Jahr mit „Farewell to the Moy“ ein weiteres Album mit traditionellen, gecoverten und originalen Stücken veröffentlicht. Vier instrumentale Sets und neun Songs wurden Live in einem Dachkammerstudio in Braunschweig aufgenommen. Neben Songs von Kieran Halpin oder Struan Eaglesham (Wolfstone) gibt es eine Eigenkomposition von „Walkin’ Tom“ Keller, aber auch traditionelle Songs und Sets zu hören.
Beim Auspacken der CD fällt auf, dass die Spielzeit sich mit mehr als einer Stunde beinahe verdoppelt hat und beim Abspielen, dass mit vier Gesangsstimmen das Repertoire noch abwechslungsreicher gestaltet werden kann. So ist auch einer der Höhepunkte der A-Capella-Song „Foxhunters“, bei dem Tom den Text zu der Melodie eines Jigs aus dem 19. Jahrhundert geschrieben hat. Begleitet vom Bodhrán singen die vier in tollem Rhythmus. Toms Komposition „Cutthroat, Barley and Jones“ ist ein flotter Seemannssong mit Klaus Brünenkamp an Banjo und Mundharmonika. Bei der Slow Air „Inisheer“ beweist Bianka Brünenkamp ihr gefühlvolles Flötenspiel und beim anschließenden Slip Jig „Snowy Path“ übernimmt Christian Zastrow an der Fiddle die Führung. Mein Favorit ist der Railroad-Song „Drill Ye Tarriers“ aus dem 19. Jahrhundert, den die vier Musiker hervorragend arrangiert haben. Dunkle Chorgesänge verbinden sich mit dem hellen Klang der Flute und Klaus hat als Draufgabe den „Tarrier's Jig“ geschrieben, bei dem die Fiddle und die Whistle gemeinsam auftrumpfen.
Das Album brilliert mit tollen mehrstimmigen Gesängen und einer guten Auswahl von Liedern und Tanzsets, von Slow Air und Lament über Slip Jig und Slide bis zu den bekannten Jigs und Reels. Die Arrangements sind ansprechend und musikalisch sehr gut interpretiert. Hört doch mal rein, es lohnt sich.
www.dunaengus.de
Adolf 'gorhand' Goriup


Hackensaw Boys "Look out"
Label: Nettwerk Records; 2008
Die sechs Musiker aus Charlotteville, Virginia, verließen vor acht Jahren die Stadt um auf eine siebenjährige Tour durch die Staaten, Europa und die Britischen Inseln zu gehen. Dennoch fanden sie unterdessen Zeit mittlerweile fünf Alben aufzunehmen, deren jüngstes, „Look out“, mir zur Besprechung vorliegt. Baby J, the Klooky-Eyed Fox, Mahlon, Four, Cousin Spits und Salvage nennen sich die von ihrer Musik regelrecht besessenen Boys, die die Americana Musik mit einer selten gehörten Leidenschaft spielen und den größten Country Muffel dazu bringen im Rhythmus mitzuschwingen.
Zu hören gibt’s ein beinahe klassisches Line-up mit Gesang, Gitarren, Bass, Harmonika, Akkordeon, Banjo, Fiddle, Mandoline, Spoons und Sägeblatt und 12 mitreißende Songs in teilweise halsbrecherischem Rhythmus wie „Look out Dog, slow down Train“. Die Gesänge sind ebenso bemerkenswert wie die musikalische Begleitung. „Too much Time“ ist ein großartiger Country Blues, rhythmisch und melodiös erste Sahne. Ein weiterer Höhepunkt ist „Radio“, bei dem man Mühe hat seine Beine unter Kontrolle zu halten. Neun Songs stammen aus der Feder der Band, Gastmusiker Pee Paw Hackensaw steuert zwei Songs bei, darunter den flotten Country Song „Hobo“, bei dem er auch gleich den Leadgesang übernimmt. Und mit „Gospel Plow“ haben die Boys noch ein traditionelles Lied aufgenommen, das mit dem wundervollen Gesang und dem beschwingten Rhythmus mein Lieblingssong ist.
Das Album ist meiner Meinung nach ein absolutes Muss für Freunde von Americana. Selten hat mich ein Album dieser Stilrichtung so begeistert. Banjo, Fiddle und Mandoline beherrschen neben dem Gesang den Sound und verbreiten einfach nur gute Laune. Der einzige Makel ist die mit 37 Minuten viel zu kurze Spielzeit.
hackensawboys.com
Adolf 'gorhand' Goriup


