Trotz vieler Unterschiede kann man durchaus von einer kulturellen Einheit Lateinamerikas sprechen, die geprägt ist von der Unterwerfung der Ureinwohner durch die Europäer, vom Import der afrikanischen Arbeitskraft und der Etablierung eines kolonialen Herrschaftssystems.
Seit 1999 ist Kontrabassist Guido Jäger ein Mitglied des Giora Feidman Trios, und Feidman selbst
[32]
hat den Anstoß gegeben, 15 von Jägers Kompositionen
für Bb- und C-Klarinette mit Noten und Akkordsymbolen
als Beitrag einer lebendigen Klezmerkultur
zu veröffentlichen. Auf der Begleit CD wurden erst alle Stücke in kompletter Besetzung,
danach ohne Klarinette eingespielt. Im Vorwort schreibt der Meister:
Die Schönheit seiner Melodien entspricht in wunderbarer Weise unserem tiefen Bedürfnis nach spiritueller Nahrung.
Beginn von Jägers Kompositionstätigkeit als auch dieser Sammlung ist
"Karolina", ursprünglich als Kinderlied gedacht und auf Feidmans "Journey" [12]
verewigt, vorläufiger Abschluss "Sannas Song"
vom jüngstem Album "Very Klezmer" [47].
"A Song to take home" schließlich ist der häufige Abschluss jeden Feidman-Konzerts.
Standing Ovations auch von mir!
Guido Jäger, A song to take home: Klezmer - The new generation.
Pianissimo PV1012,
2013, ISBN-13-42-6018404-0391, 37 S, €18,90 (inkl. CD).
Piano-Akkordeonist Heinz Hox will mit Technical Basics
Anfängern als auch Fortgeschrittenen eine gute Spieltechnik beibringen bzw. zumindest Anregungen
und Tipps zum Kräftigen der Finger, deren Unabhängigkeit und einem gleichmäßiges Spiel zu liefern.
Beginnend bei einfachen Übungen für rechte und linke Hand beschäftigt er sich mit Spreizungen und
gebrochene Akkorden, Dur- und Moll-Tonleitern, Terzbässen, Chromatik im Bass, Akkordzerlegungen
über einen Blues oder Jazzharmonien, fünfstimmige Akkorde ...
Die Übungen sollen jeweils zuerst legato eingeübt, dann rhythmischer gespielt werden,
zunächst langsam, dann schneller, anschließend ist die nächste Übung dran. Eine Anzahl
von Fingerübungen eignet sich deshalb auch zum Einspielen.
(Siehe auch den ergänzenden Video-Clip @ Youtube!)
Heinz Hox, Technical Basics - Technische Übungen für Piano-Akkordeon (Standardbass).
Holzschuh Verlag VHR 1850,
2013, ISBN 978-3-86434-016-1, 46 S, €13,80.
Wer den Hox durchgearbeitet hat, kann schon viel zu viel für Meine ersten Weihnachtslieder für Akkordeon,
22 populäre Titel von "A, a, a, der Winter, der ist da" bis "We Wish You A Merry Christmas".
Zielgruppe sind blutige Anfänger, die Stücke bewegen sich zu Beginn im Fünftonraum und auf die Verwendung
von Terzbässen wurde ganz verzichtet.
Ralf Stock, Meine ersten Weihnachtslieder für Akkordeon.
Holzschuh Verlag VHR 1849,
2013, ISBN 978-3-86434-021-5, 28S, €9,80.
Die Kölner Komponistin und Liedermacherin Martina Schumeckers
legt eine weitere Sammlung Balkanmusik mit Liedern aus der Sammlung von Henner Diederich
(Ensemble Rossi) vor
[43]
[48]:
Die 28 Titel für fortgeschrittene Anfänger führen
von Armenien bis Serbien und beinhalten Wohlbekanntes wie z.B. den "Gankino Horo", betreten
aber überwiegend unberührte Pfade.
Es ist kein Lehrbuch, sondern eine Melodiensammlung; für Akkordeonisten gibt es allerdings
Vorschläge für Phrasierung, Artikulation, Harmonik, sowie Verzierungen wie Praller und Vorschläge.
Martina Schumeckers, Balkanmusik.
Holzschuh Exclusiv VHR 1783,
2013, ISBN 978-3-86434-007-9, 43 S, €14,50.
