Manche würden es kommerziellen Selbstmord nennen: Hubert von Goisern macht erst die Tournee, dann kommt das neue Album. Die Tour hat Hubert auch auf die Rudolstädter Heidecksburg geführt, um den RUTH, den deutschen Weltmusikpreis, in Empfang zu nehmen.
Nach Donau und Rhein legt der Pionier und Veteran, aber immer wieder auch Erneuerer des Alpenrocks und der Neuen Volxmusik mit seinem Musikdampfer am Saalestrand an, den er zuletzt 2003, im Schlepptau den ägyptischen Sänger Mohamed Mounir, heimgesucht hatte.
Im Laufe des Abends spielt er zwar auch "Goisern" und das "Hiatamadl", aber ansonsten fast ausschließlich Stücke aus seinem neuen Studioalbum "Entweder Und Oder", das erst Anfang September in den Plattenläden stehen wird. Aber die neuen Lieder sind eingängig und kommen vertraut vor.
Nicht zuletzt der eingängige Rocker "Brenna tuats guat" mit dem hochaktuellen Refrain:
Der Kapitän und Steuermann aus Oberösterreich vertraut auf eine kleine Besatzung, die nur aus Severin Trogbacher (Stromgitarre), Helmut Schartlmüller (Bass) und Alex Pohn (Schlagzeug) besteht. Der End-Fünfziger mischt die alpine Tradition abermals mit Weltmusik und Rock'n'Roll auf; 2011 vor allem wieder mit Letzterem. Dies fällt insbesondere auf, wenn man das aktuelle Programm mit dem Live-Album "Mit Haut und Haar" von 2009 vergleicht, wo der Goiserer über lange Strecken die ruhigeren Töne gepflegt hatte.
Keine Kompromisse! Entweder? Und? Oder? Nein, alles! Und zwar jetzt sofort! Hubert von Goisern ist wieder näher an den Original Alpinkatzen als am Weltmusiker, der Asien und Afrika bereist hat - wenn auch ungleich differenzierter als noch in den neunziger Jahren. Für farbliche Tupfer sorgt der Multiinstrumentalist selbst: Gitarre, Akkordeon, Mundharmonika - auch wenn seine Kinder den Bügel um den Hals uncool finden. Nicht vergessen werden soll das Kuhglockensolo beim Tex-Mex-Indianerlied.
Neuerdings spielt Hubert von Goisern auch wieder Klarinette, das verhasste Instrument seiner Jugend. Er erinnert sich, wie er als junger Trompeter wegen seiner langen Haare aus der örtlichen Blasmusikkapelle rausgeschmissen wurde. Bei der Konkurrenz war nur Platz für eine Klarinette und das Lutschen von diesem Teil war ihm zuwider, siniert er.
Den Deutschen Weltmusikpreis RUTH erhält der Oberösterreicher unter anderem auch dafür, dass es ihm immer wieder gelingt, seine durchaus eigen(tümliche) Musik zu popularisieren und den Menschen näherzubringen. Dafür spricht auch dieses Konzert, dessen äußere Bedingungen eher suboptimal sind. In Regenjacken gehüllt, die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, hüpfen wir auf den Pflastersteinen des Schlosshofes herum, und dennoch gelingt es Hubert von Goisern spielend, dass wir alle bis zum Ende im strömenden Regen ausharren.
Photo Credits:
(1) TFF Logo 2011.
(2) Hubert von Goisern
(by TFF Rudolstadt);
(3) CD Cover 'EntwederUndOder' (from website).