Phil Holland "Faeries"
Label: Eigenverlag; 2008
Die im Ayrshire aufgewachsene klassische Violinistin Phil Holland hat Irisch-Schottische Wurzeln. Nach Ihrer Ausbildung auf der Royal Academy of Music in London zog sie nach Italien und schloss sich dem Symphonieorchester der Emilia Romana an. 1991 eröffnete sie eine Violinschule. Später wollte sie wieder zu ihrem kulturellen Erbe zurückkehren und erlernte die keltische Harfe. Mit ihrem aktuellen Album „Faeries“ hat sie bereits ihre vierte Solo CD für Harfe, Fiddle und Gesang aufgenommen. Sechs instrumentale Werke – drei traditionelle Stücke, eine Eigenkomposition wie auch zwei Interpretationen des irischen Sängers und Harfenspieler Turlough O’Carolan (18. Jhdt.) – wechseln sich ab mit sieben Songs. Zwei Songs sind Vertonungen von W. Shakespeares „Midsummer Night’s Dream“, drei sind traditionelle Lieder, einen hat Holland selbst geschrieben und zu einem Gedicht von W. B. Yeats hat sie die Musik geschrieben.
Egal ob Holland traditionelle Stücke, Eigenkompositionen oder O’Carolan spielt, man hört sofort, dass sie eine klassische Ausbildung genossen hat. Bei manchen wirkt das sehr gut, bei anderen fehlt die Leidenschaft, mit der das Volk ihre Musik spielte. So finde ich die traditionellen Lieder wie „My Lagan Love“ oder „Raglan Road“ eher langweilig. Bei der Kombination von „The Athol Highlanders/Will ye no come back again“ ist diese Vereinigung von klassischen Elementen mit traditionellen Melodien besser gelungen. Der rhythmische Tanz wurde mit Fiddle und Harfe toll eingespielt und beim darauf folgenden Jakobiterlied passt der arienartige Gesang recht gut. Von den literarischen Vertonungen gefällt mir das melancholisch romantische „The Wild Faery“ (Shakespeare) am besten. Auch bei den traditionellen Tunes fehlt etwas die Leidenschaft und Improvisationen. Von den instrumentalen Stücken gefallen mir einerseits Hollands Eigenkomposition „Laoch Sidhe“ (Kriegsfee), das mit rhythmischem Harfenspiel und engelhafter Stimme interpretiert wird und „O’Carolan’s Concerto“, das schon dem Namen nach ein klassisches Werk ist.
Für mich ist Phil Hollands Album eines von vielen Versuchen auf der traditionell-keltischen Welle mitzureiten. Es gibt sicher interessante Ansätze, doch es gibt da so einen Spruch: Schuster bleib bei deinen Rappen.
www.philholland.net
Adolf 'gorhand' Goriup