Speziell für Instrumentalisten der Steirischen Harmonika, hier fortgeschrittene Anfänger, hat
Karl Kiermaier nun eine Melodiensammlung mit Titeln vorgelegt, die primär aus dem Blasmusik-Genre
bekannt sind: 20 populäre Lieder (am bekanntesten und beliebtesten ist wohl "Rosamunde") sowie Instrumentalstücke (zumeist Polkas) aus den 1920er/30er Jahren als auch jüngerer Zeit. Man darf wohl sagen:
Musik mit dem Urprung im Böhmischen, die ihren Bestimmungsort im Steirischen gefunden hat. Die Stücke sind
in Griffschrift notiert und wurden auf der beiliegenden CD mit einer Steirischen Harmonika in GCFB-Stimmung eingespielt.
Karl Kiermaier, Blasmusik Erfolge für Steirische Harmonika.
Musikverlag Preißler JP 6619,
2013, ISMN 979-0-2014-6619-4, 44 S, €19,80 (inkl. CD).
Auch die Nürnberger Musiklehrerin Barbara Ertl geht mit einem neuen Büchlein an den Start
[48][49],
diesmal mit einer Schule für Altblockflöte.
Zielgruppe sind sekundär Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren, die erste Erfahrungen mit der
Blockflöte (vorzugsweise Sopran) gemacht haben, primär aber die Blockflötenlehrer.
Da dem Lernerfolg eher abträglich werden keine Anweisungen und Erklärungen und auch keine
Hinweise wie Atmung oder Haltung gegeben - das soll ein Lehrer in persona vermitteln -, dafür
enthalten die beiden CDs jeweils die Stücke als Hör- und Mitspiel-Version ohne Flötenstimme.
Die Auswahl an Liedern, Stücken und Übungen stammen häufig aus der Folklore,
da die Volksmusik die wichtigsten musikalischen Grundbausteine in elementarer Form enthält:
vom Menuett und Gavotte zu deutschem Liedgut ("Es führt über den Main")
und Kinderliedern ("Hey, Pippi Langstrumpf"),
über Jodler zu Liedern weltweit ("Sur le pont d'Avignon", "Tom Dooley").
Barbara Ertl, Jede Menge Flötentöne!- Die Schule für Altblockflöte mit Pfiff.
Holzschuh VHR 3611-CD,
2013, ISBN 978-3-86434-003-1, 88 S, €24,80 (inkl. 2 CDs).
Um die Welt mit Lena und Tom ist die Zusammenfassung dreier, nicht mehr aufgelegter Hefte
- "Songs aus aller Welt", "Celtic Country Songs" und "Latin American Music" -, dito
finden sich Stücke wie "Valssi ja kulkuri" und "Hava Nagila", "Molly Malone" und "Fiddlers Green",
"El Cefiro" und "Las Mananitas". Insgesamt 28 einstimmige Lieder in erster und zweiter Lage für Anfänger
auf der Gitarre und einer zweiten Stimme für fortgeschrittene Spieler (z.B. der Gitarrenlehrer).
Neu ist die CD, auf der alle Titel mit beiden Stimmen zu hören sind.
Andreas Schumann, Um die Welt mit Lena und Tom - Lieder, Balladen und Folksongs aus der ganzen Welt in leichten Arrangements für 1-2 Gitarren.
Bosworth BOE7644,
2013, ISBN 978-3-86543-741-9, 40 S, €12,50 (inkl. CD).
Ein weiteres Liederheft für angehende Gitarristen ist passend zur Jahreszeit Gitarrespielen zur Weihnachtszeit.
Alle Stimmen sind leicht spielbar, die Noten enthalten Melodiespiel und einfache Akkordbegleitung.
Zwanzig bekannte und beliebte deutsche (z.B. "Morgen kommt der Weihnachtsmann" und "Leise rieselt der Schnee")
und englische ("Jingle Bells" und "Joy to the World")
Stücke sind in 2 Kapiteln angeordnet - (1) mit Begleitung im kleinen Akkordanschlag,
(2) im großen Akkordanschlag - und davon elf Titel (3) als Solo-Bearbeitungen. Der
Schwierigkeitsgrad steigt von Melodien in der 1. Lage, Vorzeichen kommen hinzu,
bis zum Spiel auch in der 2. Lage.
Wer jetzt damit anfängt, hat bis Heilig Abend die meisten Stücke drauf!
Thomas Hübner & Tilman Steitz, Gitarrespielen zur Weihnachtszeit - Liederheft für Anfänger und Fortgeschrittene.
FingerPrint / Acoustic Music FP8148,
2013, ISBN 978-3-938679-93-7, 58 S, €14,90.
