FolkWorld #59 03/2016

CD & DVD Reviews

Gasslspieler "Freu Dich Erd' und Sternenzelt"
Eigenverlag, 2015

FolkWorld Xmas

Artist Video

www.gasslspieler.at

Das österreichische Trio Gasslspieler[42] präsentiert auf dieser CD alte Weihnachtslieder, wunderbar interpretiert in hochqualitativer Folkmusik, ohne jeglichen Kitsch.
Die Lieder sind alle in Hochdeutsch, und sind meist traditionell jedoch wenig bekannt - das einzige mir schon bekannte Lied ist "Was soll das bedeuten". Außerdem gibt es noch ein paar Lieder und Melodien, die das Trio selbst geschrieben hat. Der Gesang ist warm und ruhig, und wird von Geige, Gitarre und Perkussion begleitet. Eine besinnliche und warme Musik, eine der recht seltenen CDs mit Weihnachtsmusik, die man auch nach dem Fest gerne nochmal hören möchte.
© Michael Moll


Liederjan "40 Jahre - sowieso"
Eigenverlag; 2015

www.liederjan.com

Das erstbeste deutsche Folk-Kabarett-Trio Liederjan feiert nunmehr schon ihren 40. Geburtstag, und zwar mit einer Klasse Scheibe neuer Lieder. Bei Liederjan dabei sind derzeit Gründer Jörg Ermich, Hanne Balzer und Michael Lempelius.
Das Album fängt an mit einer Liederjan gewidmetem Adaption von Andy Irvine's "Never Tired of the road", das nun zu "40 Jahre unterwegs" wird. Parodie gibt's natürlich eine Menge - und der "Pleite Polka", wo der gute deutsche Bürger und Europäer auch einen Anteil des europäischen Rettungsschürms für seine Schulden haben möchte - mit dem Versprechen, dass er auch hilft, Europa aus der Kriese zu führen: "Ich esse täglich Fisch bei meinem Griechen - bis alle meine Sachen nach Tzatziki riechen".
Dazwischen finden die drei auch immer wieder Platz für ernstere Themen in Liedern mit höchstem musikalischem Standard: So ist "Ein kleiner Frieden mittem im Krieg ein sehr beindruckendes Lied über den "Weihnachtsfrieden" im ersten Weltkrieg, das bei mir jedes Mal starke Emotionen hervorruft. "Der Sturm" ist eine gelungene deutsche Version von Dougie MacLean's "Ready for the Storm". Ein Instrumentalstück erinnert dann noch an die musiklaschem Fähigkeiten. Und zu guter Letzt noch ein Stück voller wunderschönem Unsinns - in "Fragen an Liederjan" wurden für die albernen Antworten Auschnitte von Liederjan-Aufnahmen verschiedener Alben genutzt.
Liederjan haben sich mit diesem Album ein wunderbares Geburtstagsgeschenk für sich selbst gemacht. Hoch und lang soll'n sie leben!
© Michael Moll


Farfarello "Zeitzone"
Own label; 2015

www.farfarello.de

Das letzte Mal habe ich von Fafarello vor etwa 20 Jahren gehört, als ich noch in Deutschland ansässig war - und tatsächlich, der "Teufelsgeiger" Mani Neumann und seine Band sind noch immer aktiv.
Auch wenn Farfarello's Musik auf Geige basiert, ist der Musikstil definitiv nicht Folkmusik (auch wenn sie für Folkfans ansprechend ist) - es ist eher eine Kombination aus Geigen-Pop/Rock, Geigen-Easy Listening und klassischen Elementen. Die Musik ist allesamt komponiert von Geiger Mani Neumann und Gitarrist Ulli Brand. Andere Instrumente sind unter anderem Perkussion/Schlagzeug und Bass, und bei einigen Stücken sind das JSO Orchester der Tonhalle Düsseldorf oder das Hardenberger Streichquartett als Gäste dabei.
© Michael Moll


Cassard "Joli-Coeur"
Eigenverlag, 2015

Artist Video

www.duo-cassard.de

Cassard sind Johannes Mayr und Christoph Pelgen. Zwischen ihnen spielen die zwei ein gutes Dutzend verschiedener Instrumente, von Akkordeon über Nyckelharpa, verschiedenen europäischen Dudelsäcken, Whistles und Gitarre bis zu Saxophon. Das Duo spielt Instrumentalstücke, zumeist selbst komponiert im traditionellen Stil, sowie meist traditionelle Lieder aus Deuschland,Frankreich und Schweden. Oft dominieren Bordun-Klänge vom Dudelsack mit Nyckelharpa oder Akkordeon. Der Gesang ist warm und eher sanft und steht im Kontrast zu den eher schrillen Dudelsackklängen.
© Michael Moll


Mississippi Bigfoot "Population Unknown"
Silver Tongue Records, 2015

www.mississippibigfoot.com

Um einen alten Witz zu variieren: "Sensation! Der Yeti hat Reinhard Messner gesehen!" Sein US-amerikanisches Gegenstück, der Bigfoot, wird nun von einer Sängerin vom Mississippi aus den Latschen gehauen. Man sieht's ihr nicht an, aber Christina Vierra ist ein reißender Fluss; ihre inbrünstige Stimme vermag dem unvorbereiteten Hörer die Beine unter dem Leib wegzuziehen. (Zuvor war sie die Stimme Janis Joplins in einer in Kürze erscheinenden Filmbiographie.) Musikalisch präsentiert die gerade erst im vergangenen Frühjahr gegründete Band aus Memphis/Tennessee auf ihrem Debütalbum "Population Unknown" im Mississippi Delta geborenen und in den industriellen Metropolen geformten Blues Rock - groovy, funky und heavy!
© Walkin' T:-)M