eCHo "Schnitter - i hole di o"
Label:
Narrenschiff; Nar 2007037; 2007; Spielzeit: 50:59 min
Der Schnitter, der Sensenmann oder Gevatter Tod, wie auch immer man den alten Knochenmann nennen will, er hat die Menschheit und das gemeine Volk schon immer beschäftigt und dementsprechend groß ist die Auswahl an traditionellen und zeitgenössischen Liedern über seine verschiedenen Erscheinungsformen. Darum haben sich die Schweizer Allroundkünstler von eCHo und Doppelbock den Tod als Thema für ihr Konzeptalbum „Schnitter“ ausgewählt.
Die Sänger(innen) Corin Curschellas, Christine Lauterburg und Walter Lietha werden dabei von den eigenen Musikern, sowie von denen der Gruppe Doppelbock an traditionellen akustischen wie auch modernen elektrisch verstärkten Instrumenten begleitet. Die 14 Mundart Lieder werden mit verschiedenen Zitaten und den Bildern von Tabea Hüberli dokumentiert und stellen den Tod in all seinen verschiedenen Facetten dar.
Mit einem Lied von Endo Anaconda, einem der bemerkenswertendsten Schweizer Volkssänger, beginnt die Reise zum Hades. „i hole di o“ (ich hole dich ab) beginnt mit dem Klang der Sense, einem für Anaconda typisch zynisch makabren Text und Lauterburg, die den Refrain in perfektem Jodelsound singt. Der Tod stellt sich als Lebensretter und armer Sozialdienstbezüger vor. Es folgen traditionelle Sichtweisen wie der Tod mitten im Schlachtgetümmel oder als bösartig sadistischer Übeltäter. Die Musik dazu ist düster und schaurig schön, die Gesänge gehen unter die Haut und lassen den Zuhörer schaudern. Das instrumentale „Mütschegäischt“ ist eine traditionelle Polka, die einem die Nackenhaare aufstellen lässt … war da nicht ein Schatten? „Les couleurs de la mort“ von Bandmitglied Dide Marfurt und Urban Gwerder wird von Curschella gesungen und erzählt von den verschiedenen Schicksalsschlägen des Todes. Zu jedem Zeitpunkt kann uns der Schnitter mit einem gezielten Hieb abholen. Muatataler Jodelklänge treffen bei Matthias Linckes „Cajutz“ auf den dampfenden Rhythmus des Cajun, Mississippi meets Innerschwyz. Lietha singt das traditionelle Lied vom „grimmig Tod“ und Lauterburg vertont eine populäre Version des „Tannhuser“.
Ich hatte schon viel von Doppelbock reden gehört, aber bis anhin leider keine Gelegenheit gehabt ihre Musik zu hören. Mit dieser großartigen CD haben mich diese hervorragenden Musiker und Künstler überzeugt. Das ist genau die Musik, die ich seit Jahren in der Schweiz gesucht habe.
www.doppelbock.ch
Adolf 'gorhand' Goriup


Wasteland Green "Nightingale"
Label: Acoustic Concerts Berlin Records 2008
Das Berliner Akustik Trio Wasteland Green hat mit „Nightingale“ bereits ihr zweites Album veröffentlicht. Susanne Werth (Gesang, Gitarre, Bass, Perkussion), Arne Zauber (Akkordeon, Gesang) und Friedrich Barniske (Gesang, Gitarre) haben dafür neun eigene Songs, zwei Instrumentalstücke und drei Coverversionen in nur fünf Tagen aufgenommen.
Schon beim ersten Reinhören war ich von der Vielseitigkeit, den schönen Gesängen und den einfachen aber wirkungsvollen Arrangements begeistert. Da gibt es wunderschöne französische Chansons wie „Marie“ von Susanne Werth und im Anschluss einen instrumentalen Walzer „à la française“ von Barniske zu hören. Aber auch mit deutschen Liedern wie „Unverfrorene Zeit“, melodiösen Songs wie der betörend schöne Titelsong oder jazzigen Balladen wie „Side Walk“ bezaubert Werth den Zuhörer. Barniske schreibt neben den beiden Instrumentalstücken auch Lieder und Songs. „Midwestern Ballad“ ist ein romantischer Lovesong, bei dem Susannes gefühlvoller Gesang auf den Klängen des Akkordeons zu schweben scheint. Meist singt Werth die Hauptstimme und mit ihrer glockenklaren und vollen Stimme und ihrer perfekten Gesangstechnik ist sie wohl das Markenzeichen der drei talentierten Musiker. Stilmässig hört man von poppig rhythmischen Songs über Coverversionen aus dem Genre Americana, aber auch jazzige und folkige Songs.
Mir hat das Album ausgesprochen gut gefallen. Sowohl die Eigenkompositionen wie auch die Coverversionen wurden großartig interpretiert. Trotz Verzichts auf Schlagzeug und elektronisch verstärkte Instrumente klingen die Stücke keineswegs „hausgebacken“, sondern sehr professionell und abwechslungsreich.
www.wastelandgreen.de
Adolf 'gorhand' Goriup