In einer dritten überarbeiteten Auflage liegt nun auch ein Klassiker aus dem Steirischen Volksliedwerk
vor, Weihnachtslieder selber singen ... Eine Sammlung bekannter und unbekannterer Lieder zum
Anstimmen zwischen erstem Advent und Lichtmesstag. Stücke wie "Is finster draußt" und "Süßer die Glocken
nie klingen" sind zweistimmig gesetzt und mit Begleitakkorden versehen.
Für die Steirische Harmonika ist auch ein Band in Griffschrift
[46]
erhältlich.
Weihnachtslieder selber singen ...
Steirisches Volksliedwerk,
2013, ISBN 3-902516-24-0, 160 S, €8,50.
Die bulgarische Sängerin Ivanka Ivanova Pietrek,
die mit der Schäl Sick Brass Band
[23]
[32]
aus Köln gearbeitet hat, hat mehr als tausend Volkslieder aus der Pazardjik-Region gesammelt und aufgenommen.
Jetzt sind verschiedene eBooks in den Sprachen Bulgarisch, Englisch und Deutsch
mit Musik und Texten aus ihrem Repertoire erhältlich, die über die Jahre auf
Kassetten und CDs, in Radio und TV aufgezeichnet worden sind.
Die Stücke diese sind nach Genres klassifiziert; Fremdwörter und Dialekte werden erklärt.
Desweiteren gibt es auch eine Einleitung in der Praxis des Bulgarischen Kehlkopfgesangs.
Ivanka Ivanova Pietrek, Die Lieder von Ivanka Ivanova - Bulgarische Volkslieder aus Pazardshiker Region.
epubli,
2013, jeweils €24,99.
Cornelius Schlicke, der zum Thema "Tonträgerindustrie und Vermittlung von Livemusik in Kuba" promoviert hat, hat mit Salsa Rica Tango Caliente eine Einführung in die traditionelle / populäre Musik Lateinamerikas verfasst. Er beleuchtet mehr oder minder aktuelle Stilrichtungen - Lieder, Rhythmen und Tänze, Instrumente - und nebenbei die politische Geschichte des Kontinents.
Die Reise beginnt in Kuba. "Guajira Guantanamera" ist wohl das meistkopierte kubanische Lied. Guajira kann sowohl ein Mädchen vom Land als auch eine Liedform mit ländlicher Thematik bedeuten. Das Genre mit dem charakteristischen Versschema décima (Strophen aus zehn achtsilbigen Zeilen mit der Reimform abbaaccddc) wurde zu Beginn des 20. Jhds. von professionellen Komponisten aus der volkstümlichen Musik der Tabakbauern entwickelt. Autor des Gassenhauers ist Joseíto Fernández:
Das erfolgreichste kubanische Musikprojekt war aber dann doch wohl der Buena Vista Social Club. Der ursprüngliche Gedanke, kubanische Musiker mit westafrikanischen zuammenzubringen, kam nicht zustande, da die beantragten Visa der afrikanischen Musiker auf dem Postweg verloren gingen. (Erst 2010 wurde die Ursprungsidee umgesetzt.)[43] Stattdessen ließen die Afro-Cuban All Stars den orchestralen son der 1950er Jahre wieder aufleben.[31][51]
Rumba bedeutet eigentlich - wie das keltische ceilidh - eine lockere Zusammenkunft in einer Atmosphäre fröhlicher Ausgelassenheit, bevor er einen spezifischen Paartanz bezeichnete.
Es folgt ein Abstecher nach New York. Die Geburtsstunde des Salsa - Tanz des Jahres auf dem TFF Rudolstadt 2014 - schlug nämlich am 26. August 1971 im Latin-Music-Club in Manhattan. Die Plattenfirma Fania hatte die Leiter und Sänger aus sieben Bands puerto-ricanischer Einwanderer, u.a. Hector Lavoe,[52] zu einer Supergruppe zusammengestellt. Der neue Sound war von den Traditionen der karibischen Immigranten inspiriert, zugleich aber urban, weltoffen und modern.
Südlich über die Grenze: Die mexikanischen narcocorridos nun sind volkstümliche Lieder rund um den Drogenhandel, textlich ähnlich dem Gangsta Rap, nur mit dem Akkordeon gespielten Polka- und Walzer-Rhythmen ganz anders klingend.
Auch in Kolumbien wurde Musik durch die Drogenbarone mitfinanziert, die einen Teil ihrer Gewinne in Studioaufnahmen und Konzerte investierten. Bereits im 18. Jhd. bildete sich im Nordosten des Landes die Cumbia als afrikanisch-indianisch-spanische Kultursymbiose heraus (heute wird oft die gesamte populäre Musik, die auf den Traditionen des Nordostens beruhen, unter den Begriff Cumbia subsumiert):[46]
Jenseits von El Condor Pasa ...