Omnia "Naked Harp"
Banshee Records (Alive), 2015

Artist Video

www.worldofomnia.com

Obwohl unter dem Namen der Pagan-Folk-Band Omnia[38][43][46][50][54] veröffentlicht, präsentiert die holländische Harfenistin Jenny van der Harten nackte Harfenmusik - und der Tracktitel "Jenny's Tits" verweist auch nicht auf Jenny körperliche Vorzüge, sondern fasst launisch die beiden Melodien im Reel-Rhythmus "Blue Tit" (Blaumeise) und "Great Tit" (Kohlmeise) zusammen -, ausschließlich der verführerischen Musik der Keltischen Harfe gewidmet. In den Nebeln der Vergangenheit gab es schon einmal ein reines Soloalbum Jennys, lang schon nicht mehr erhältlich, auf dem neuen Album gibt es Offensichtliches wie "Eleanor Plunkett" und "Planxty Irwin" aus der Feder des irischen Barockharfenisten Turlough O'Carolan, den "Butterfly"-Slipjig, der so wunderbar auf dem Zupfinstrument swingt, das Wiegenlied von den Hebriden und die alte englische Balladenmelodie "One Morning in May", die Jenny von ihrer Mutter gehört hat, als sie gerade mal 5 Jahre alt war. Daneben finden sich aber auch Eigenkompositionen Jennys, die sich aufs Beste in die musikalische Palette einfügen, und die Melodie "Dil Gaya" aus Afghanistan, die Jenny von Rüdiger Oppermann gelernt hat. Die Melodie wurde einst auf der Drehleier als ein Omnia-Song verwurstet, wie auch das französische "En Avant Blonde" als ein Intro, und das Medley "I Don't Speak Human / Alive / Black House / Etrezomp-Ni Kelted / An Dro" ist eine Einführung in das Œuvre von Omnia in knappen dreieinhalb Minuten. Die Melodien sind betörend, ruhig und zwanglos aufgeführt, und eignen sich für einen gemütlichen Abend am Kaminfeuer gleichermaßen wie für eine entspannende Yoga-Sitzung. Das CD-Booklet beinhaltet zu jedem Titel knappe Hintergrund-Informationen sowie Zeichnungen der spanischen Fantasy-Künstlerin Victoria Francés (www.victoriafrances.es).
© Walkin' T:-)M


Cara "Yet we Sing"
artes records, 2016

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www.cara-music.com

Das bedeutet schon etwas, wenn eine überwiegend aus deutschen Künstlern bestehende Musikgruppe ihr aktuelles Album auf dem schottischen Celtic Connections Festival offiziell vorstellt - launched, wie das auf Neudeutsch heisst. Global wird Cara, die sich der modernen Umsetzung der keltischen Musik verschrieben haben,[45][46] aber gar nicht so sehr als deutsche Formation wahrgenommen. Die Zeiten, dass nur Iren irische Musik machen dürfen, oder Deutsche sich irischer als die Iren gebärden, sind Gott sei Dank außer in wenigen Betonköpfen vorbei. Zwölf Jahre nach ihrer Gründung besteht Cara aus den Gründungsmitgliedern Gudrun Walther (Geige und vermehrt Akkkordeon), Jürgen Treyz (Gitarre) und Rolf Wagels (Bodhran) sowie den Neuzugängen Hendrik Morgenbrodt (Uilleann Pipes) und Kim Edgar aus Schottland (Gesang, Klavier). Die Konstellation aus zwei starken gleichberechtigten Sängerinnen und Songwriterinnen sorgt auf Caras insgesamt fünftem Album "Yet we Sing" für engelsgleiche Harmonien und ausgeprägt emotionale Lieder: "Cain's War" beispielsweise, unmittelbar geschrieben nach dem Charlie-Hebdo-Massaker, stellt die Frage nach der religiös begründeten Rechtfertigung von Gewalt und ob wir aus der in sowohl Christentum als auch im Islam bekannten Geschichte von Kain und Abel nichts gelernt hätten. Mit der achtminütigen Interpretation der Child-Ballade "Little Musgrave" wagen Care die große Geste und stellen die maßgebliche Planxty-Version aus den 1970er-Jahren zwar nicht in den Schatten, aber ihr Arrangement gleichberechtigt daneben. Die schillernden Instrumentalstücke fehlen nicht, die wahrscheinlich live ihre ganze Wirkung entfalten dürften. Ganz bewusst haben Cara versucht, im Studio ein Klangbild zu kreieren, das sich auch im Konzert reproduzieren lässt. Insgesamt wirkt das Album so trotz der vielen Eigenkompositionen folkiger und erdiger als der Folk-Pop des Vorgängeralbums "Horizon".[52]
© Walkin' T:-)M


Cabo Norte "Cuando cae el sol"
Espiral Records, 2015

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www.cabonorte.org

Cabo Norte, Nordkap, ist beliebt als Name spanischer Restaurants. Aber auch eine treffliche Bezeichnung für ein Sextett aus Barcelona, das sich dem Celtic Rock in spanischer Sprache verschrieben hat. Da denkt man unwillkürlich an die guten alten Celtas Cortos, Cabo Norte selbst fühlt sich inspiriert von Wolfstone,[2] ich höre zum einen den Folkpop der mexikanisch-kanadischen Paperboys[41] und zum anderen den portugiesischen Jazz Rock von Uxu Kalhus[49] heraus. Trotz des knarzenden Gesangsorgans von Sänger-Akkordeonist José Miguel Rivas präsentiert das Debütalbum "Cuando cae el sol" (Wenn die Sonne untergeht) Musik voller Leichtigkeit. Fiedel (Mar Orriols) und Flöte (Joel Sans) reiben sich an Stromgitarre (Juan Miguel Valero), Bass (Edu Picatoste) und Schlagzeug (José Alberto Sánchez). Die Rhythmen gehen ohne Umweg direkt in die Beine, (vor allem) Reels wie "Rolling in the Ryegrass" und "Glass of Beer" werden schonungslos immer wieder eingestreut. Live würde ich einen bunten und fröhlichen Abend erwarten.
© Walkin' T:-)M