Des Teufels Lockvögel "Schwarze Kunst"
Label: Curzweyl; 2008
Ganz in der Nähe des biederen Kurorts Bad Tölz lebt der singende Hexenmeister Marcus van Langen, der 1998 die nach einem selbst komponierten mittelalterlichen Lied benannte Gruppe Des Teufels Lockvögel gründete. Bereits im Mittelalter nannte man so die Spielleyt und Vagabunden, da sie den braven Bürger zu ausschweifender Fröhlichkeit, Tanz und Trank verführten.
Ein wohl passender Name für das Trio, das sich auf ihrem aktuellen Album mit der Alchemie, einer Kunst, die schon manchen auf den Scheiterhaufen gebracht hat, befasst. Van Wangen wird dabei von zwei Gefährten begleitet. Da ist die stimmgewaltige und verruchte Juliane la Fey, die mit ihren süssen Worten und ihrer verführerischen Stimme wohl manchen betören wird, und der schlagkräftige Recke Thomas van der Steerewacht. Außerdem wurden Barden aus dem ganzen Lande eingeladen um bei der Vollendung der „Schwarzen Kunst“ mitzuhelfen.
So hört man Geige, Cello, Flöten, Schalmeien, Cister, die Teufelsklampfe und noch viele weitere Instrumente und Stimmen, die den uneingeweihten mit alten Texten, traditionellen Liedern in deutscher, englischer aber auch lateinischer Sprache in die Kunst der Alchemie einführen. Natürlich haben aber Marcus und Juliane auch eigene Lieder geschrieben, die sie hier zum Besten geben. Düster und bedrohlich wie eine mittelalterliche Trutzburg sieht das Album aus und die Gesänge, Worte, Melodien und Rhythmen tönen hypnotisierend und manchmal unheimlich. Fast kann man das Treiben eines mittelalterlichen Marktplatzes vor den Augen sehen. Der Geruch von Gewürzen, Wein und gebratenem Fleisch vermischt sich mit dem Gestank von Unrat und verschwitzten Leibern und das Geschrei der Händler, Kinder und das Gezeter von sich streitenden Weibern übertönt die Musik der Spielleyt.
Wer schon einmal das bunte Treiben eines Mittelalterfests erlebt und es genossen hat, der wird diese CD lieben. Aber auch abgesehen davon ist das Album musikalisch, gesanglich, aber auch textlich hochinteressant und durchaus empfehlenswert. Gerade jetzt in der Zeit, in der die Grenze zwischen den Welten verschwimmt und das Reich der Toten sich mit dem Reich der Lebenden vermischt, denn es ist samhain.
www.lockvoegel.de
Adolf 'gorhand' Goriup


Duotonal "Café crème"
Label: Eigenverlag; 2008
Duotonal sind Gottfried Rimmele (Geige, Klavier, Panflöte) und Rainer Wenzel (Gitarren, diatonische Knopfharmonika). Rimmele ist im Raum Nürnberg sowohl als Mitglied der Folkformation Saitenweg, als Leiter der Vokalgruppe Ultraschall und auch als Studiomusiker bekannt. Wenzel spielt in zahlreichen Formationen und produziert Musik für Kinder. Gemeinsam machen sie New Acoustic Musik für Feste, Feiern, Vernissagen, Lesungen und Konzerte.
Dementsprechend lassen die 13 Eigenkompositionen auf ihrem Album „Café crème“ Gedanken an leckere kalte Buffets, Cocktails und gepflegte Unterhaltung aufkommen. Während zwei Musikanten für Unterhaltung sorgen pflegt die High Society Smalltalk, spricht über die letzten Skandale oder die Börsenkrise. Da erklingen französische Walzer gespielt auf dem Akkordeon wie „Le vrai Cassoulet“ von Wenzel, rhythmische Klavierimprovisationen von Rimmele (Schnee in Lefkimi) und der „Blues for Sue“ (Rimmele), bei dem Geige und Gitarre zusammenspielen. Wenn die Panflöte bei „Moravia“ (Rimmele) erklingt denkt man unmittelbar an die klare Luft der Anden und bei Wenzels „Rovaniemi“ sieht man das Lagerfeuer der Fahrenden vor sich und vermeint deren Singen und Tanzen zu vernehmen. Mein Lieblingsstück ist die Co-Komposition „Vollmund“ eine rhythmisch dramatische Melodie auf Geige und Gitarre.
Das Album ist eine gelungene Mischung von schönen Melodien, hervorragend interpretiert von zwei erfahrenen Musikern. Ich kann die CD Liebhabern von stiller Instrumentalmusik durchaus empfehlen.
www.kubiss.de/kultur/info/kuf/duotonal/
Adolf 'gorhand' Goriup