... bildete sich eine neue Form des Protestliedes, das Nueva Canción - Neue Lied - heraus: in Chile Atahualpa Yupanqui[29] und Victor Jara,[27] in Argentinien Mercedes Sosa.[33][40]
Argentinien hat nicht nur, aber ganz besonders den Tango hervorgebracht, den traurigen Gedanken, den man tanzen kann:
Auch Brasilien hat musikalisch eine Menge zu bieten. Das Erbe der Sklaverei manifestiert sich in den Candomblé-Zeremonien und im Capoeira, von Musik begleiteter Kampfkunst, die möglicherweise ihren Ursprung in den quilombos genannten Siedlungen hat,[51] die entflohene Sklaven im schwer zugänglichen Hinterland errichtet haben.
In der Mitte der 1950er Jahre bildete sich im Nachtleben Rios der Bossa Nova heraus, kurz gesagt: ein Mix aus Samba und Jazz. In der venezuelanischen Steppe trifft man den joropo in der Besetzung Harfe, Maracas-Rasseln und Cuatro-Gitarre dargeboten. ("Bamboleo" der Gypsy Kings, eigentlich "Caballo viejo" (Altes Pferd) von Simón Díaz über Liebe im reifen Alter, ist ein Joropo.)
Die vor der Küste Venezuelas gelegene Antilleninsel Trinidad ist die unumstrittene Heimat der Calypso-Musik. Und zuguterletzt endet die Reise wieder am Ausgangspunkt - beim sommerlichen Karneval in Kuba. Gemäß dem gängigen Klischee, dass Kubaner musikalisch und erfinderisch sind, werden ungewöhnliche Musikinstrumente vorgestellt, nicht nur Conga-Trommeln, Claves-Klangstäbe und Tres-Gitarren, sondern viele Unikate, die im ländlichen Kuba in Ermangelung anderer Mittel gebaut worden sind.
Fazit: Die Reise ist interessant, kurzweilig und unterhaltsam, bei der sich im besten Sinne einer Bildungsreise nicht nur hervorragend unterhalten wird, sondern man sogar noch eine ganze Menge lernen kann. Ich würde den Trip jederzeit wieder antreten.
Um tiefer in die Materie einzutauchen, findet man im Anhang Literaturlisten, auch einige CDs und Filme, sowie ein Glossar für Fachausdrücke und ergänzende Infos. Ich vermisse nur ein Personen- und Sachregister, um nicht die Reise jedesmal in Gänze unternehmen zu müssen, sondern punktuell an einen interessanten Ort springen zu können.
Angesichts der wechselvollen politischen Geschichte Lateinamerikas stellt sich immer wieder auch die Frage: wie hält es die Diktatur mit Musik und Folklore? Unter der Regierung von Juan Perón, dessen Ehefrau Evita zur Filmlegende geworden ist, wurden Volkslieder und Volkstänze stärker in den schulischen Musikunterricht integriert und eine nationale Folklore-Kommission geschaffen. Aber Atahualpa Yupanqui beispielsweise durfte nicht auftreten, seine Lieder wurden zensiert und er mehrfach inhaftiert.
Das franquistische Spanien liefert lehrreiche Lektionen.
1939 begann die weibliche Abteilung der faschistischen Partei Falange in speziellen Kursen Musiklehrerinnen auszubilden. Einige reisten anschließend in die verschiedenenen Provinzen, um in Feldarbeit beinahe vergessene Folklore-Tänze aufzuspüren.
Ihre Aufgabe war, die authentische Tänze des spanischen Volkes zu rekompilieren. Der Ausdruck recopiliar lässt sich sowohl als wieder-einsammeln als auch als neu-zusammenstellen übersetzen.
Insbesondere wurde der Versuch unternommen, die spanische Folklore zu reinigen, d.h. ent-sexualisieren und ent-vulgarisieren, sprich obszöne und derbe Elemente zu tilgen. Ein Beispiel ist der asturianische Tanz "Corri Corri":
Die Tänze sollten aber auch wiederbelebt werden (revitalizar). In fast jedem Dorf wurden Folkloretanzgruppen gebildet, die die Tänze erlernten. Ab 1942 fanden regelmäßig regionale und nationale Wettbewerbe statt, die im Jahre 1960 die Teilnehmerzahl von 1572 Tanzgruppen und 23.378 Personen umfasste.