Duach "Duach"
Eigenverlag, 2015

Artist Video

www.duachmusic.com

Auch wenn die Namen auf den ersten Blick vielleicht nicht sogleich bekannt vorkommen, handelt es sich bei den Dreien von Duach um langjährige Vertreter in der Szene, die auch in deutschen Landen schon des öfteren herumgekommen sind, z.B. auf dem Irish Spring Festival.[48] Zuletzt spielten Flötist Éamonn de Barra (Dubliner Trad-Band Slide),[52] Geiger Sean Regan (Manchesters Celtic-Rock-Band Toss the Feathers) und der Dubliner Klassik- und Rock-Gitarrist John McLoughlin in der Begleitband des irischen Singer-Songwriters Damien Dempsey.[35] Nun widmen sie sich gemeinsam der traditionellen Musik. Tief verwurzelt in den seit Jahrhunderten überlieferten Melodien und Rhythmen, verpassen sie der Musik eine Frischzellenkur, die sie auf eine Augenhöhe mit den gerade angesagten Irish Music Bands bringt. Die Jigs, Reels und Hornpipes stammen von so bekannten Künstlern wie Aly Bain, Willie Hunter und John Sheahan; Sean Regan hat "Wosky's" beigesteuert, der auch gerade von den Rambling Boys aufgenommen worden ist.[58] Der Humor kommt bei Duach nicht zu kurz; so kommt der traditionelle Reel "The Hunter's Purse" mit dem "Smoke On the Water"-Riff daher. Das Trio wagt sich an Liedgut wie das englische Trinklied "Oh Good Ale" als auch die irische Ballade "Siobhan Ni Dhuibhir", und in der Mitte der Silberscheibe präsentiert Sean sein auf jedem Konzert begeistert aufgenommenes Beatboxing irischer Art, wo er mit seinen Zähnen das Spiel mit den Bones imitiert.
© Walkin' T:-)M


Paul Smyth "Paul Smyth"
Eigenverlag, 2015

English CD Review

paulsmythmusic@gmail.com

Der Flötist Paul Smyth ist ein Cousin der bekannten irischen Künstler Sean,[42] Breda[32] und Cora,[36] ist aber, Verwandtschaft hin und her, ein eigenständiger Künstler durch und durch. Paul Smyth ist im östlichen County Mayo geboren und aufgewachsen, lebt aber nun nahe Killaloe in Nord Tipperary und hat die Kincora School of Music und das Kincora Traditional Weekend mitbegründet, das in diesem Jahr vom 14. bis 17. April 2016 stattfindet. Er ist ein Flötist, entstammt aber einer Familie von Fiddlern, und so ist sein musikalischer Ausdruck denn auch inspiriert von der irischen Geigenmusik im Nordwesten Irlands. Sein Stil ist geradlinig und rhythmisch, der die Tänzer begeistern dürfte. Zwölf Jahre nach seinem ersten Soloalbum "Up and Away"[29] ist das meiste Flöte pur, mit ein bißchen Unterstützung von Gitarre (Ged Foley, Dave Flynn), Klavier (Mary Corry) und Perkussion (Tommy Hayes). Die Melodien sind zumeist steinalt, viele entstammen den Seiten von O'Neill's Music of Ireland, mit einem gelegentlich Einwurf aus der Feder von Paddy O'Brien, Peadar o Riada oder Ed Reavy. Und zwischen all den Jigs & Reels finden sich die ausdrucksstarken Slow Airs "Limerick Road" und "Caoineadh Eoghan Rua", als auch die swingenden Set-Dances "The Blackbird" und "Down The Hill".
© Walkin' T:-)M


Jamie Smith's Mabon "The Space Between"
Easy on the Records, 2015

www.jamiesmithsmabon.com

Wales verfügt über eine lebendige und gesunde Folkszene, an deren Spitze sich u.a. der Akkordeonist Jamie Smith tummelt. Mit der Gruppe Barrule widmet sich Jamie Smith speziell der traditionellen Musik der Isle of Man,[51][57] mit Mabon schlägt er einen großen musikalischen Bogen über alle keltischen Nationen im Westen Europas.[44][51] Die musikalische Reise geht dabei von Wales ("Croeso Ioan", "Yr Ennyd") in die Bretagne ("Go Kemper!", "Drum and Breizh") und in das spanische Galizien ("48 in Ortigueira"). Die Musik überwindet alle Grenzen und fügt sich zu einer neuen Einheit zusammen. Dabei stammen alle Melodien aus der Feder des begnadeten Akkordeonisten, der mit "The Accordionist's Despair" (einer Fortsetzung von Mabons "Fiddler's Despair" aus dem Jahre 2004) noch eine echte Herausforderung für jeden Schifferklavierspieler geschaffen hat. Jamie Smiths Akkordeon ergibt mit Oliver Wilson-Dicksons Fiddle ein schönes Paar, und mit Adam Rhodes (Bouzouki), Matthew Downer (Bass) und Iolo Whelan (Schlagzeug) erzeugen sie ein Klangbild, das man schon fast der Rockmusik zuordnen kann.
© Walkin' T:-)M