Bärengässlin "Der Mönch von Salzburg"
Label:
Verlag „pläne“; 1980/2008
Michael Korth (Gesang, Fidel) und Johannes Heimrath (Laute, Schlaginstrumente, Gesang, Blockflöte, Trumscheit) haben 1980 unter dem Namen Bärengässlin eine Reihe von fünf Alben mit mittelalterlichen Liedern aufgenommen. Nun werden diese von pläne Rekords digital überarbeitet und neu aufgelegt. „Der Mönch von Salzburg“ ist bereits die vierte Neuveröffentlichung mit 14 Liedern des namentlich nicht bekannten Dichterkomponisten aus dem 14. Jahrhundert.
Die Themen der Lieder sind breit gestreut, so gibt es natürlich pastorale Gesänge wie einen Tischsegen oder ein Marienlied, aber auch Minnesänge, die teilweise recht frivol daherkommen, Trinklieder oder Lieder über das Leben im Mittelalter. So ist das mehrstimmig gesungene „Das kchühorn“ (Kuhhorn) ein Lied über den allgemein üblichen Mittagsschlaf nach dem Untarn (Mittagessen), den in diesem Lied die Magd und der Knecht gemeinsam verbringen. Gesänge wie auch der Klang der Fidel klingen authentisch und heben sich so von der Mehrheit der aktuellen Mittelalterbands ab. Der Mönch von Salzburg war im deutschen Raum der erste Komponist, der polyphone Gesänge eingeführt hat. „Martein lieber herre“ ist ein schönes Beispiel. Zwei Flöten spielen beim instrumentalen „Ain empfahen/Wol kum mein libstes ain“ ein fuge-artiges Duett. Das rhythmische Trinklied „Von sand Marteins frewden – Wolauff lieben gesellen“ verbindet großartigen Gesang mit dem Klang der Fidel, der Harfe und dem Schlagwerk. Beim Minnelied „Ich han in ainem garten gesehen“ singt Isabella Ernst mit glockenheller Stimme zu Fiedel und Schlagwerk.
Die gemeinsam mit Isabella Ernst (Gesang), Pierre Ginzburg (Flöten und Krummhörner), Christine Simon (Fidel, Diskantgambe) und Rudolf Süss (Irische Harfe) auf Originalinstrumenten wunderschön eingespielten Lieder sind nicht nur historisch interessant, sondern auch durchaus im Trend der Zeit.
www.plaene-records.de
Adolf 'gorhand' Goriup