1942 besuchten Tänzerinnen in deutschen Hospitälern stationierte Soldaten der División Azul, die Franco zur Unterstützung Hitlers geschickt hatte. Ab 1948 fanden größere Expeditionen statt; die erste Überseereise ging bezeichnenderweise ins peronistische Argentinien.
Von 1942 bis 1975 tourten die Coros y Danzas um die Welt. Ein wesentlicher Beweggrund des international isolierten Regimes war es, das Ansehen des Franco-Staates zu verbessern und Sympathien hervorzurufen, um politische und wirtschaftliche Unterstützung zu sichern. Als Kultur-Botschafterinnen waren die Tänzerinnen der beste aller Marshallpläne!
Gleichzeitig transportierten die Tanzgruppen franquistische Wertvorstellungen wie ein konservatives, traditionelles Frauen- und Familienbild und eine spezifische Arbeitsethik:
Es war auch eine nach innen gerichtete Mission. Bei Spanierinnen und Spaniern, Kolonisten und Kolonialisierten, und nicht zuletzt Exilierten des Bürgerkriegs sollten Zugehörigkeitsgefühle zur (alten Heimat) erzeugt werden.
Auch wenn die Mission durchaus widersprüchliche Ziele verfolgte und nicht immer im Sinne ihrer Initiatoren verlief, kann man langfristig von einer Erfolgsgeschichte reden:
Cécile Stephanie Stehrenberger untersucht in Francos Tänzerinnen auf Auslandstournee - erstmals in diesem Umfang und mit einem neuen Blickwinkel - wie sich Politik und Kunst miteinander verschränken. Schwerpunkt sind die Jahre 1948 bis 1960, der Zeitraum der Annäherung Spaniens an die Westmächte. Speziell liegt der Fokus auf den Reisen dreier Gruppen 1954 und 1958 in die damalige spanische Kolonie Äquatorialguinea.
Ziel der Studie - Stehrenbergers Dissertation an der Universität Zürich, so dass leider kein Bildmaterial enthalten ist, um sich besser eine visuelle Vorstellung machen zu können - ist es aufzuzeigen, dass es sich bei den Reisen und Auftritten der Coros y Danzas nicht nur um Kultur, sondern auch um Politik handelte. Und vielleicht sogar um Politik in erster Linie!
1989 hat sich Skandal-Schauspieler Klaus Kinski erfolglos mit dem Stoff beschäftigt, derzeit tobt David Garrett als etwas zu hübsch geratener "Teufelsgeiger" über die Leinwände. Pünktlich zum Filmstart - jede Ähnlichkeit ist nicht beabsichtigt und rein zufällig! - erscheint Christina Geiselharts biografischer Roman Paganini - Der Teufelsgeiger.
Die Erzählung beginnt mit dem vierjährigen Niccolò, der geschickt an den Zupfinstrumenten rumfummelt, die der Vater in die ligurische Hafenstadt Genua[52] schmuggelt. Der kränkliche Sohnemann wird gefordert:
Der kleine Niccolò ist aber geistig wie technisch längst weiter als der schwerfällige Alte:
Auf die Geige gekommen, spielt Paganini einerseits flink und geschickt wie der Teufel, andererseits klingen manche Melodien wie von Engeln gespielt. Ein Misanthrop, der seine Mitmenschen beeindrucken will, ruhelos, besessen, schwach auf der Brust, stark in den Lenden, wünscht er sich nichts weiter als ungestörte Konzerttourneen, während in Europa Napoleons Glücksstern steigt und fällt und um die Befreiung Italiens und die Bildung eines einheitlichen Staates gerungen wird.
So ein Kerl kommt nie wieder, jammerte einst der romantische Wiener Komponist Franz Schubert. Und Rockpoet Udo Lindenberg fügt in seinem Mini-Vorwort hinzu: Wilder Bursche. Wir wären Freunde gewesen und hätten gemeinsam 'ne grandiose Show hingelegt. Christina Geiselharts Novelle selbst ist aber kein aufgebauschter Historienschinken aktueller Machart, sondern wurde in dem unaufgeregten Stil verfasst, der einst Werke wie Franks "Cervantes" oder Feuchtwangers "Goya" ausgezeichnet hat.
Christina Geiselhart, Paganini - Der Teufelsgeiger: Musik, Mythen und ein Mordverdacht. Edition Koch, 2013, ISBN 978-3-7081-0521-5 (Ebook ISBN 978-3-7081-0522-2), 461 S, 19,99 €.
Photo Credits:
(1ff) Book Covers,
(14) Ibrahim Ferrer,
(15) Mauricio Velasierra,
(16) Victor Jara
(from website/author/publishers).