Solas "All These Years"
Eigenverlag, 2016

www.solasmusic.com

Daran merkt man, dass man alt wird. Es erscheint mir wie gestern, dass ich das Debütalbum der irisch-amerikanischen Tradband Solas in den CD-Player eingelegt habe und sofort umgehauen wurde von Seamus Egan und Winifred Horans virtuosen Flöte-Fiddle-Attacken, John Doyles perkussivem Gitarre-Backing und Karan Caseys wundervollen irischen Balladen. Zur Verwunderung aller Beteiligten und Beobachter existiert Solas 20 Jahre nach dem furiosen Debüt immer noch und zeigt keine Ermüdungserscheinungen.[17][22][29][32][37][42] Zum Jubiläum hat das derzeitige Line-Up - neben Seamus Egan und Winifred Horan noch Eamon McElholm (Gitarre), Maire Smiley (Gesang) und Mick McAuley (Akkordeon) - alle ehemaligen Beteiligten noch einmal im Studio versammelt: die Sängerinnen Karan Casey, Deirdre Scanlan, Mairead Phelan, Niamh Varian Barry und Noriana Kennedy, Akkordeonist John Williams und die Gitarristen John Doyle und Donal Clancy. Ein traditionelles Lied wie "Sixteen Come Next Sunday" und deftige Shetland Reels befinden sich Seite an Seite mit zeitgenössischem Songwriting von Patty Griffin und Ger Wolfe. "All These Years" ist kein nostalgischer Blick zurück, sondern ein weiterer Schritt in eine Richtung, wo die tief in der irischen Tradition verwurzelte Musik bis an die Grenzen dessen, was der Purist noch durchgehen lässt, geführt wird. Dabei wurden und werden neue Grenzen gesetzt und was gestern noch neu erschien zum Standard gemacht.
Solas wird 2016 ausgiebig touren und u.a. auch in Schottland, Frankreich und Schweden zu sehen sein.
© Walkin' T:-)M


Anne Wylie "Songs from the Seas"
Own label, 2015

English CD Review

www.annewylie.com

Anno 1995 sang Anne Wylie auf ihrem Album "Tir na nOg" die mindestens aus dem 17. Jahrhundert stammende Ballade "The Swan Swims Bonnie", die in Mord und Totschlag gipfelnde Geschichte von den zwei verfeindeten und um denselben Ritter konkurrierenden Schwestern (Twa Sisters). Zwanzig Jahre später nun widmet sich die in Deutschland lebende irische Sängerin der aus der Feder Loreena McKennitts stammenden Variante "The Bonny Swans". In diesen zwei Jahrzehnten hat sich klanglich einiges getan.[21][31][37][50] Damals ein zwar immer noch frischer, aber aus heutiger Sicht auch etwas niedlich wirkender Folk-Sound, heute eine tonale Klanglandschaft, die aus Jazz- und Weltmusik schöpft. Gelegentlich hat Anne Wylie dabei Grenzen überschritten, die der puristische Folkie nicht mitzugehen bereit war. Das aktuelle Album "Songs from the Seas" nun wirkt wieder etwas zurückgenommen. Eingängige Versionen von "Blackwaterside" und "Nead na Lachan", aber auch eine englische Version des aus Siebenbürgen stammenden Volksliedes "Es saß ein klein wild Vögelein" (Maike Mohr am Klavier macht daraus eine eindringliche Jazz-Ballade) befinden sich in guter Gesellschaft mit Andrew Whites "Sandragon", Stan Rogers "Jeannie" und Mickey MacConnells "Tinkerman's Daughter". Anne Wylies eigenes "Waters of the Wild" wurde von den Delphinen vor den Aran Islands inspiriert, während "September Bird" der verstorbenen irischen Harfenistin Antoinette McKenna gewidmet ist. Der groovende, perkussive Folk-Pop verdankt sich Anne Wylies zum Teil langjährigen Mitstreitern wie Bouzouki/Gitarrist Uwe Metzler, Bassist Henrik Mumm und den Perkussionisten Markus Faller und Helge Andreas Norbakken. Hendrik Morgenbrodt, der jetzt festes Bandmitglied von Cara ist (siehe Rezension oben), sorgt für brillante Einwürfe mit seinen Uilleann Pipes.
© Walkin' T:-)M


Dan Possumato & Friends "Mostly Melodeon"
Old Box Records, 2016

English CD Review

www.danpossumato.com

Der Akkordeonist Dan Possumato ist italienischer Abkunft, wurde in Alaska geboren und großgezogen, lebt in Pittsburgh und spielt Musik, die auch im Westen Irlands nicht authentischer klingen könnte. "Mostly Melodeon" ist eine Kompilation aus den drei bisherigen Alben Possumatos - "Land of Sunshine", "Pulling Out The Stops"[43] und "Tunes Inside"[55] - eine Zusammenstellung und Einführung wie aus dem Lehrbuch für das ein- und zweireihige diatonische Akkordeon - oder Melodeon wie es in der englischen Sprache genannt wird. Possumato spielt schlicht, sanft und relaxt und hat sich Unterstützung bei Koryphäen wie Geiger Kevin Burke, Banjospieler Brian McGrath und Uilleann-Piper Elliot Grasso geholt. Einige Jigs und Reels sind old as the hills, Melodien von Vincent Broderick, Junior Crehan, Hammy Hamilton, Frankie Gavin oder Mike McGoldrick sind jüngeren Datums, haben aber schon Wurzeln geschlagen, während die Kompositionen von Shooglenifty-Mandolinist Iain McLeod und Myrddin-Flötist Gian Marco Pietresanta, aber auch der schöne Walzer von La Bottine Souriante/De Temps Antan-Fiddler Andre Brunet noch eine Entdeckung wert sind. Mick Mulcrone singt zudem die irische Ballade "The Boys of Mullaghbawn" und den Shanty "Leave Her Johnny".
P.S.: Dan Possumato ist der Urgroßneffe des italienischen Gesetzlosen Giuseppe Musolino (1876-1956), dessen (Un)Taten in vielen Liedern und Gedichten gefeiert werden. Possumato hat in den Archiven geforscht und die Lebensgeschichte des kalabrischen "Robin Hoods" nacherzählt. "King of the Mountains: The Remarkable Story of Giuseppe Musolino, Italy's Most Famous Outlaw" ist erhältlich in englischer Sprache als Taschenbuch, Kindle und Hörbuch.
© Alex Monaghan