The Queensberry Rules "Landlocked"
Label:
Fellside Recordings; 2008
Die drei in Stoke-on-Trent beheimateten Musiker der Akustik-Folk Band The Queensberry Rules hatten 2004 nach drei Jahren Clubszene ihr Debütalbum veröffentlicht. Der Erfolg bescherte ihnen einen Vertrag mit Fellside Recordings in Cumbria, bei denen sie mit „Landlocked“ bereits ihr zweites Album produziert haben.
Gemeinsam mit einigen hervorragenden Gastmusikern haben Gary Wilcox (Gesang, Perkussion), Duncan Wilcox (Gesang, Kontrabass, Mandoline, Fiddle, Tamburin) und Phil Hulse (Gesang, Gitarre, Bouzouki, Harmonika) neun neue Eigenkompositionen, eine Neufassung ihres Dauerbrenners vom ersten Album, „Preservers Song“, und zwei traditionelle Lieder aufgenommen.
Das traditionelle Lied „Dol-li-a“ stammt aus dem 18. Jahrhundert aus Newcastle-upon-Tyne und ist rhythmisch wie auch gesanglich von den dreien perfekt eingespielt. Gitarre, Mandoline und tolle Chorgesänge begleiten Garys Leadgesang. Gary hat auch ein a Capella Lied geschrieben, „Farewell“, bei dem die drei gesanglich mit Rhythmus wie auch Harmonie brillieren. Dasselbe beweisen sie mit ihren Instrumenten auf dem instrumentalen “Pushing the Boat out“. Hulse schrieb die rhythmisch melodiöse Bekennung an die Heimat, „I still believe in England“. Hier ist das Arrangement etwas aufwendiger und man hört man neben den drei Bandmitgliedern Kate Bramleys begabtes Fiddle Spiel und Linda Adams sowie Robert Hallards Chorgesänge. Der Titelsong stammt aus der Feder von Gary und Duncan und ist eine Erinnerung an die Jugendzeit und die Ferien an der nordwalisischen Küste. Garys Gesang wird bei dieser melancholischen Ballade von Kate an der Fiddle, Phil an Gitarre und Bouzouki und Duncan am gestrichenen Kontrabass begleitet, ein atemberaubend schöner Song.
Mit dieser CD beweisen die drei großartigen Musiker und Songwriter, dass sie eine echte Bereicherung der englischen Folkszene sind; Vergleiche mit etablierten Musikern wie Jez Lowe sind durchaus angebracht. Die drei haben wunderschöne Gesangsstimmen, sind auf ihren Instrumenten sehr versiert und schreiben hervorragende Songs, textlich wie auch musikalisch.
www.thequeensberryrules.net
Adolf 'gorhand' Goriup


Innisfree "Sixpack"
Label: Eigenverlag; 2007
Die drei Musiker von Innisfree aus Nordrhein-Westfalen sagen „Handmade music is our profession“. Dies beweisen sie auch auf ihrem Erstlingswerk „Sixpack“, das leider mit sechs Songs und einer Spielzeit von etwas mehr als 30 Minuten ziemlich kurz ausgefallen ist.
Jörg Eibner (Bouzouki, Gitarre und Gesang), Roland Noack (Low Whistle, Uilleann Pipes, Bodhran und Gesang) und Martin „Cat“ Wiesel (Banjo, Gitarre, Bass, Tin Whistle und Gesang) haben sich zusammengetan um traditionellen Folk von den britischen Inseln oder auch von der anderen Seite des Teichs zu machen. Als „Taufpate“ nahmen sie sich keinen geringeren als W. B. Yeats oder besser gesagt dessen Poesie, „The Lake Isle of Innisfree“.
Neben einer Coverversion von Si Khans „Aragon Mill“ gibt es fünf traditionelle Lieder zu hören. Die schönen mehrstimmigen Gesänge und die rein akustischen Instrumente erzeugen einen echten und authentischen Klang. Man nimmt den Boys ihre Musik ab, da entstehen Bilder der grünen Inseln im Kopf. Die Songs sind ausreichend bekannt: “Foggy Dew”, “I’ll tell me ma”, “My Heart it belongs to she” hat man wohl schon öfter gehört. Aber eins muss man den Dreien lassen: sie bringen diese Songs hervorragend rüber.
Ein gelungener Start der drei Münsterländer und in Anbetracht des bescheidenen Preises von 8 Euro ist auch die Kürze der CD kein Problem.
www.innisfree.de
Adolf 'gorhand' Goriup


