Den Doktor, den er in Amiland gemacht hat, hat er nie abgeholt und sich stattdessen ins wilde Hippieleben gestürzt. Vier Jahrzehnte später erhält Klaus der Geiger den ersten Preis in seinem Leben: die RUTH, den deutschen Weltmusikpreis, für sein musikalisches Lebenswerk.
Der bekannteste Straßenmusiker der Republik wurde als Klaus von Wrochem im Erzgebirge geboren und hat in Köln am Rhein studiert. Den Konzertsaal mit der Straße vertauschend wurde er als Klaus der Geiger bundesweit bekannt, Keine Fußgängerzone und keine Friedens- oder Anti-Atom-Demo, wo er nicht seine kratzige Fiedel und seine bissigen Lieder erschallen ließ.
Im letzten Jahrzehnt war er des öfteren auch als Straßenmusiker auf dem TFF zu sehen. Umso schöner dass er nicht nur die Ehren-RUTH für sein Lebenswerk verliehen bekommen hat, sondern zudem einmal auf der Bühne zu erleben ist. Die Geige des 71jährigen klingt - elektrisch abgenommen und durch die PA verstärkt - richtig gut.
Am Freitag auf dem Rudolstädter Neumarkt steht der ehemalige Stockhausen-Student (und Samstag abend oben auf der Heidecksburg zur Preisverleihung) zusammen mit Salossi (Sascha Loss) an der Gitarre, der seit den späten neunziger Jahren einer der musikalischen Begleiter von Klaus ist.
Der musikalische und politische Anarchist in rosa Latzhose und mit strubbligem Haar wütet in seinen Lieder gegen die Bonzen da oben und den Wahnsinn des Alltags. Aber er kämpft immer mit einem Lachen unter dem ergrauten Bart und viel Ironie gegen den Schwachsinn an.
Der Mann in der Chefetage ist topp, aber total bekloppt. Ein Lied, das eigentlich von den Kölner Bläckfös stammt, die es aber nicht mehr spielen durften, weil sich ein Karnevalsregent beschwert hatte. Ein anderes Lied haben indes die Höhner von Klaus gecovert, allerdings mit entschärftem Text. Von Klaus gibt es das Original in unzensierter Gänze: Lust auf Leben, Lust auf Liebe, Lust auf Lust.
Zeit ist Geld, Geld kostet Zeit, ist Klaus Übersetzung des alten Opus-Hits "Live is Life". Dann grinst er sich einen wie ein zugekiffter Peter Lustig. Leben ist nicht Haben, sondern Sein, sagt er, und auch als Straßenmusiker muss man nicht sein Dasein fristen und dahinvegetieren, sondern an erster und an letzter Stelle: Leben, Leben, Leben ...
Auch wenn sein Grand-Prix-Song nie in die engere Auswahl gekommen ist, Deutschland vor der europäischen Öffentlichkeit zu repräsentieren, ist Klaus der Geiger an diesem Wochenende in Rudolstadt der Star. Nach der Zugabe folgen die verdienten Standing Ovations und Klaus bedankt sich hocherfreut. Er kann auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken.
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Photo Credits:
(1) TFF Logo 2011 (by TFF Rudolstadt);
(2) CD Cover 'Von allen Seiten' (from website);
Klaus der Geiger @ TFF Rudolstadt:
(3) 2011, (4) 2010, (6) 2004 (by Walkin' Tom);
(5) 2008 (by TFF Rudolstadt).