Good Night Folks "Dockside Bar"
Eigenverlag, 2015

Artist Video

www.goodnightfolks.de

Im Zeitalter der Windjammern sangen die Seebären "The Leaving Of Liverpool" und "Rolling Down To Old Maui"; Young Willie McBride starb auf den "Green Fields Of France" und die Irish Republican Brotherhood im "Foggy Dew" vor dem Hauptpostamt in Dublin;[59] in den Jahrzehnten danach wünschte sich Johnny Connolly nach "Fiddler's Green", Pete St. John beweinte die "Fields Of Athenry" und Planxty stoppelte das Polka-Set "Dennis Murphy's / The 42 Pound Cheque / John Ryan's" zusammen. Handmade Folk nennen die kürzlich vom Sextett zum Quartett zusammengeschrumpften Good Night Folks aus der münsterländischen Kleinstadt Greven ihren Irish-Pub-Folk auf dem dritten Album "Dockside Bar", eine Verneigung vor den Clancy Brothers und den Dubliners und den vielen bekannteren und unbekannteren irischen Folkkünstlern, die seit den 1960er-Jahren durch den legendären Folk Treff Münster e.V. Irish Music an die Gestade von Ems und Aa brachten.[27] Das macht gute Laune, auch wenn - irgendwie typisch irisch - immer eine Träne ins Guinness fällt. Und wer die Songs nachspielen möchten, findet Texte und Akkorde im Booklet.
© Walkin' T:-)M


Jayme Stone's Lomax Project "Jayme Stone's Lomax Project"
Borealis, 2015

Artist Video

www.jaymestone.com

Alan Lomax widmete sich in seinem Leben der musikalischen Feldforschung. Er sammelte Volksmusik aus aller Welt. Seine intensivsten Studien betrieb er im Süden der Vereinigten Staaten. Der kanadische Banjospieler Jayme Stone, der seinerseits ebenfalls einfallsreiche Crossoverprojekte mit Künstlern aus aller Welt angeregt und ausgeführt hat, vertieft sich im Album "Jayme Stone & Lomax Project" in den Studien des Sammlers. Herausgekommen ist ein beschwingtes Folkalbum, das alles besitzt, was moderne Traditionspflege aufweisen sollte: Respekt, ausgezeichnetes musikalisches Handwerk und Spielfreude. Die Songs, die Jayme Stone ausgewählt hat, stammen meist von den einfachen Leuten. Von Seemännern, Cowboys, Hausfrauen, Viehhirten. Handgemachte Musik für den Hausgebrauch, die Lomax fand und aufschrieb. Jayme Stone arrangiert diese Lieder zu lebensfrohen Folk & Countrysongs. Getragen von seinem meisterhaften Banjospiel und den hervorragenden Beiträgen seiner Musiker, allen voran der Geigerin Brittany Haas gelingt es dem Album, einen geschickten Blick auf die Folklore des amerikanischen Südens in Vergangenheit und Gegenwart zu werfen.
© Karsten Rube


Zora Young & Little Mike and the Tornados "Friday Night"
Elrob Records, 2015

www.littlemikeandthetornados.com

Zora Young begann ihre musikalische Laufbahn als Gospelsängerin, bevor sie sich dem Blues widmete. Heute ist sie von renommierten Bluesfestivals kaum mehr wegzudenken. Zusammen mit der profilierten Band Little Mike and the Tornados hat sie 2015 das Album "Friday Night" aufgenommen. Neben Kompositionen des Bandleaders und Harmonikavirtuosen Michael Markowitz alias Little Mike, hat die CD Coverversionen von Otis Spann und Chester Burnett im Gepäck. Die Bluesprofis warten mit viel Gebläse und Pianoeinlagen auf. Die raue und kräftige Stimme von Zora Young kommt wie ein unaufhaltsamer Tornado rüber. Deutliche Züge des Chicagoblues weist dieses alles andere als leise Album auf. Hier fordert der Blues eher zum Tanzen, als zum melancholischen Innehalten auf. Fünfzig Minuten kraftvolle Songs für echte Bluesfans.
© Karsten Rube


Zaubernuss "Jetzt raus"
Gehbitte Records, 2013

www.zaubernuss.at

Flora Schnee und Ali Knoblauch nennen sich die beiden Musiker aus Wien, die sich als Duo Zaubernuss einem eigenwillig avantgardistischen Liedermacherstil widmen. Dunkel ist die Stimmung, die die Lieder verbreiten. Einsamkeit und Egoismus halten als Themen her. Verzweiflung, Wut und Wille zur unbedingten Unabhängigkeit werden im Titellied deutlich dargestellt. Immer wieder spielt die Ruhe im Garten eine Rolle. Manchmal leuchtet hinter den Texten eine Spur Witz auf, dezent genug, um nicht brüllend komisch zu sein, sondern gerade so, um die Lieder nicht völlig humorfrei zu gestalten. Musikalisch kugeln sich die beiden nicht gerade einen Arm aus. Kaum variationsreich sind die Melodien, der Gesang ist häufig eintönig, die Stimmen wenig dazu angetan, ihnen gern und lang zu lauschen. "Jetzt raus" ist die Art Liedermaching, die viel Botschaft transportieren will und am Ende dank ihrer Austrahlungsarmut kaum gehört versäuselt.
© Karsten Rube


Vaamonde, Lamas & Romero "O Tambor de prata"
Fol Musica, 2011

www.facebook.com/...