Melanie Dekker "Revealed"
Label: Sonoma Mountain Records; 2006
Melanie Dekker "Acoustic Ride"
Label: Own label; 2007
Die Kanadierin Melanie Dekker hat zwei Album mit elf bzw. neun selbst komponierten Songs aufgenommen. Sie singt und spielt Gitarre und wird von erstklassigen Studiomusikern begleitet. Allen voran Jason Nett an den E-Gitarren und dem Bass, der auch für die Arrangements verantwortlich ist. Dazu Schlagzeug, und punktuell sind Piano und Cello zu hören.
Dekker hat eine großartige Stimme, voll, kräftig und sexy, und ihre Songs gehen mit ihren flotten Rhythmen und den schönen Melodien sofort ins Ohr. Als Anspieltipps empfehle ich „Haven’t even kissed u yet“ vom "Revealed"-Album, ein rhythmisch melodiöser Song, bei dem Dekker mit ihrer Stimme aus dem Vollen schöpft. Die Begleitung mit Gitarren, Bass, Piano und Schlagzeug ist ebenfalls hervorragend. „Shakespeare says“ ist ein Song mit mitreißendem Rhythmus, tollen Gitarrenriffs und leidenschaftlichem und gefühlvollem Gesang. Aber auch stillere Töne werden angeschlagen wie bei „Stare at the Rain“, einer romantischen Ballade, begleitet von Akustikgitarre und Cello. Beide Alben bieten wunderschöne Songs, die sicherlich dem Mainstream folgen, die aber durch Dekkers Stimme, die perfekten Arrangements und Aufnahmen durchaus hörenswert sind. Mir gefallen sie.
www.melaniedekker.com
Adolf 'gorhand' Goriup


V/A [Sampler, EPs & Demo-CDs]

The Aberlour's (Promo-DVD): The Aberlour's um den Horch-Sänger Klaus Adolphi machen keltischen Folk-Rock und das gar nicht mal so schlecht (-> FW#20), was man von dieser Promo-DVD nicht gerade behaupten kann. Aber es ist ja nur Promo. Aberlour ist übrigens ein schottischer Whisky und spricht sich aber-lauer, was der Band nicht bekannt zu sein scheint.
www.aberlours.de

Kelly Dalton "Home" (EP): Eine Viertelstunde ruhiger Singer-Songwriter Pop des kalifornischen Pianisten und Gitaristen. Nett, aber die eigenen Titel können mit dem Springsteen-Cover "I'm On Fire" leider nicht mithalten.
www.kellydalton.com

Get Wet "Highlandbeat": Scottish Folk Rock mit Kilt und Hochlandrindern aus Heringsdorf (Holstein); Eigenkompositionen jenseits von Big Country. Nichts besonderes, aber auch nicht besonders schlecht.
www.highlandbeat.de

Veronica Gonzalez (Demo): Die in Deutschland lebende Chilenin spielt Gitarre und Charanga-Mandoline und singt, scattet und wispert folkloristisch-jazzige Eigenkompositionen. Nicht nur lateinamerikanische Musik und nicht nur in spanischer Sprache war die Nominierung für den Deutschen Weltmusikpreis Ruth 2006 völlig berechtigt.
www.veronicagonzalez.de

Hey Negrita "room service & the last thing that i do" (EP): Die Londoner Country-Blues-Band, die sich nach einem Stones-Song benannt hat, präsentiert in Ton und Bild ihre Lieder "Room Service" und "The Last Thing That I Do", sowie den Trailer der Dokumentation "We Dreamed America", in der neben der Band auch die Old Crow Medicine Show (-> FW#30), Guy Clark u.v.m. zu sehen sind.
www.heynegrita.com

Leiermann & Elfenklang (Demo): Drei flotte französische Stücke eines Trios mit Fiedel, Drehleier, Gitarre, Sackpfeife und Flöte aus Erlangen. Das Trio ist auf der Suche nach VerFOLKommnung, braucht sich aber jetzt schon nicht zu verstecken.
sonusvernalis.gmxhome.de

Martha's Trouble "Exclusive EP": Sechs Titel eines Quintetts aus dem Mittleren Westen Amerikas; Glam-Pop, wie man ihn schon tausendmal in den Hitparaden gehört hat. I want to be a writer, but my hand won't pen the words. Solche Texte kann man auch hinterhältig interpretieren.
www.marthastrouble.com

Talking to Turtles (EP): Der Rostocker Liedermacher Florian Sievers singt seiner Schildkröte fünf "schöne Songs" vor: "mal große mal kleine Melodien singe ich auf ganz einfache Akkorde. Die könntest wahrscheinlich sogar du spielen, mit deinen kleinen grünen Füßen." Der wehmütige und fragile Akustik-Pop ist kostenlos herunterzuladen!
www.musik.vereinehemaligernachbarn.de, www.myspace.com/talkingtoturtles


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© The Mollis - Editors of FolkWorld; Published 11/2008

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