Suso Vaamonde (Dudelsack), Pedro Lamas (Saxophon) und Xosé Lois Romero (Akkordeon) sind drei Musiker, die in der galizischen Folkloreszene bereits allerhand bewegt haben. Als Begleitmusiker solch bekannter Künstler, wie Mercedes Péon und Xosé Manuel Budiño konnten sie mit zwei der besten Folkmusiker arbeiten, die in Galizien zu Hause sind. Auf der CD "O Tambor de Prata" haben die Drei versucht, auf sehr heitere Weise die galizische Folklore mit der klassischen Ernsthaftigkeit des Opernhausorchesters von La Coruña zu verbinden. Herausgekommen ist ein orchestraler Folkspaß, der für eine dreiviertel Stunde angenehmster Unterhaltung sorgt. Häufig klingen die Arrangements wie Soundtracks, um dann an anderer Stelle wieder wie simpelste Gassenhauer zu wirken. Geschickt pendeln Vaamonde, Lamas und Romero zwischen den Stilistiken und sorgen für mancherlei komische Momente. Besonders gut kann man sich auf der beigefügten DVD des Konzertes davon überzeugen.
© Karsten Rube


Miriam Ariana & Lene Høst "Vingefang"
Go' Danish Folk Music, 2015

Artist Video

www.vingefang.com

Wer viel herumreist, lernt viel. Das gilt jedenfalls für die beiden dänischen Musikerinnen Miriam Ariana und Lene Høst, die es zeitig nach Brasilien, Frankreich, Schweden und Tanzania zog. Von dort haben die Frauen, die eigentlich in der skandinavischen Folklore zuhause sind, viele musikalische Impressionen mit gebracht. Ihre CD "Vingefang" ist voller weltmusikalischer Eindrücke, die sie meisterhaft auf den Hörer projizieren. Romantische französische Balladen, warme brasilianische Sommermusik, skandinavischen Akustikfolk und afrikanische Polyrhythmic lassen sie auf dem mit 30 Minuten deutlich zu kurzen Album hören. Das alles haben sie auf Violine, Piano, Gitarre und zwei wunderschöne Stimmen reduziert.
© Karsten Rube


Surkalén "Ethno-Charango"
Eigenverlag, 2015

www.surkalen.ca

Auf ihrem inzwischen dritten Album widmet sich die kanadische Ethnoband Surkalén der Musik vom Ende der Welt. Der Charango Argentiniens und Chiles und die traditionelle Musik Feuerlands steht im Mittelpunkt der CD "Ethno-Charango". Surkalén, die Weltmusik aus allen Teilen des Planeten zu spielen weiß, nimmt den Charango als Fundament, um ihn mit unterschiedlichen Kulturen zu vergleichen. Schamanische Gesänge, buddistische Weisen, asiatische Meditationsmusik, Balkanklänge und orientale Melodien verbinden sich auf dem Album mit den Klängen der Anden. Wie bereits bei den Vorgängeralben gibt es handwerklich nichts zu bemängeln. Die Musiker beherrschen eine Vielzahl von Instrumenten aus allen Kulturkreisen. Ob Charango, Cymbals, Darbouka, Pandeiro, sowie die klassischen Instrumente Violine und Klavier. Der Gesang der beiden weiblichen Bandmitglieder Maria Demacheva und Sandra Ulloa ist ebenfalls stimmlich sehr vielseitig und variationsreich. "Ethno-Charango" ist eine kleine musikalische Weltreise, die in Feuerland beginnt und dort auch wieder endet und die zeigen soll, dass sich die unterschiedlichsten Kulturen harmonisch miteinander verbinden können, ohne ihre Identität aufgeben zu müssen.
© Karsten Rube


Jansberg "Terra Nova"
Go' Danish Folk Music, 2015

Artist Video

www.jansberg.com

Jansberg gehört zu den experimentierfreudigste Folkgeigern Dänemarks. Der Danish Folk Music Award Gewinner und Musiklehrer hat als Titel seines neuen Albums "Terra Nova" gewählt. Neuland zu entdecken gehört zu den wichtigen musikalischen Feldern, die der Däne beackert. Folkloristische Klänge Skandinaviens verbindet er mit kräftigen, fast rockig wirkenden Elementen, die seine Lieder in die klangliche Nähe von Bands, wie Hedningarna und Garmana rücken. Tanzbar sind die Lieder ebenfalls. Das Album unterstreicht mit allen Songs Jansbergs Stellung als Erneuerer der dänischen Folkmusik. Mit Tempo und Esprit gelingt es ihm, auf "Terra Nova" traditionelle Folkmusik modern und frisch klingen zu lassen.
© Karsten Rube


U.T.A. "Endless Summer"
sound-exit, 2015

www.uta-holst-ziegeler.de

Es ist nichts Seltenes, dass Schauspieler versuchen, sich als Sänger zu profilieren. Manche sind damit sehr erfolgreich, aber nicht wirklich gut, andere sind ziemlich gut, aber nicht erfolgreich. Und dann gibt es die, bei denen man nicht so richtig weiß, ob die Idee praktisch funktioniert. Hinter der Abkürzung u.t.a. verbirgt sich die Dortmunder Schauspielerin Uta Holst- Ziegeler. Mit dem Album "Endless Summer" legt sie ihr Debüt als Sängerin und Songwriterin vor. Es sind ruhige, persönliche Songs, die begleitet von ihrem eigenen Gitarrespiel auf dieser CD zu hören sind. Viel Herzblut steckt in den Aufnahmen. Man muss allerdings deutlich hinhören, um dies zu bemerken. Eine begnadete Sängerin ist sie nicht, auch wenn ihre Stimme ein bluesiges Timbre aufweist. Trotzdem versucht sie sich auf dem Gebiet des Songwriting mit Hingabe. Das ist mutig und Mut ist immer zu begrüßen. Auch wenn für mich die CD "Endless Summer" kein großer Wurf ist, bleibt mir die Neugier abzuwarten, wohin sich die Uta Holst-Ziegeler als Musikerin hinentwickeln wird.
© Karsten Rube


The Mad Maggies "Still Standing"
Madia Rare, 2014

www.themadmaggies.com

Dass man einigermaßen einfallslose Rummelplatzmusik nicht nur von europäischen Kapellen zu hören bekommt, beruhigt mich ein bisschen. Auch die Amerikaner sind in der Lage Polka, Blech und Rumpelbumms so zusammenzulöten, dass am Ende ein Werk herauskommt, dass jede fahrende Kirmeskapelle besser hinbekommt. "Still Standing" heißt das Album der Band Mad Maggies aus Oakland. Den Hauptanteil der Musik auf dieser CD macht die Tuba aus, deren beide Töne als Grundrhythmus zu verstehen sind. Der Rest besteht aus Klarinette, Akkordeon, Saxophon, Perkussion und Gesang. Kaum ein Titel unterscheidet sich klanglich vom nächsten. Es ist, als säße man in einem Bierzelt, ohne Hoffnung auf Bewirtung.
© Karsten Rube


Triskilian "Bell Amata"
Eigenverlag, 2015

Artist Video

www.triskilian.de

Während sich im Mittelalter der Mann auf die Jagd nach Ruhm und Ehre begab und gelegentlich zur Laute griff, um der holden Weiblichkeit eine Minne zu Gehör zu bringen, saßen die Damen in den kalten Burgen und stickten. So jedenfalls wollen viele landläufige Erzählungen die Rollenverteilung begriffen haben. Dass es vielerorts anders zuging, wird einem bewusst, wenn man sich mit der Musik des Mittelalters beschäftigt. Es gab durchaus weibliche Minne und die auch jenseits der Klostermauern. Liebesliedern brauchten die Holden nicht allein nur lauschen. Den schwereren Arbeiten auf Land und Schloss, die häufig den Frauen vorbehalten blieb, weil die Herren auswärtig zu tun hatten, gesellte sich gern ein Lied auf die Lippen. Die Folkleute der Band Triskilian haben sich bereits seit 2000 immer wieder der Musik des Mittelalters gewidmet. Auf ihrem sechsten Werk thematisieren sie die Weiblichkeit in der Musik jener Zeit. Troubadourendichtung aus Portugal, Südfrankreich, von den Pilgerwegen Galiziens bis hin zum Minnegesang Wizlaws von Rügen stehen auf dem Album "Bell'amata" nebeneinander. Höfische Minne und Marienverehrung, aber auch ganz unspirituellen Liebesbekundungen kann man auf dieser CD lauschen. Trisklilians Musiker beherrschen die historischen Instrumente hervorragend und wissen mit mittelalterlichen Arrangements umzugehen, ohne sie altmodisch und verstaubt klingen zu lassen. Ob auf Drehleier, Harfe oder Dudelsack, auf Instrumenten aus Skandinavien, wie der Nyckelharpa oder orientalische Klangkörper, wie Oud, Saz und Duduk, kein noch so exotisches Instrument ist ihnen zu fremd, um es in die historischen Lieder einzubinden. Zusätzlich verzaubert der glockenhelle Gesang der beiden weiblichen Mitglieder von Triskilian Jule Bauer und Christine Hübner. "Bell'amata" versetzt den Hörer in eine Vergangenheit, die bunt schillert, statt dunkel und gefährlich zu wirken.
© Karsten Rube


Üzgin Üver "99"
Cargo Records, 2014

www.uzginuver.hu

Üzgin Uver heißt eine ungarische Band, die sich musikalisch auf dem Feld der experimentellen Folklore bewegt. Auf ihrer 1999 erschienen und 2014 wiederaufgelegten CD "99" hört man die Künstler aus Kecskemét, wie sie Musik türkischer, iranischer, armenischer und chinesischer Herkunft mit modernen Sound- und Computereffekten vermengen. Karpaten- und Balkanmelodien mischen sie ihren Klangexperimenten ebenso unter, wie Kopf- und Kehlgesänge mongolischen Stils. Doch auch melodiöse Kompositionen mit orchestralem Anklang lassen Üzgin Üver hören. "99" ist experimentierfreudige Weltfolklore, die sich einer Einordnung bewusst entzieht.
© Karsten Rube


Sver "Fryd"
SVER-Records, 2015

www.sverfolk.com

Die Band Sver hat sich 2005 als Folkband aus Musikern aus Norwegen und Schweden zusammengesetzt. Mittlerweile in Schweden ansässig haben sie sich zu einer lebendigen Tanzband weiterentwickelt. "Fryd" heißt ihr aktuelles Album, das von tempolastigen Folktanztunes nur so strotzt. Auf der Basis traditioneller Klangmuster haben sie elf wunderbare Songs eingespielt, die mindestens für wippende Füße, wenn nicht sogar für bebende Tanzböden sorgen. Mit Hardanger Fiddle, Akkordeon und Gitarre stehen sie in einer Reihe mit Hedningarna, Väsen und Hoven Droven. Zumindest wenn es um den Teil der skandinavischen Musik geht, die sich nicht über die melancholisch machende Dunkelheit Nordeuropas beklagt. Frisch-fröhlicher skandinavischer Sommerfolk.
© Karsten Rube


Modou Touré & Ramon Goose "The West African Blues Project"
ARC Music, 2015

Artist Video

www.ramongoose.com

Gerade die Afrikaner Westafrikas wissen am Besten, was es heißt, den Blues zu haben. Westafrika war einst die Gegend der Welt, aus der vor allem Engländer Sklaven in die Neue Welt verschifften. So ist es nicht verwunderlich, wenn sich ausgerechnet ein englischer Bluesmusiker namens Ramon Goose mit einem Künstler aus dem Senegal trifft, um gemeinsam ein Album aufzunehmen, das zwei Kulturen vereint, ohne dass eine die andere vereinnahmt. "The West African Blues Project" heißt das Album, auf dem der Senegalese Modou Touré seine afrikanischen Wurzeln mit der Musik des Briten paart. Wunderbar, wie die afrikanischen Gitarrenklänge perlen. Bläsersequenzen, wie sie aus der urbanen Musik Afrikas bekannt sind, veredeln den Song "Kayre". Der Wüstenblues der Tuareg ist in Zitaten zu hören und Momente, die nach Voodooanbetung klingen. Über allem legen sich die langgezogenen Bluesharmonien von Ramon Goose und schlagen damit eine Brücke nach Europa. Goose, der für Eric Burdon gespielt, mit den Blindboys of Alabama und Pee Wee Elis tourte, sucht bereits seit Jahren die afrikanische Verbindung zum Blues. In Modou Touré hat er einen kongenialen Partner gefunden. Mit "The West African Blues Project" ist den beiden Musikern nicht nur eine ergreifende kulturelle Verbindungen gelungen, sondern vor allem ein superbes Album, das man nicht so schnell wieder aus der Hand legt.
© Karsten Rube


Sirocco "Amirim"
Sirocco Music, 2014

Artist Video

www.siroccomusic.org

Weltmusik aus Schweden mit deutlichem Hang zu orientalischen Klängen kommt von der Band Sirocco. Sirocco, das arabische Wort für Wüstenwind zeigt die Ambition der vier Musiker aus Stockholm. Der Wind trägt weit den Sand von fernen Dünen. "Amirim" stellt zu allererst die Musik aus dem spanischen Süden vor. Flamencoinspirierte Töne, aber vor allem Lieder der arabischen Einwanderer und der sephardischen Juden. Geschickt verbinden Sirocco mittelalterliche Vergangenheit und kulturelle Realität der Gegenwart. So harmonieren Laute und Oud gut mit Perkussion und Cello und der feinen Stimme der Sängerin Sofia Berg-Böhm. Wieder zeigt sich mit diesem Album, wie vielfältig sich die Kultur in Schweden entwickelt.
© Karsten Rube


Acht Straßen "Feier deine Einsamkeit"
Timezone, 2015

www.achtstrassen.de

Berit Emma Ott singt Liebeslieder. Aber nach Streichelzoo klingt das bei ihr nicht. Die Songwriterin und Sängerin liefert auf ihrem unter dem Bandnamen Acht Straßen erschienen Album "Feier deine Einsamkeit" beste Beispiele, wie man durch das Liebesleben hindurchscheitern kann, ohne daran zu zerbrechen. Ihre Songs sind häufig durchdachte Zweideutigkeiten, die weit davon entfernt sind, den Hörer auf eine falsche Spur zu locken. Dabei liefert die Sängerin kleine Einsichten, die einen schnell in den Nachdenklichkeitsmodus versetzen. "Als Mensch verkleidet", setzt sich melancholisch mit gemachten Fehlern auseinander und erkennt, dass "man Vergangenheit nicht retten kann". Auch Zeilen, wie "Manchmal verlieren die Dinge ihre Wahrheit, wenn man über sie spricht" berühren schnell. Doch nicht alles scheint hoffnungslos, wie man in "Unsere Kraft" hören kann. Ein Berliner Mädel würde sich schwer verbiegen, wenn es nicht auch mal die Rotzgöre raushängen lassen würde. Im "Lied über den Sozialneid" macht sich die Sängerin ordinär und lautstark Luft über Ex-Freunde, Mercedes-Fahrer, Fernsehgebühren und die Deutsche Bank. Geschrieben hat Berit Emma Ott die Lieder alle selbst. Musikalische Inspiration muss sie sich aus der Gestaltungssprache der deutschen Liederlyrik geholt haben, die vor allem in den 80ern durch die Bundesrepublik geisterte. "Dinge, die man tut" - könnte ich mir auch mit dem Singsang eines Georg Danzers vorstellen. Ihre Nähe zur Präsenz einer Ulla Meinecke oder einer Suzanne Vega fallen mir schon deshalb auf, weil ich erwähnte Sängerinnen mag und mich freue, jemanden zu hören, der sich in dieser seltenen Art sinnlich-intelligenter Interpretation wohlzufühlen scheint. "Feier deine Einsamkeit" ist ein Album mit bewegenden Liedern aus einem bewegten Leben.
© Karsten Rube



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